Teplice nad Becvou: Auch im kleinen Kurort kann hohe Medizin zur Geltung kommen
Spricht man die Ortsnamen Karlsbad, Marienbad oder Franzensbad aus, weiß wohl jeder Bescheid: Gemeint ist das westböhmische Dreibädereck. Andere Kurorte, von denen es in Tschechien mehrere Dutzend gibt, sind im Ausland weniger bekannt. Viele blicken dabei auch auf eine alte Tradition zurück wie zum Beispiel Teplice nad Becvou. Vor genau einer Woche hat man dort eine neue Kursaison eröffnet, die 295. in der Reihe! Diesen Kurort können Sie in der nun folgenden Sendereihe "Panorama CZ" gemeinsam mit Jitka Mladkova besuchen.
Teplice nad Becvou findet man auf der Landkarte etwa 40 Kilometer östlich vom mittelmährischen Olomouc/Olmütz entfernt. Das erste Kurhaus, das hier im Jahr 1711 am Ufer des Becva-Flusses errichtet wurde, war noch sehr bescheiden ausgestattet. Den damaligen Kurgästen standen 18 Wannen zur Verfügung, in denen sie im Wasser der vor Ort vorhandenen Heilquelle mit hohem CO2-Gehalt baden konnten. Von der positiven Wirkung dieses Wassers auf Menschen mit Herz- und Kreislaufproblemen bzw. Beschwerden des Bewegungsapparats wusste man allerdings schon längst davor. Und wie sieht es in Teplice nad Becvou heute aus? Etwa hundert Jahre nachdem das heilende Potential der "Kyselka", so der Name des hiesigen Quellwassers, auch wissenschaftlich nachgeweisen werden konnte? "Kyselka" ist nach wie vor das balneotherapeutische Alfa und Omega des Behandlungsprogramms in Teplice nad Becvou. Doch ohne moderne medizinische Technik wäre es undenkbar. Die Generaldirektorin Dipl.Ing. Irena Gladisova bestätigt:
"Wir sind ein Kurort, der mit Spitzentechnik ausgestattet ist. Eine hohe Finanzsumme haben wir zuletzt im vergangenen Jahr in die medizinisch-technische Ausstattung einschließlich computergestützter Geräte zur Nachbehandlung ernsthaft herzkranker Patienten investiert. Wir verfügen u.a. über vier Betten für die Intensivpflege, die die Übernahme von Klienten direkt vom Krankenhausbett ermöglichen. Man kann insgesamt von einem hohen Niveau der Kardiorehabilitation bei uns sprechen. In mancher Hinsicht ist sie im tschechischen Kurwesen sogar einzigartig."
Irena Gladisova rühmt sich auch eines Primats: Teplice nad Becvou sei der erste und zugleich auch einzige Kurort in Tschechien, der sich der Problematik des so genannten Homocysteins widmet. Offen gesagt, für mich war dieser "terminus technicus" unverständlich. Nachdem ich mich schlau gemacht habe, weiß ich, dass erhöhte Homocysteinwerte im Blut, sogenannte Hyperhomocysteinämien, Herz und Blutgefäße schädigen, wobei immer weitreichendere Auswirkungen dieser beim Stoffwechsel von Eiweiß entstehenden Giftsubstanz erkennbar werden. In Teplice kann sich also ein Kurortklient auf den Homocysteinspiegel untersuchen lassen. Obendrein bekommt er auch nützliche Ratschläge für das weitere Leben.
"Ich bin eine Patientin, habe einen Herzinfarkt erlitten und komme nach Teplice zur Kur. Was kommt hier auf mich zu?" Mit dieser Frage habe ich mich an den Chefarzt im Teplicer Kurhaus "Janacek", Dr. Jiri Leisser, gewendet. Hier ist seine Antwort:
"Zunächst möchte ich wissen, wann Sie den Herzinfarkt hatten, denn je früher man kommt, umso besser. Der Herzinfarkt kann nämlich binnen einer Woche faktisch geheilt sein und nach zwei Wochen können Sie schon intensiv rehabilitieren. Und was auf Sie bei uns zukommt? Neben der auf Ihre Diagnose genau abgestimmten Behandlung möchte ich auch die Erziehung zur gesunden Ernährung erwähnen, auf die man bei uns setzt, um die Risikofaktoren der Entstehung einer Herzkrankheit zu reduzieren."
Konkret zusammengefasst heißt es: Dem herzkranken Patienten wird beigebracht, wie er während des vierwöchigen Kuraufenthaltes durch gesunde Nahrung den Tierfett- bzw. Zuckerinhalt und damit den Cholesterinspiegel im Blut senken kann. Die neuen Eßgewohnheiten soll man möglichst alle mit nach Hause nehmen.
"Nun eine andere Variante", frage ich den Chefarzt weiter: "Ich bin noch keine Patientin, sondern eine Klientin, die sich für ihren aktuellen Gesundheitszustand interessiert und darüber unterrichtet werden will. Welchen Grund habe ich, nach Teplice zu kommen?"
"Menschen, die mit so einem Anliegen zu uns kommen, sind eigentlich ideale Klienten. Wir sind nämlich in der Lage, jedem ein komplettes Screening über verschiedene Risiken zu machen, die zu einer Herzerkrankung führen können. Aufgrund unseres Attestes kann er dann daraus entsprechende Schlüsse für sich ziehen. Eigentlich muss ich sagen, dass ich mir vor einiger Zeit noch dachte, im Hinblick auf die heutige stressige Lebensweise müsste so ein Kurort voll von Prävention interessierter Klienten sein. Dies ist aber nicht der Fall. Die Vorbeugung wird hierzulande nicht besonders groß geschrieben. In unserem Gesundheitswesen werden eher stets Finanzlöcher gestopft, die zum Großteil dadurch entstehen, dass Therapien bevorzugt werden, die auf Medikamenten basieren. Diese sind zwar sehr gut, aber auch sehr teuer. Die Prävention wiederum führt zur Reduzierung des Arzneienverbrauchs, und daran sind die pharmazeutischen Firmen natürlich nicht interessiert."
In unserem Gespräch hat Dr. Jiri Leisser Teplice nad Becvou als einen kleinen, ruhigen Kurort gekennzeichnet, bestand aber darauf, dass dies keineswegs die hohe Medizin als größte Priorität ausschliesst. Gelingt es also in Teplice, Schritt zu halten mit der neuen Technik und der Wissenschaft, fragte ich ihn.
"Wir sind Mitbegründer der Arbeitsgruppe für kardiovaskuläre Rehabilitation bei der Tschechischen Kardiologischen Gesellschaft, die vor ca. neun Jahren entstand. Die bei uns praktizierte Rehabilitation hat nichts zu tut mit der herkömmlichen Vorstellung von einer Kur, bei der man Mineralwasser trinkt und spazieren oder tanzen geht. Wir widmen uns hier der geläufigen nicht-invasiven Herzmedizin, wie sie auch in Kliniken angewandt wird. Ich denke, dass uns dafür auch Anerkennung gezollt wird. Unserem Wissenschaftsrat gehören u.a. zehn renommierte Universitätsprofessoren und Dozenten an. Unsere Ärzte nehmen regelmäßig an verschiedenen Fachtreffen teil, die im Rahmen der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft veranstaltet werden, damit wir auch mit der internationalen Entwicklung Schritt halten."
Teplice nad Becvou gehört nicht nur zu den ältesten Kurorten in Mähren, sondern auch zu den zehn größten in ganz Tschechien. In drei Sanatorien, fünf Kurhäusern und einer Kinderheilanstalt stehen insgesamt mehr als 700 Betten zur Verfügung. Von den etwa 9.000 Patienten und Klienten, die jährlich nach Teplice kommen, sind etwa 80 bis 85 Prozent Menschen, die eine komplexe, nämlich von der Versicherung getragene Kur absolvieren. Den Kurort in Mittelmähren, der sich mitten in einer schönen Natur und zugleich auch in der Nähe sehenswerter Städte befindet, entdecken im Laufe der Zeit auch Gäste aus dem Ausland, darunter aus Deutschland. Dr. Janacek freut sich dann über jedes positive Echo:
" Es freut uns sehr, wenn jemand von uns bei einem Aufenthalt in Deutschland Leute sagen hört: Teplice? Kenne ich. Dort war ich und es war gut. Und dann erzählt er auch, wie es ihm oder einem Kollegen geholfen hat. So eine Art Mundpropaganda ist für uns sehr wichtig. Eine bombastische Werbung könnten wir uns sowieso nicht leisten."
Nicht nur rein medizinische Probleme werden in Teplice behandelt. Man kann dort auch eine ganze Reihe von Aufenthalten absolvieren, auf den Geschmack unterschiedlicher Klientengruppen angepasst. Bei diesen kann man sich einfach die Auszeit gönnen und gut erholen. Oder ich sage es noch schöner: In Teplice kann man einfach die Seele baumeln lassen. Wie, das will ich Ihnen wieder bei einer anderen Gelegenheit erzählen!