Ring frei für den Präsidentenwahlkampf
Auch wenn die nächsten Präsidentenwahlen in Tschechien erst im kommenden Jahr stattfinden, ist es bereits ein attraktives Thema. Es gehört zum festen Bestandteil von Berichterstattung und politischen Strategien. Außer Amtsinhaber Vaclav Klaus hat bisher niemand Weiteres seine Kandidatur erklärt. Mehr über die Ausgangslage für die nächste Präsidentenwahl nun in einer neuen Ausgabe unserer Sendereihe Schauplatz.
Müsste sich Klaus einer Direktwahl stellen, wäre seine Wiederwahl wohl eine klare Sache. Doch das Staatsoberhaupt wird in Tschechien immer noch von beiden Kammern des Parlaments, also Abgeordnetenhaus und Senat, und zudem noch in einer geheimen Abstimmung gewählt. Somit können unerwartete Entwicklungen nicht ganz ausgeschlossen werden. Schon bei der letzten Wahl im Jahr 2003 zeigte sich, dass vermeintliche Favoriten sich ihres Sieges nicht sicher sein konnten.
Wie stehen also gegenwärtig die Chancen, dass Vaclav Klaus erneut zum Präsidenten gewählt werden könnte? Dazu der Politikwissenschaftler und selbständige Politikberater Jan Kubacek:
"Wenn wir auf frühere Wahlen zurückblicken, haben die geheimen Abstimmungen immer wieder gezeigt, dass die Abgeordneten und Senatoren ihre eigene Vorstellung über den künftigen Präsidenten haben und diese dann auch bei den jeweiligen Persönlichkeiten berücksichtigten. Es zeigte sich dabei, dass für viele bei ihrer Entscheidung auch die Frage entscheidend war, wie der künftige Präsident nach außen wirken wird, welche außenpolitische Linie er verfolgen wird. Aus diesem Grund hat Klaus sehr gute Aussichten auf eine Wiederwahl. Aber natürlich spielt auch das Kräfteverhältnis im Parlament eine wichtige Rolle, und da weiß der Amtsinhaber eine relativ homogene Gruppe von Unterstützern hinter sich. Neben seiner eigenen Partei, der Demokratischen Bürgerpartei, können auch die Christdemokraten sicherlich zum Lager des jetzigen Präsidenten gezählt werden. Es werden aber auch immer wieder die zahlreichen unabhängigen Senatoren vergessen, die ihn ebenfalls unterstützen könnten. Das gibt im eine gewisse Rückendeckung."
Oft wurde im Zuge der langen Regierungsbildung der letzten Monate, die nicht zuletzt auch zu einem gewissen Entfremden zwischen Klaus uns seiner Partei, der rechtsliberalen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) führte, darüber spekuliert, ob sich denn der Präsident ihrer Unterstützung sicher sein könnte. Jan Kubacek meint jedoch, dass die Bürgerdemokraten schon alleine deshalb uneingeschränkt hinter Klaus stehen werden, weil sie nicht den Fehler wiederholen wollen, den die Sozialdemokraten während der letzten Präsidentenwahl begangen haben. Damals verweigerten einige Abgeordnete und Senatoren dem offiziellen Kandidaten der Partei, dem früheren Regierungschef Milos Zeman, die Gefolgschaft, was die Sozialdemokraten in eine tiefe Krise stürzte.
Die Geschlossenheit seines eigenen politischen Lagers ist also demnach die wichtigste Voraussetzung für einen erneuten Erfolg von Vaclav Klaus. Diesen Vorteil werden wohl die möglichen Gegenkandidaten nicht haben, wie Jan Kubacek im Folgenden erläutert:
"Sein Gegenkandidat, egal wer es letztlich sein wird, wird es sehr schwer haben. Die Gruppe seiner möglichen Unterstützer ist ziemlich heterogen; jede dieser Parteien vertritt nämlich nicht zuletzt auch eine völlig unterschiedliche Auffassung über die Rolle und Aufgaben des Präsidenten; Unterschiede gibt es aber auch bei der ideologischen Ausrichtung dieser Parteien. Es lässt sich also erwarten, dass hier völlig entgegen gesetzte Interessen aneinander geraten werden und es sehr schwer sein wird einen gemeinsamen Nenner zu finden. Vor allem im Verlauf der eigentlichen Wahl, auch vor dem Hintergrund des riesigen Drucks, der auf den Politikern lasten wird, erhöhen sich schon deshalb die Erfolgsaussichten von Vaclav Klaus. Ich erwarte also nicht, dass sich ein Gegenkandidat finden wird, der sowohl von den Kommunisten, den Sozialdemokraten, wie auch den Grünen unterstützt werden würde. Dazu kommt ein weiterer Grund, warum mir das nur wenig wahrscheinlich scheint: So mancher Abgeordnete der besagten Parteien hätte Schwierigkeiten seinen Wählern zu erklären, warum er gemeinsam mit der einen oder anderen Partei gestimmt hat."
Wie bereits eingangs kurz erwähnt wurde, zeichnete sich die letzte Präsidentenwahl, die am 15. Januar 2003 begonnen hatte, nicht nur durch zahlreiche Überraschungen aus, sondern sie zog sich auch in die Länge. Den Abgeordneten und Senatoren gelang es erst am 28. Februar ein neues Staatsoberhaupt zu wählen.
Einer der Gründe für die damalige Verzögerung war der Wahlmodus, der in der Verfassung festgeschrieben ist. Die Politiker versprachen zwar damals unter dem Eindruck der damaligen Ereignisse eine Verfassungsänderung, es blieb jedoch alles beim Alten. Wie wahrscheinlich ist es also, dass sich auch im nächsten Jahr die Wahlentscheidung über den künftigen Präsidenten in die Länge ziehen wird? Dazu sagt Jan Kubacek:
"Es wird viel davon abhängen, wer die Gegenkandidaten von Vaclav Klaus sein werden, ob es ihnen gelingen wird vor allem die unabhängigen und parteilosen Abgeordneten für sich zu gewinnen, beziehungsweise den einen oder anderen Abweichler aus dem Lager der Mitbewerber herüberzuziehen. Ein wichtiges Kriterium wird auch sein, wie stark die Präsidentenwahl zu einer Kundgebung stilisiert werden wird. Das wird davon abhängen, wie die Demokratische Bürgerpartei ihren Kandidaten, also Vaclav Klaus, präsentieren wird. Sie kann einerseits betonen, dass es um die Wiederwahl eines bewährten Präsidenten gehen wird, nicht jedoch um die Wahl eines reinen Parteikandidaten. Das hätte zur Folge, dass Klaus dann auch für andere Parteien akzeptabel wäre. In diesem Fall wäre der Wahlausgang vorhersehbar. Die zweite Variante wäre, dass die wichtigsten Parteien des Landes, also die Bürgerdemokraten und die Sozialdemokraten, in der Präsidentenwahl die Gelegenheit sehen, ihre Kräfte zu messen. Die Konsequenz könnte dann sein, dass es - wie schon im Sommer und im Herbst, während der langen Regierungsverhandlungen - zu einer Blockade des Parlaments kommt und somit auch zu einer Blockade bei der Wahl zu dem zwar weitgehend repräsentativen, dennoch aber in den Augen der Öffentlichkeit wichtigen Amt.".Der jetzige tschechische Präsident Vaclav Klaus hat es in den vergangenen Jahren geschafft, zum populärsten Politiker des Landes zu werden. In wie weit hat er das dem traditionell sehr angesehenen Amt oder seiner Persönlichkeit zu verdanken? Dazu abschließend noch einmal die Einschätzung des Politikwissenschaftlers und selbständigen Politikberaters Jan Kubacek:
"Wenn man das Ansehen des Präsidentenamtes im Verlauf der Zeit verfolgt, lassen sich zwei Sachen feststellen. Egal, welcher Kandidat gewählt wird - er kann von Beginn an auf einem sehr guten Fundament aufbauen und wird von der Öffentlichkeit sehr positiv wahrgenommen wird. Es stimmt aber auch, dass dieses Ansehen wieder sehr schnell verloren gehen kann. Vaclav Klaus hatte zu Beginn seiner Amtszeit einen großen Vorteil, nämlich eine eindeutige Ambition Präsident werden zu wollen. Nebenbei gelang es ihm auch die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass ihm dieses Amt wie auf den Leib geschnitten ist. Klaus ist es jedenfalls gelungen die an ihn gerichteten Erwartungen zu erfüllen, er war in den vergangenen vier Jahren keineswegs ein passives oder unauffälliges Staatsoberhaupt, wie es Klaus ursprünglich seinen ersten Interviews zufolge sein wollte. In den vergangenen Jahren hat er zum Beispiel seine Kompetenzen voll ausgeschöpft und gegen mehr Gesetze sein Veto eingelegt, als sein Vorgänger Vaclav Havel während der gesamten Amtszeit."