Wo endet die Bushaltestelle?

0:00
/
0:00

Größere Probleme haben tschechische Politiker mit dem Anti-Raucher-Gesetz. Kurz nachdem es Anfang 2006 in Kraft getreten war, wurde Prag auch schon von der EU-Kommission für die laxe Haltung im Kampf gegen den Tabak getadelt. Das Gesetz ist so formuliert, dass etwa Gasthausbesucher in der Praxis meist weiter qualmen können, heißt es. Und auch an der frischen Luft bleiben einige Fragen offen. Zum Beispiel die, wo eigentlich eine Bushaltestelle endet. Nach dem neuen Gesetz nämlich ist Rauchen an Bus- und Straßenbahnstationen zwar verboten - wie weit sich allerdings die nikotinfreie Zone genau erstreckt, das weiß so recht weder Thomas Kirschner von Radio Prag noch sonst jemand in Tschechien.

In dreißig Metern, ganz genau hier oder vielleicht am Haltestellenschild? Findige Köpfe haben entdeckt, dass im tschechischen Recht nirgendwo definiert ist, wo eine Bushaltestelle und damit auch das Rauchverbot an derselben eigentlich endet. Nicht nur solche leicht skurrilen Spitzfindigkeiten machen den tschechischen Ordnungshütern das Leben mit dem neunen Anti-Raucher-Gesetz schwer - auch mit zahlreichen Anzeigen mussten sie sich zu Anfang herumschlagen. Ludvik Klema, stellvertretender Chef der Prager Stadtpolizei, bleibt trotzdem optimistisch:

"Wir sehen das gelassen - ich glaube, in ein paar Monaten sind die Regelungen allgemein bekannt, und unsere Polizisten müssen nicht mehr hundertfach am Tag einschreiten, sondern nur noch hie und da, und das hält dann nicht mehr so auf wie heute."

Ob das Gesetz nun eigentlich ein Fortschritt oder ein Rückschritt im Kampf gegen den blauen Dunst ist, das ist in Tschechien allerdings höchst umstritten. Neben den Haltestellen erklärt die Regelung zwar auch öffentliche Gebäude und Sportstadien generell zu qualmfreien Zonen - das ist aber nichts Neues, sondern meist nur die Bestätigung bereits bestehender Einzelregeln. In den Gaststätten des Landes darf dagegen weiter geraucht werden - nach dem neuen Gesetz jetzt sogar während der mittäglichen Essenszeit. Voraussetzung: eine ausreichende Belüftung. Katerina Langrova von der tschechischen Anti-Tabak-Koalition hält von dieser Lösung gar nichts:

"Das ist eine vage Formulierung, die für die Praxis überhaupt nichts taugt. Denn wie will man kontrollieren, ob der Schadstoffgehalt den erlaubten Grenzwert überschritten hat und ob ein Raum nun genügend belüftet ist oder nicht?"

Gesetz hin oder her: kristallene Luft sucht man in den tschechischen Kneipen auch weiter vergeblich. Über Bierdunst und Trinkerschweiß hängen die Tabakschwaden wie eh und je.

"Gesetze werden auch nur von fehlbaren Menschen gemacht", sagt ein Kellner in einer der klassischen Prager Bierschwemmen fast verzeihend. Und besinnt sich auf das, was in Tschechien im Zweifelsfall noch immer geholfen hat:

"Jedes Gesetz lässt sich umgehen - irgendeine Lücke findet sich schließlich immer."