Paroubek zum Koalitionspartner: Christdemokraten können ruhig gehen

Jiri Paroubek (Foto: CTK)
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In Deutschland wird noch freimütig über den Ausgang der vorgezogenen Wahlen zum deutschen Bundestag und die sich daraus ergebenden möglichen und unmöglichen Koalitionen diskutiert, da haben in Tschechien augenscheinlich die ersten Vorgefechte zu dem für das kommende Frühjahr anstehenden Wahlkampf begonnen. Und in den neuerlichen Streit im Regierungslager, der zum wiederholten Male zwischen Sozial- und Christdemokraten geführt wird, werden auch Protagonisten der deutschen Politszene als Vergleichsperson mit einbezogen. Lothar Martin erläutert Ihnen die Zusammenhänge.

Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Zum Ergebnis der Bundestagswahl hat der tschechische Premierminister Jiri Paroubek insbesondere seinem deutschen Parteikollegen Gerhard Schröder gratuliert und ihm gegenüber seine Bewunderung geäußert, wie Schröder ein nahezu aussichtsloses Unterfangen fast noch in einen Wahlsieg gedreht hätte. Vom Tatendrang und der Kampfeslust, die den noch amtierenden Bundeskanzler auszeichnen, will sich Paroubek nun offensichtlich eine gehörige Scheibe abschneiden. Aber bei etwas anderen Vorzeichen. Auch in Tschechien liegen die Sozialdemokraten derzeit - verschiedenen Umfragen zufolge - mit bis zu elf Prozent im Hintertreffen gegenüber den oppositionellen Bürgerdemokraten (ODS), die mit rund 30 Prozent in der Wählergunst am höchsten stehen. Doch im Gegensatz zur Bundesrepublik können die tschechischen Sozialdemokraten (CSSD) noch nicht auf die Grünen als möglichen Koalitionspartner zurückgreifen, da die "ökologische Partei" noch ein eher bescheidenes Dasein fristet und bisher weit davon entfernt ist, bei der kommenden Wahl die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Daher musste die CSSD zur Bildung der jetzigen Regierung auch mit den liberalen Freiheitsunionisten (US-DEU) und den eher konservativen Christdemokraten (KDU-CSL) koalieren. Eine Mischung, die immer wieder für Zündstoff sorgt. So wie in dieser Woche, zu deren Beginn sich Paroubek mit Kommunistenchef Miroslav Grebenicek getroffen hat, um über einige Gesetzentwürfe zu verhandeln, die man demnächst im Parlament durchsetzen will. Wie den Entwurf des neuen Arbeitsgesetzes. Bei diesem einigten sich Sozialdemokraten und Kommunisten (KSCM) darauf, die Macht der Gewerkschaften maximal zu zementieren. Die Christdemokraten wollen jedoch das von den beiden linken Parteien festgeschriebene Recht der Gewerkschaften, alle Arbeitnehmer vertreten sowie deren Sicherheit und zeitlichen Arbeitsumfang beaufsichtigen zu dürfen, vor dem Verfassungsgericht anfechten lassen. Und für Christdemokratenchef Miroslav Kalousek ist nach diesem rot-roten Zweckbündnis ohnehin klar, wohin der Hase laufen soll:

Miroslav Kalousek  (Foto: CTK)
"Die Sozialdemokraten haben ziemlich offensichtlich nicht über das Arbeitsgesetz votiert, sondern sie haben darüber abgestimmt, dass sie mit den Kommunisten zusammenarbeiten wollen."

Wegen der offenen Drohung, in punkto Arbeitsgesetzentwurf das Verfassungsgericht anrufen zu wollen, sowie wegen weiterer mehrfach offerierter Illoyalitäten seien die Christdemokraten alles andere als ein verlässlicher Partner, sagte Paroubek. Eigentlich ein Grund, den Koalitionsvertrag mit ihnen aufzukündigen. Doch Paroubek erklärte, weshalb er noch nicht dazu bereit sei:

"Nur aus dem Grund, dass ich die politische Stabilität wenigstens noch bis zum Ende dieses Jahres erhalten will, mache ich das nicht. Wenn aber an meiner Stelle Gerhard Schröder stehen würde, dann würden die Christdemokraten noch heute aus der Koalition hinausfliegen."

Nach weiteren Anwürfen von Christdemokratenchef Kalousek reagierte Paroubek jedoch einen Tag später schon wesentlich gereizter:

"Herr Kalousek will mich provozieren. Wenn die Christdemokraten die Regierung verlassen wollen, dann sollen sie gehen."

Ein neues Pulverfass im tschechischen Politpoker ist also schon wieder angezündet worden. Man wird sehen, ob es noch vor den Wahlen zur Explosion kommen wird oder nicht.