Tschechien und die Corona-Lage: Der Mundschutz kehrt zurück
Zum 1. Juli wurde die landesweite Maskenpflicht in Tschechien aufgehoben. Zuletzt sind aber die Coronazahlen wieder gestiegen. Deswegen muss ab Samstag bei größeren Veranstaltungen ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden.
Am Donnerstagabend trat Gesundheitsminister Adam Vojtěch vor die Medien. Der Ressortchef betonte, dass sich zwar die aktuellen Zahlen nicht gut entwickeln würden, doch die Lage sei keinesfalls alarmierend. Es bestehe aber die Gefahr, dass sich das Coronavirus auch außerhalb konkreter Infektionsherde verbreite, so Vojtěch.
„Wir müssen deswegen bestimmte präventive Maßnahmen einführen, die aber nicht die freie Bewegung und die Wirtschaft im Land einschränken werden.“
Und zwar gilt ab Samstag eine Maskenpflicht bei Veranstaltungen ab 100 Teilnehmern. Und ab Montag wird auch die maximale Teilnehmerzahl bei Veranstaltungen reduziert: von derzeit 1000 auf 500. Falls bei Veranstaltungen eine Einteilung der Besucher in voneinander getrennte Sektoren möglich sei, könnten bis zu fünf Sektoren mit je 500 Menschen gebildet werden, ergänzte Vojtěch.
In den vergangenen Tagen ist die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Tschechien wieder angestiegen. Am Mittwoch kamen 247 weitere Fälle hinzu und am Donnerstag 235. Der Tageszuwachs lag damit so hoch wie zuletzt Ende Juni.
„Auf der einen Seite haben wir hohe Zuwächse bei der Zahl der Corona-Infizierten, auf der anderen Seite gilt dies nicht für das ganze Land, sondern für einzelne Infektionsherde. Allerdings gibt es diese Herde in mehr Kreisen als noch vor ein paar Wochen“, so der Gesundheitsminister.
Weiter betonte Vojtěch, dass derzeit nur wenige alte und kranke Menschen zu den Angesteckten gehören – die Risikogruppen seien also weniger betroffen als noch im Frühjahr:
„Das heißt, dass die Zahl der Patienten in Krankenhäusern nicht ansteigt und auch nicht jener Patienten, die auf Intensivstationen behandelt werden müssen und an Beatmungsgeräte angeschlossen sind.“
Bei den neuen Infektionsherden handelt es sich zum Beispiel um einen in Prag. Bei einer Party von Jugendfußballspielern in einem Nachtclub verbreitete sich das Coronavirus unter den Gästen. Laut dem zuständigen Gesundheitsamt ging dies von einem einzigen Gast aus, eine junge Frau wurde zum sogenannten Superspreader. Am Freitagmorgen waren bereits 109 Ansteckungen durch diesen Fall bekannt. Die Leiterin des Prager Gesundheitsamts kritisierte auch das Verhalten der jungen Leute. Diese hätten zum Beispiel Alkohol aus einem Eimer getrunken und dabei den Strohhalm weitergereicht.
Allerdings gibt es in Prag auch zahlreiche Fälle, bei denen der Ansteckungsweg nicht bekannt ist. Deswegen hat das Gesundheitsamt am Freitag nachgelegt und die geltende Maskenpflicht in Krankeneinrichtungen ausgeweitet. So muss ab Montag in Prag auch in den Wartezimmern von Ärzten sowie in Apotheken wieder ein Mund-Nasen-Schutz angelegt werden.
Angesichts der steigenden Corona-Zahlen fragen sich mittlerweile zahlreiche Menschen hierzulande, ob dies die befürchtete zweite Welle sei. Dazu Gesundheitsminister Vojtěch am Donnerstag:
„Es ist schwer abzugrenzen, welches die erste und welches die zweite Welle ist. Ich hatte gehofft, dass wir uns im Sommer etwas von dem Coronavirus erholen könnten vor einer potenziellen zweiten Welle im Herbst. Aber jetzt sehen wir, dass wir praktisch einen kontinuierlichen Anstieg haben.“
Deswegen kritisieren vor allem die oppositionellen Bürgerdemokraten das Vorgehen der Regierung als nicht umsichtig genug.
„Wir brauchen eine sogenannte Sekundärprävention. Das heißt, wir müssen einer weiteren Ausbreitung der Krankheit vorgreifen“, so der Arzt Bohuslav Svoboda, der für die Bürgerdemokraten im Abgeordnetenhaus sitzt.
Am 1. Juli war die landesweite Maskenpflicht aufgehoben worden, bis auf den Kreis Mährisch-Schlesien und in der Prager Metro. Und praktisch schlagartig waren die Schutzmasken hierzulande runter von den Gesichtern. Am Donnerstag beließen es Gesundheitsminister Vojtěch sowie Innenminister Jan Hamáček (Sozialdemokraten) aber beim Aufruf, freiwillig auch zum Beispiel in Bussen, Straßenbahnen und Zügen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.