Müll und Menschenmassen: Wilde Nutzung geschlossener Skigebiete in Tschechien
Die Corona-Zahlen in Tschechien steigen täglich auf neue Rekordwerte. Wenig überraschend hat die Regierung deswegen am Donnerstagvormittag die aktuell geltenden Einschränkungen bis zum 22. Januar verlängert. Damit bleiben auch die Skigebiete im Land geschlossen. Obwohl die Lifte schon seit dem 27. Dezember stillstehen, nutzen täglich Hunderte von Menschen die beschneiten Pisten. Das bringt eine Reihe von Problemen mit sich.
Karel Havlíček konnte sich am Donnerstag im Kabinett nicht durchsetzen. Der Minister für Industrie und Handel sowie für Verkehr (parteilos) wollte für die Skigebiete Tschechiens eine Ausnahme von den Corona-Restriktionen erwirken und ihren Betrieb erlauben. Letztlich hat sich aber Gesundheitsminister Jan Blatný (parteilos) mit seiner strengen Haltung durchgesetzt und alle bestehenden Vorgaben bis zum 22. Januar verlängert. Havlíček äußerte dazu in der anschließenden Pressekonferenz:
„Ich habe mich eingesetzt für eine Variante, bei der ein System für das Skifahren zu bestimmten Bedingungen ermöglicht werden soll. Nun respektiere ich aber die vorgebrachten Argumente, die auf die Zahl der Infizierten verweisen und auch auf die Praxis in anderen Ländern.“
Der Minister hatte gute Gründung dafür, sich für eine Öffnung der Skigebiete einzusetzen. Obwohl die Lifte seit 27. Dezember stillstehen, nutzen die Menschen hierzulande die Pisten tagtäglich in großer Zahl zum Rodeln oder Skifahren. Auch Verbotsschilder und teilweise Umzäunungen halten sie nicht davon ab. Abstandsregeln und Maskenpflicht werden dabei zumeist nicht eingehalten. Darum dürfte der Regierungsbeschluss vom Donnerstag auch Petr Hynek nicht erfreuen. Der Geschäftsführer des Skiresorts „Černá hora“ in Pec pod Sněžkou / Petzer hatte sich im Vorfeld in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks ziemlich ratlos gezeigt anhand der überfüllten Skipisten:
„Als Betreiber der Skigebiete tun wir alles, was nötig ist. Wir appellieren an unsere Besucher, verantwortungsvoll zu sein und die Vorschriften einzuhalten. Schließlich wollen wir alle uns weiter in der Natur aufhalten und Ski fahren. Die Leute wollen sich abreagieren, denn die Stimmung ist allgemein recht depressiv.“
Darum nutzen die Menschen nur allzu gern die beschneiten Skipisten. Die Wintersportareale im Riesengebirge meldeten etwa am Samstag nach Silvester Hunderte von Besuchern und völlig überfüllte Parkplätze. Das ist aber nicht das einzige Problem für die Betreiber. Ohne eine funktionierende Infrastruktur mit Liften, öffentlichen Toiletten oder der Leerung von Abfalleimern hinterlassen die Besucher zertrampelte und vermüllte Pisten. Das Skigebiet Klíny / Göhren nahe Most / Brüx wurde am Dienstag komplett für die Öffentlichkeit geschlossen, nachdem 15 kaputte Bobschlitten auf der Piste zurückgeblieben waren.
Sicher verhalten sich nicht alle Besucher derart rücksichtslos. Die fehlenden Lifte ersetzt so mancher auf sehr praktische Weise. Jaroslav etwa war am ersten Wochenende des Jahres zum Skifahren auf dem Klínovec / Keilberg im Erzgebirge. Einer seiner Freunde wurde kurzerhand als Chauffeur eingesetzt:
„Oben steigen wir aus dem Auto aus und fahren den Berg herunter. Auf der Straße am Ende der Skipiste wartet dann unser Freund schon mit dem Wagen, sammelt uns ein und bringt uns wieder nach oben. Und dann geht es wieder nach unten.“
Das ist eine der sichereren Varianten, sich im Areal zu bewegen. Viele Skifahrer und Rodler laufen allerdings direkt auf der Piste wieder bergauf. Da drohen dann Zusammenstöße vor allem mit anderen Rodlern. Dennoch will Havlíček kein Verbot für die weitere Nutzung der Areale aussprechen:
„Wir gehen nicht den deutschen Weg, wo solche Gebiete nicht nur geschlossen sind, sondern auch die Zufahrt eingeschränkt wurde. Bei uns sollen alle Besucher, die sich angemessen verhalten, Zugang zu den Arealen haben und ihre Freizeit in beschränktem Maße in der Natur verbringen können.“
Durch die wilde Nutzung entstehen den Betreibern der Skigebiete Kosten, die sie wegen fehlender Einnahmen nicht kompensieren können. Der Beschluss vom Donnerstag, nach dem ihr Betrieb weiter ruht, verschlimmert ihre Lage zusätzlich. Mehrere Vereinigungen warnen vor drohenden Pleiten. Minister Havlíček kündigte darum am Donnerstag baldige Finanzhilfen an:
„Die gute Nachricht ist, dass ich von der Regierung den Auftrag bekommen habe, sofort ein Sonder-Hilfsprogramm für die Betreiber von Skigebieten auszuarbeiten. Dieses wird zusätzlich zu den bestehenden Unterstützungen für Angestellte und Mietzahlungen aufgesetzt.“
An der Ausarbeitung des Programms wird auch die Vereinigung der Skigebiete beteiligt sein. Den Entwurf will Havlíček bereits am Montag dem Regierungskabinett vorlegen.