Freud und Leid in Polen: Verner EM-Zweiter - Mazoch aus Koma erwacht

Tomas Verner (Foto: CTK)

Sieg und Niederlage - nirgends liegen die beiden Pole der menschlichen Gefühlswelt dichter beieinander als im Sport. Als durchtrainierter Topathlet lernt man zwar, mit beiden Polen umzugehen, aber manchmal kommt ein Erfolg völlig überraschend und ein Absturz ist lebensgefährlich schmerzhaft. Das belegt das jüngste Beispiel des tschechischen Senkrechtstarters im Eiskunstlauf, Tomas Verner, und seines beim Skispringen unglücklich gestürzten Landsmannes Jan Mazoch.

Tomas Verner  (Foto: CTK)
Zwölf Jahre ist es her, dass der tschechische Eiskunstlaufsport von einer großen Meisterschaft eine Medaille mit heim brachte. Radka Kovarikova und Rene Novotny holten sich 1995 in Birmimgham den WM-Titel im Paarlaufen. Bei den Herren geht die letzte Medaille sogar auf das Jahr 1992 zurück, als Petr Barna in Lausanne Europameister wurde und anschließend in Albertville Olympiabronze gewann. Jetzt aber sieht es so aus, dass zumindest Barna einen würdigen Nachfolger gefunden hat. Denn bei der Herrenkonkurrenz der Europameisterschaft in Warschau belegte der 20-jährige Tomas Verner einen hervorragenden zweiten Platz. Nach dem Kurzprogramm hatte er sogar vor dem französischen Favoriten Brian Joubert in Führung gelegen, doch in der Kür am Donnerstag konnte er dem urplötzlich zunehmenden Druck nicht ganz standhalten. Seinen Auftritt schätzte er so ein:

"Ich war zum Ende meiner Kür schon ziemlich fertig. Aber es ist gut ausgegangen, und das ist das Wichtigste. Am schwierigsten für mich war die zweite Phase meiner Kür, bei der in rascher Folge Pirouetten, Sprünge und Schrittpassagen ineinander übergehen. Und wenn man danach schon sehr müde ist, fällt es einem schwer, sich zu konzentrieren."

Nach der kleinen Enttäuschung, die Kür nicht ohne Sturz gemeistert zu haben, überwog nach Wettkampf aber die ausgelassene Freude beim Sympathikus aus Ceske Budejovice / Budweis. Und dies völlig zu Recht, denn dem im Vorjahr noch auf Rang zehn platzierten Verner wird angesichts seiner Leistungsexplosion im zurückliegenden Jahr eine große Zukunft vorausgesagt. Viele sehen in dem hübschen Blondschopf schon den Nachfolger des populären Ondrej Nepela oder des nicht minder erfolgreichen Jozef Sabovcik.

Jan Mazoch  (Foto: CTK)
Seinem Großvater und großen Vorbild, Skisprung-Olympiasieger Jiri Raska, nacheifern wollte auch der 21-jährige Jan Mazoch, der zu den Begabtesten unter den aktuellen Skisprungtalenten Tschechiens zählt. Beim Skandalspringen am vergangenen Samstag im polnischen Zakopane, als heftige Windböen die Athleten regelrecht durcheinander wirbelten und die Konkurrenz zur Farce machten, aber stürzte Mazoch so schwer, dass er mit starken Schädelprellungen in die neurochirurgische Klinik in Krakow / Krakau eingeliefert werden und dort in ein künstliches Koma versetzt werden musste. Am Donnerstag war die Prellung nun endlich soweit abgeklungen, dass die Ärzte ihn nach fünf Tagen aus dem Koma holten. Sein Manager Jan Baier beschreibt die erste Begegnung mit dem Wiedererwachten:

"Honza ist aus dem Koma erwacht. Seine Familie hat ihn besucht, er hat sie erkannt und mit seiner Mutter und der Freundin etwas kommuniziert. Honza reagierte auch ein wenig und hat mit der Hand gewunken."

Trotz dieser guten Nachricht bezeichnete die Sprecherin der Klinik, Anna Niedwiedzka, der Zustand des Springers als weiterhin "sehr ernst". Jan Mazoch wird mindestens noch eine Woche in Krakau behandelt, ehe man ihn vermutlich nach Prag verlegt. "Alles Gute, Honza", wünscht ihm die tschechische Sportnation, und Radio Prag schließt sich diesen Wünschen an.

Autor: Lothar Martin
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