Mit der Bahn aus Lovosice nach Teplice
Das Böhmische Mittelgebirge bietet den Touristen zahlreiche schöne Blicke in die Landschaft, aus einer ganz anderen Perspektive kann man die Gegend jedoch aus dem Zug bewundern. Zu einer solchen Bahnfahrt lädt Sie im folgenden Reiseland Tschechien Martina Schneibergova ein.
Ich kann sie zweifelsohne eine romantische Bahnfahrt nennen, die Reise, die ich jüngst durch einen schönen Landstrich Nordböhmens unternommen habe. Während meiner Stippvisite bei den Colloquia Ustensia - einem an der Uni in Usti nad Labem/Aussig organisierten Tschechischkurs für Deutsche - wurde mir angeboten, einfach mitzumachen. Nicht jedoch am Tschechischunterricht, sondern an einer Bahnfahrt. Initiiert wurde sie vom Kursteilnehmer Wernfried Steinitz, dessen Hobby die Eisenbahn ist bzw. alles, was mit ihr zu tun hat. Mit fast fünfzig weiteren Reiselustigen begab ich mich also zunächst auf den Bahnhof in Lovosice/Lobositz. Das Ziel unserer Fahrt war die Kurstadt Teplice/Teplitz. Wernfried Steinitz, der große Eisenbahnkenner, schlüpfte in die Rolle des Reiseleiters. Doch erleben Sie es selbst:
"Jetzt wird Bremse angelegt an den beiden Wagen, und wird geprüft, ob bis zur letzten Achse die Bremse funktioniert. Dann bekommt der Lok- oder Triebwagenführer Bremsefreizeichen, und damit ist sie also abfahrtbereit. Das ist alles notwendig, bevor ein Zug losfährt. Das ist international, das wird immer gemacht.
Wir fahren jetzt auf der einstigen ATE - Aussig-Teplitz-Eisenbahn (oder Usti-Teplice-drahy), die 1925 verstaatlicht wurde, und seitdem offiziell mit zum Netz der tschechoslowakischen bzw. tschechischen Staatsbahn gehört. Die Bahn ist hochinteressant, sie wurde als Hauptbahn zweiten Ranges gebaut, um die Menschen und Städte, die an dieser Strecke liegen, zu bedienen. Wir werden aber gleich merken, dass es eine klassische Nebenbahnstrecke mit allen Behinderungen ist. Die Bahn steigt hier im Bereich des Elbetals an, umfährt den Lobosch/Lovos nach der Station Lovosice-zastavka. Das war früher der alte Teplitzer Bahnhof Lovosice, wo die private Teplitzer Bahn ihre Waggons sortiert hat, bevor sie sie hier in Lovosice an die Staatsbahn im Güterverkehr übergeben hat. Denn die Staatsbahn ließ verlauten: ´Sie sind eine Privatbahn, übergeben Sie uns ordentlich die Waggons, und zwar schon in der Reihung, wie wir sie hier gebrauchen können....´
Zu den Bahnhofsgebäuden auf der Strecke: Sie werden sehen, der Bahnhof, den wir in Lovosice-zastavka gleich sehen werden, entspricht zum Beispiel dem Modell des Bahnhofs Teplitz-Schlossgarten/Teplice-zamecka zahrada. Das ist der gleiche Typ. Wenn man nach Leitmeritz/Litomerice kommt, stößt man auf eine ähnliche, aber weitere Struktur. Man hat sich das erspart, dass Architekten jeden Bahnhof auf der ganzen Route vollkommen neu durchplanen, man hatte eine Art Bausteinsystem. Man hat also einen Bahnhof in einzelne Bausteine zerlegte, die man immer wieder anders je nach den Bedürfnissen zusammensetzen konnte. Sie werden sehen, dass es so eine Art halbe Bahnhöfe gibt - in Dubkowitz/Dubkovicky, in Radejsin/Radzein gibt auch eine sehr süße kleine Variante davon.
Wenn wir die Stationsfolge nehmen, fahren wir also vom Teplitzer Bahnhof in Lobositz/Lovosice, dann am Lobosch/Lovos entlang und biegen von der Elbe ab ins so genannte Oparenske udoli/Wopparner Tal, überqueren dann im hinteren Teil, wo das Tal dann nicht mehr so breit ist, durch das Tal das Wopparner Bach/Oparensky potok und erreichen danach die Station Chotimer (zu Deutsch hieß es Milleschauer Kottomir). Wir fahren weiter, und zwar hinter dem ersten Gebirgskamm weiter ansteigend, die Elbe sehen wir da nicht, nach Dobkovicky/Dubkowitz. Dann kommt eine hoch interessante Stelle auf der rechten Seite, da dreht die Bahn nämlich am oberen Rand des Talgrabens der Elbe noch mal auf die Seite der Elbe herüber und man hat einen wunderbaren Blick auf die Porta Bohemica und hierüber - auf den Radobyl, den Vlhost/Willhoscht und überhaupt in diese liebliche Elbe-Landschaft. Kurz vor Radejcin/Radzein wendet sich die Bahn nach Westen und erreicht den Bahnhof Radejcin, den einige von ihren Wanderungen gut kennen. Dann beginnt die Bahn langsam, aber stetig zu fallen - über verschiedene Orte und Stationen, die ich hier nicht aufzählen möchte, erreicht sie den Bahnhof Uporiny/Auperschin. Kurz davor ist noch ein Tunnel. Der Bahnhof stellt einen Knotenpunkt dar, wo eine wesentliche, von Güterzügen befahrene Entlastungsbahn (auch von der ATE gebaut) von Bilina/Bilin kommend nach Usti nad Labem/Aussig führt. Da werden wir Zugkreuzung erleben. Wie ich da das letzte Mal mit der Bahn fuhr, waren da vier solche Triebwagen zur gleichen Zeit. Derjenige von Usti/Aussig nach Bilina, der von Bilina nach Aussig, der hier von Lovosice nach Teplice und der von Teplice nach Lovosice. Die sind alle vier da begegnet, weil wir einen eingleisigen Streckenbetrieb haben, aber es gibt mehrere Bahnhöfe, auf denen Begegnungsmöglichkeiten gegeben sind.
Schauen Sie also auf die Bahnhöfe, jetzt, wenn wir die Steigungsfahrt aufmachen, insbesondere auf der rechten Seite bietet sich ein Blick ins Elbetal, dann ist er unterbrochen, und dann noch mal dieser Höhenblick, bevor wir dann den schönen Blick immer auf der rechten Seite aufs Erzgebirge haben oder auf der anderen Seite ist der Milesovka/Milleschauer und andere Berge, die wir da alle umfahren. Fahren wir zuerst hoch bis Radejcin und lassen auf uns die Landschaft des Böhmischen Mittelgebirges wirken."