Tschechien im Wahl- und Fußball-Fieber: Bauaufträge und Werbeausgaben steigen

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Die zwei großen Ereignisse dieser Tage, die tschechischen Parlamentswahlen und die bevorstehende Fußball-Weltmeisterschaft, sind immer nachhaltiger auch in der hiesigen Wirtschaft zu spüren. Während aber der Fußball rein wirtschaftlich in großem Stil vermarktet wird, hat in der für das Bauwesen ziemlich lukrativen Zeit vor den Wahlen auch die hohe Politik mit ihre Hand im Spiel...

Ups and downs in der tschechischen Wirtschaft

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Diese alte Weisheit hat sich auch in Tschechien ein weiteres Mal als richtig erwiesen. Denn seitdem die Tschechische Handelsinspektion (COI) regelmäßig ihre landesweiten Benzinkontrollen an den Tankstellen vornimmt, hat sich die Qualität der dort verkauften Kraftstoffe merklich verbessert. Wie die letzten Kontrollen der Behörde ausgefallen sind, dazu sagte deren Sprecherin Miloslava Fleglova:

"Konkret wurden von Januar bis Ende April nahezu 800 Kraftstoff-Proben entnommen, von denen nur bei 39 Proben eine Abweichung von der vorgeschriebenen Qualität festgestellt wurde. Aufgeschlüsselt auf die einzelnen Treibstoffarten waren dies acht Benzinproben, 25 Proben mit Dieselkraftstoff, fünf Proben eines Benzingemischs und eine Probe des Flüssiggases LPG. Von diesen 39 beanstandeten Proben wiederum wurden elf als für den Verkauf unzulässig eingestuft."

Und was waren die häufigsten Kritikpunkte der beanstandeten Proben?

"Der häufigste Verstoß sind die beim Dieselkraftstoff registrierten Abweichungen vom Aufflammpunkt. Fast ebenso oft wurde ein abweichender Schwefelgehalt bemängelt, und zwar wiederum beim Dieselkraftstoff."


Am Freitag und Samstag finden in ganz Tschechien die Wahlen zum höchsten Gremium der nationalen Legislative, dem Abgeordnetenhaus statt. Denn nach diesen Wahlen wird sich auch in der Wirtschaft so manches wieder normalisieren, was in den zurückliegenden fünf, sechs Monaten ausgesprochen anders war. Welchen Einfluss zum Beispiel die Wahlen bzw. die hohe Politik gerade zuletzt ganz speziell auf das Bauwesen ausgeübt haben, dazu sagte die Ökonomin der Gesellschaft NextFinance, Marketa Sichtarova:

"Auch wenn uns die klaren Beweise fehlen, so lässt sich doch darauf spekulieren, dass sich im letzten halben Jahr vor den Wahlen erneut der so genannte Wahlzyklus gezeigt hat. Das bedeutet, dass sich die Politiker Stimmen erkaufen, indem sie in verstärktem Maße Gelder in die Wirtschaft pumpen, u. a. in Form großer öffentlicher Aufträge. Der tatsächliche Effekt dieser Aufträge wird sich zwar erst nach den Wahlen zeigen, nichtsdestotrotz müssen die Baufirmen keine Befürchtungen davor haben, dass sie im Ergebnis der Wahlen um ihre Aufträge gebracht werden. Obwohl ein Rückgang der öffentlichen Aufträge als wahrscheinlich gilt, so wird es danach vor allem eine steigende Anzahl von Aufträgen zum Wohnungsbau geben."

Hinter die Fassade geschaut

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland rückt immer näher. Und zu diesem Weltereignis des Jahres, wie es in großen Lettern von vielen Medien ständig angekündigt wird, genügt es schon längst nicht mehr, dass pro Mannschaft je elf Spieler auflaufen, einem Ball nachjagen, und von Tausenden von Zuschauern nach 90 Minuten als Sieger bejubelt oder als Verlierer bemitleidet werden. Der Fußball der Moderne hat sich immer mehr zu einer Geldmaschine entwickelt, in der Millionen und Aber-Millionen umgeschlagen und alle grundlegenden Mechanismen des faszinierenden Spiels nur noch mit Dollars, Euros oder anderen Währungen in Gang gesetzt werden.

Nach 16 Jahren hat sich erstmals auch die Tschechische Republik, die bei der WM 1990 in Italien noch als Mannschaft der Tschechoslowakei angetreten war, wieder für dieses Topevent qualifiziert. Und an der Vermarktung der tschechischen Kicker herrscht spätestens seit der EM-Endrunde 2004 in Portugal, als sie begeisternden Fußball boten, ein reges Interesse. Doch diese Vermarktung darf nicht Jeder vornehmen, sondern nur fünf ausgewählte Firmen. Wirtschaftsexperte Ondrej Kubala weiß, wer diese Glücklichen sind:

"Die Gesichter und Namen der tschechischen der Auswahlspieler dürfen nur die fünf offiziellen Sponsoren der tschechischen Fußball-Nationalmannschaft benutzen. Das sind die Marken Puma, ING, Hyundai, T-Mobile und Gambrinus."

Die Rechte, mit allem zu werben, was das tschechische Fußballteam betrifft, besitzt jedoch die Gesellschaft STES. Diese Rechte hat sie außer an die eben genannten fünf Unternehmen an niemand Anderen verkauft, und sie wird sie auch nicht weiter verkaufen. Auf einem Trikot, einem Plakat oder auf einer Sammelkarte darf also nicht das Porträt eines tschechischen Fußballstars abgebildet sein, sollte dessen Hersteller die entsprechenden Rechte dafür nicht erworben haben. Um welche Art von Rechten es sich dabei handelt, erklärt der Direktor der Gesellschaft STES, Jan Kinda:

"Das sind die Persönlichkeitsrechte der Spieler, die nach den abgeschlossenen Verträgen ausschließlich in den Händen der Firma STES liegen. Gleichzeitig haben wir Verträge mit ausländischen Partnern abgeschlossen, die Souvenirs und Sammelkarten in der ganzen Welt vertreiben. Wenn also zum Beispiel ein Anderer Sammelkarten mit dem Konterfei unserer Spieler veräußern würde, dann würde er eine schwere Rechtsverletzung begehen, denn ganz sicher würde das unser jeweiliger ausländischer Partner herausfinden, und auch die Spieler würden davon in Kenntnis gesetzt. Dann, so meine ich, könnte der Raubkopierer sehr große Probleme bekommen."

Aber auch die fünf offiziellen Sponsoren der tschechischen Nationalauswahl können bei dem bevorstehenden Großereignis nicht frank und frei in jenem Maße werben, wie sie es denn gerne tun würden. Dazu erklärt der Sprecher des Böhmisch-Mährischen Fußballverbandes (CMFS), Vaclav Tichy:

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"Eine große Diskussion gab es um das Thema, ob die nationalen Fußballverbände, deren Auswahlteams sich für die Weltmeisterschaft qualifiziert haben, ihre eigenen Sponsoren nutzen können. Letzten Endes wurde das Anfang März auf einem Workshop in Düsseldorf bejaht, allerdings mit der klaren Einschränkung, dass sie von ihren Sponsoren nur im geschlossenen Rahmen der WM-Vorbereitung präsentiert werden dürfen. Bei den WM-Spielen selbst dürfen sich diese Sponsoren nicht präsentieren, ihnen ist lediglich das Anbringen eines kleinen Logos auf den Trainingsanzügen der Spieler erlaubt. Aber auf den Spielertrikots wird kein einziges Logo zu finden ein."

Mit anderen Worten: Die fünf Sponsoren aus Tschechien dürfen nur dort ihr Marketing betreiben, wo sich die tschechische Mannschaft außerhalb des direkten WM-Geschehens aufhält. Dafür sind der Werbung im eigenen Lande, die mit der Fußball-Weltmeisterschaft in Verbindung tritt, so gut wie keine Grenzen gesetzt. Medienexperte Stepan Wolde von der Medienagentur ARBOmedia jedenfalls hat folgendes herausgefunden.

"Wir haben versucht einzuschätzen, wie viel Geld tschechische Firmen in die mit der Fußball-WM verknüpfte Werbung stecken werden. Dabei sind wir auf einen Gesamtbetrag gekommen, der sich zwischen 250 und 300 Millionen Kronen bewegt. Wenn man aber zu dieser Summe noch die weiteren Werbeaktivitäten hinzurechnet, die nicht über die Medien laufen, dann kann sich der Betrag auch noch verdoppeln."

Zur Fußball-Weltmeisterschaft werden tschechische Firmen also mehr als eine halbe Milliarde Krone in die Werbung stecken. Sollten aber die Nedved, Rosicky & Co. wieder so prächtig aufspielen wie vor zwei Jahren in Portugal, dann dürfte auch dieser Betrag noch längst nicht das letzte Maß der Dinge sein.