Jung, begabt, erfolgreich - Musiker aus Tschechien und Deutschland spielen zusammen
"Laureat" - Das Wort kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie "Lorbeerkranzträger". Bei der Konzertreihe "Saison der Laureaten" in Prag und anderen tschechischen Städten spielen dementsprechend junge, preisgekrönte Musiker aus Europa zusammen. Die deutschen und die tschechischen Musiker arbeiten dabei auf ganz besondere Weise zusammen: Innerhalb von sieben Tagen studieren sie gemeinsam klassische Kammermusik ein. Auf Konzerten in Deutschland und Tschechien präsentieren sie dann ihre gemeinsame Arbeit. Anna-Lotta Liss berichtet über das deutsch-tschechische Musikprojekt.
Im Prager Konzerthaus Rudolfinum läuft die "Durchspielprobe". Es ist die letzte Probe vor dem Auftritt am Abend. Die Musiker spielen sich warm, gewöhnen sich an die Akustik, sprechen letzte Details durch. Vier Tschechen und vier Deutsche sitzen im Halbkreis auf der Bühne und spielen ihre Streichinstrumente. Vier Geigen sind dabei, zwei Bratschen und zwei Celli. Erst seit ein paar Tagen proben sie in dieser Besetzung, erzählt Geigerin Doren Dinglinger aus Berlin.
"Wir waren jetzt schon eine ganze Woche zusammen auf Schloss Engers in Koblenz, Deutschland. Wir haben dort zusammen geprobt, gegessen und gewohnt. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Und ich glaube, es ist auch ein ganz gutes Ergebnis dabei herausgekommen."
Drei der vier Deutschen sind Stipendiaten der "Villa Musica Rheinpfalz", einer Stiftung, die junge Kammermusiker fördert. Eszter Haffner ist Solo-Geigerin und Dozentin an der "Villa Musica". Bei dem Projekt spielt sie die erste Geige und leitet gleichzeitig die Proben. Obwohl sie sich gar nicht so "tonangebend" fühlt.
"Ich betrachte die Stipendiaten eigentlich als meine Freunde, mittlerweile sogar gute Freunde. Wir haben einen Mordsspaß bei den Proben aber trotzdem muss ich sehen, dass am Ende das Stück technisch und stilistisch stimmt."
Jeder der acht Musiker hat seine Stimme zuhause für sich allein geprobt, auf der Bratsche, der Geige oder dem Cello. Erst danach haben die Streicher intensiv zusammen auf Schloss Engers geübt."Wir haben drei zweieinhalbstündige Proben am Tag. Zuerst lesen wir die Stücke durch. Wir machen die Auf- und Abstriche aus. Und dann üben wir die Stücke so lange es geht."
Während der Proben wird Englisch gesprochen, manchmal Deutsch, das einige der Tschechen auch verstehen. Aber die Sprache, meint Doren Dinglinger, sei gar nicht das Entscheidende.
"Das ist das tolle an der ist Musik, dass man sie auf der ganzen Welt machen kann. Man spielt zusammen und versteht sich auf eine Art und Weise, die man nicht beschreiben kann. Man versteht sich eben nur durch die Musik."
Die vier Tschechen sind musikalisch schon gut miteinander eingespielt. Seit zwölf Jahren treten sie zusammen als "Zemlinsky Quartett" im In- und Ausland auf. Da Kammer-Ensembles keinen Dirigenten haben, müssten die einzelnen Musiker sehr sensibel für Tempo und Rhythmus der anderen sein, sagt Bratschist Petr Holman.
"Wenn man auf diese Weise mit neuen Menschen zusammen kommt, dann hängt es sehr von den einzelnen Individuen ab. Jeder muss auf den anderen hören und Rücksicht nehmen. Und gerade weil wir nur fünf Tage hatten, muss jeder sein Spiel und seine Ideen auf die anderen abstimmen, damit das Resultat am Ende so gut wie möglich ist."
Am schwierigsten sei für ihn das Streichquintett von Mozart gewesen, das er mit den vier Deutschen zusammen spielt.
"Der Mozart wird eigentlich nur von den `Villa Musica`- Stipendiaten und einer Bratsche aus dem `Zemlinsky- Quartett` gespielt. Das ist also mehr `Villa Musica`-lastig. Und der Ferninand Ries wir nur vom `Zemlinsky- Quartett´ gespielt. Da hört man sofort, dass es eine andere Welt ist. Das ist sehr temperamentvoll und gut gespielt. Und dann nachher beim Sostakovic spielen alle zusammen und da geht richtig die Post ab. Die Musiker korrespondieren wunderbar miteinander."
so Klaus Arp, Musikdozent und künstlerischer Leiter der Stiftung "Villa Musica". Drei Konzerte haben die Kammermusiker bereits in Deutschland gegeben. Und auch wenn alle ihren Part mittlerweile gut beherrschen, sei doch jeder Auftritt ein bisschen anders, erzählt Geigerin Doren Dinglinger.
"Man wächst natürlich ein bisschen zusammen, gerade wenn man sich anfangs nicht kennt. Aber jedes Konzert wird ein neues Erlebnis, weil man immer wieder für Neues offen ist. Und es macht sehr viel Spaß, das Konzert immer wieder neu zu gestalten."
Im Rudolfinum hat sich der "Suk"- Saal inzwischen gefüllt, das Publikum lauscht der Kammermusik. Am Schluss werden die Musiker mit einem langen Applaus belohnt. Beifall spendet auch Valentin Gescher, Kulturattache der deutschen Botschaft Prag.
"Man sagt immer, Musik funktioniert ohne Worte, sie geht direkt zum Menschen. Das stimmt auch. Aber es kommt noch eines hinzu: Sie muss authentisch und glaubwürdig sein. Und dazu gehört, dass Sie an den richtigen Orten gespielt wird. Und Prag ist eine wunderschöne Musikstadt. Eine Stadt, die mit Mozart sehr verbunden ist. Und deshalb ist schön, dass deutsche und tschechische Musiker sich hier auf diesem hohen Niveau begegnet sind."
Die Begegnung deutscher und tschechischer Musiker ist ein Projekt der "Villa Musica", des Festivals "Euro Art" und des "Goethe Institutes Prag". Anfang Dezember werden noch ein Mal deutsche und tschechische Preisträger zusammen musizieren. Das Konzert findet am 6.12. in Dobris und am 7.12. im Rudolfinum in Prag statt.