Nach 40 Jahren wieder unter Beschuss: Ausstellung über August ´68 im Nationalmuseum
Für die Prager der älteren Generation ist es ein Bild, das sie sich vor 40 Jahren gut eingeprägt haben: Ein Panzer, der auf das Nationalmuseum zielt. Diesmal ist das Militärfahrzeug Bestandteil einer Sonderausstellung, die das Nationalmuseum aus Anlass des 40. Jahrestages der Invasion der Tschechoslowakei durch die Truppen des Warschauer Vertrages eröffnete.
Die Ausstellung besteht aus drei Teilen, die miteinander verknüpft sind. Sie beginnt schon vor dem Museum – auf der Museumsrampe. Dort hat das Institut für das Studium totalitärer Regime zudem eine Ausstellung über die Opfer der Okkupation von 1968 installiert. Bei jeder der kleinen Gedenktafeln wurde eine Kerze angebracht.
Die Passanten können vor dem Museum bei einem historischen Zeitungskiosk eine Auswahl der Tagespresse von 1968 besichtigen, bevor sie sich eventuell entscheiden auch die Fortsetzung der Ausstellung in der Eingangshalle des Museums zu besuchen. Michal Lukeš:„Wir wollten die Atmosphäre von 1968 möglichst genau vermitteln. Wir wollten zeigen, was hier passiert ist, um diejenigen, die es erlebt haben, zur Erinnerung anzuregen. Bei den jüngeren Besuchern wollen wir das Interesse für die Geschichte wecken. Wir möchten, dass sie Fragen stellen, was 1968 geschah. Im Museum wird die Ausstellung mit dem eher fachlichen Teil fortgesetzt. Dort kann man mehr über die Entwicklung vor und nach 1968 erfahren. Man findet dort aber auch einzigartige Exponate – wie beispielsweise die Goldmedaillen, die Věra Čáslavská bei den olympischen Spielen in Mexiko 1968 gewann. Zu sehen sind auch Gegenstände aus dem Nachlass von Alexandr Dubček und von Jan Palach.“
Marek Junek hat den fachlichen Teil der Ausstellung im Museum vorbereitet. Seinen Worten nach ist die Präsentation aus mehreren Gründen interessant.„Sie erinnert an das Schicksal einiger bedeutender Persönlichkeiten, die in den Jahren 1968-1969 zu Symbolen geworden sind. Es ist uns gelungen, einen interessanten Brief von Věra Čáslavská auszuleihen. Sie erhielt dieses Schreiben 1968 eben von den Mitarbeitern des Nationalmuseums. Diese bringen in ihrem Brief die Unterstützung für Frau Čáslavská zum Ausdruck. Sie schreiben, dass sie viel für die Repräsentation der Tschechoslowakei im Ausland sowie für die Verbreitung der Gedanken des Prager Frühlings gemacht habe. An dem Brief ist aber auch interessant, dass Frau Čáslavská in der Zeit der so genannten ´Normalisierung´, als ihre Sachen von der Geheimpolizei durchsucht wurden, den Teil des Briefs abgeschnitten hat, wo die Namen der Museumsmitarbeiter standen. Damit hat sie diese Leute vor Verfolgung geschützt.“
In der Eingangshalle des Museums kann man nicht nur Gegenstände aus den Museumssammlungen sowie einige Dokumentarfilme, sondern auch Exponate sehen, die dem Museum aufgrund eines Aufrufs im Tschechischen Fernsehen zugeschickt wurden. Marek Junek:„Wir haben im Frühjahr im Fernsehen die Zuschauer aufgefordert, uns Gegenstände, Fotos, Dokumente sowie ihre Erinnerungen zuzuschicken, die mit dem Jahr 1968 verbunden sind. Es hat uns sehr angenehm überrascht, dass mehr als 400 Leute in kurzer Zeit auf diesen Aufruf reagiert haben. Und eben aus diesen Geschichten der einfachen Leute ist ein weiterer Teil der Ausstellung zusammengestellt. Diese Erinnerungen sind sehr beeindruckend und emotional. Man findet hier die Schilderung der Ärzte, wie sie den 21. August in Prag erlebt haben. Es gibt dort Erinnerungen einer Briefträgerin oder eines Soldaten, der zur Überwachung des Sonderkongresses der tschechoslowakischen Kommunisten in Vysočany einberufen wurde.“
Von den ca. 2.500 Fotos und Negativen, die dem Museum aufgrund des Aufrufs im Fernsehen zugeschickt wurden, hat Marek Junek mit seinen Kollegen eine Ausstellung zusammengestellt, die in der Galerie des Pantheons zu sehen ist. Die Fotos haben für Junek eine große Aussagekraft. Sie dokumentieren nicht nur direkt die Ereignisse vom August 1968, sondern auch beispielsweise das Begräbnis von Jan Palach. Das Museum möchte die Fotos digitalisieren und sie als Quelle den Historikern zur Verfügung stellen. Die Fotoausstellung im Pantheon dauert bis zum 23. November. Die Sonderausstellung zum August 1968, die unter dem Titel „…und es kamen die Panzer“ vor dem Gebäude des Nationalmuseums sowie in der Eingangshalle eröffnet wurde, ist bis Ende September zu sehen. Damit sind wir fast am Ende des heutigen Spaziergangs durch Prag angelangt, in dem wir Sie vor und in das Nationalmuseum eingeladen haben. Wie erwähnt wurde, sind im Museum auch olympische Medaillen ausgestellt, die Věra Čáslavská in Mexiko gewonnen hatte. Falls Sie wissen, in welcher Sportart, schreiben Sie uns, denn so lautet unsere heutige Quizfrage, für deren richtige Beantwortung Sie ein Buch über Prag gewinnen können. Ihre Antworten richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradská 12, PLZ 120 99 Prag 2, Tschechien. In der letzten Ausgabe des Spaziergangs im Juli, in dem wir den Prager Zoo besucht haben, fragten wir Sie nach dem Tier, das während der Flutkatastrophe im Sommer 2002 den Zoo verließ und die Moldau und die Elbe Richtung Dresden durchschwamm. Leider hatte dieser Flüchtling ein trauriges Schicksal und überlebte die Strapazen der mutigen Reise nicht. Es war der Seelöwe Namens Gaston. Ein Buch geht diesmal an Paul Reinersch aus Dudweiler.Fotos: Štěpánka Budková und Martina Schneibergová