Ein Verlust nicht nur für die tschechische Romistik - Zum Tod von Milena Hübschmannova

Milena Hübschmannova (Foto: Jana Sustova)
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Milena Hübschmannova, Begründerin der tschechischen Romistik und eine der zentralen Persönlichkeiten für das Zusammenleben zwischen Roma und Tschechen, ist tot. Bei einem Autounfall in Südafrika kam sie am Donnerstag im Alter von 72 Jahren ums Leben. Ein Nachruf von Silja Schultheis.

Milena Hübschmannova  (Foto: Jana Sustova)
Für viele war sie schlichtweg unersetzlich. Ihr beispielloses Engagement für den Erhalt des Romani und dessen wissenschaftliche Etablierung, vor allem aber ihr Charisma und ihre Empathie brachten Milena Hübschmannova nicht nur viel Anerkennung, sondern auch ein hohes Maß an Sympathie ein. Bereits ihr Lebensweg begann alles andere als gewöhnlich. Als Jugendliche entwickelte Hübschmannova ein intensives Interesse für die indische Kultur und begann mit dem Studium von drei indischen Sprachen. Fasziniert von der Feststellung, dass die Roma in ihrer Umgebung eine ähnliche Sprache sprechen, widmete sie sich mit voller Intensität dem Romani - einer Sprache, die in der Tschechoslowakei der 1950er Jahre nirgends unterrichtet werden durfte. Milena Hübschmannova erlernte sie inmitten von Roma-Familien und gewann dabei eine Vielzahl an Freunden.

Sie kämpfte unermüdlich gegen den assimilatorischen Druck des kommunistischen Regimes auf die Roma an und setzte sich vor allem stark für den Erhalt ihrer Sprache ein. Milena Hübschmannova ist Autorin des bislang einzigen Romani-Wörterbuchs hierzulande. Nach der politischen Wende begründete sie an der Prager Karlsuniversität das Fach Romistik und sicherte ihm u.a. durch die auch im Ausland respektierte Zeitschrift Romano dzaniben ein hohes wissenschaftliches Niveau. Vor allem aber bemühte sie sich unentwegt, gegen Intoleranz und Ignoranz ihrer tschechischen Landsleute gegenüber der Roma-Kultur anzukämpfen. Dabei stieß sie immer wieder auf ein zentrales Problem, das sie gegenüber dem Tschechischen Rundfunk einmal so formulierte:

Milena Hübschmannova  (Foto: Jana Sustova)
"Leider haben die Menschen immer erst dann Toleranz für den anderen, wenn sie sich in seiner Rolle befinden. Ich denke, die Tschechen würden dasselbe fühlen wie die Roma und umgekehrt, wenn sie in der jeweils anderen Rolle stecken würden. Aber sobald sie sie das nicht tun, vergessen sie einander sofort wieder."

Milena Hübschmannova ist es nicht nur gelungen, sich in die Rolle der Roma hineinzuversetzen, sondern sie hat sie wo es ging in ihrem Selbstverständnis bestärkt und nach Kräften unterstützt. Für eine ganze Generation tschechischer Romistik-Studenten war sie unumstrittenes Vorbild und Leitfigur. Die Redakteurin Jana Sustova, die die erste tschechische Roma-Internetseite ins Leben gerufen hat erinnert sich noch gut an einen Konzert-Abend mit dem Roma-Sänger Vojta Fabian, auf dem sie Milena Hübschmannova persönlich erlebt hat:

"Milena Hübschmannova war dort mit einer Gruppe Studenten und sie hat die Studenten immer gefragt, was Vojta Fabian gesungen hat und die Studenten haben begeistert geantwortet. Es war alles so locker und angenehm und man hat sich einfach sehr gut gefühlt. Ich hatte den Eindruck, dass sie ein außergewöhnlicher Mensch ist, der viel guten Einfluss auf die Studenten hat."