Folgen der Corona-Pandemie: Kindern drohen Übergewicht und Probleme mit der Wirbelsäule
Kinder verbringen auch in Tschechien während der Corona-Pandemie mehr Zeit am Computer als zuvor. Seit einigen Monaten sind die Turnsäle und Sporthallen für sie geschlossen. Unter strengen Bedingungen dürfen sie erst seit ein paar Tagen wieder auf Sportplätzen trainieren. Erlaubt sind jedoch höchstens sechs Gruppen von je zwei Menschen in mindestens 10-Meter-Abständen. Dadurch ist beispielsweise ein gewöhnliches Fußballtraining nicht möglich.
Der elfjährige Adam ist Fußballspieler. Vor der Corona-Pandemie ging er dreimal in der Woche zum Training, einmal wöchentlich gab es Entspannungsübungen und fast jedes Wochenende ein Fußballspiel. Das alles fällt nun aus.
„Am meisten fehlen mir meine Freunde, die Spieler und die Trainer. Wir haben nur Online-Training. Der Trainer schickt uns Aufgaben, diese sollen wir ihm dann ausgefüllt zurückschicken.“
Obwohl Adam in eingeschränktem Maß auf den Fußballplatz gehen darf, muss er mit den meisten Sportaktivitäten noch warten. Sein jüngerer Bruder Jakub, der Basketball spielt, darf noch nicht in die Turnhalle:
„Wir haben auch Online-Training, aber mit dem Basketball ist es in der Wohnung schwierig.“
Die Eltern bemühen sich, den Söhnen möglichst viel Bewegung zu verschaffen. Es gehe aber über ihre Kräfte hinaus, die Sportaktivitäten vollständig zu ersetzen, sagt die Mutter der beiden Jungen:
„Wir fahren oft Rad, gehen raus. Die Jungen joggen manchmal. Wir haben auch einen Garten. Ich weiß aber aus meiner Umgebung, dass viele Familie diese Möglichkeiten nicht haben.“
Die Einschränkung der Freizeitbeschäftigungen einschließlich der Sportaktivitäten hat negative Folgen. Psychologen beobachten, dass sich die Kinder von der Umwelt isoliert fühlen und die Beziehung zum Kollektiv verlieren. Dies spiegele sich in deren psychischem Zustand wider, warnt der Chefarzt des Zentrums für die medizinische Betreuung von Leistungssportlern, Jaroslav Větvička:
„Die Kinder werden depressiv, haben andere Launen. Wir haben auch Anorexie-Fälle verzeichnet. Die Folgen sind verhältnismäßig vielseitig. Erst mit einem Abstand von einigen Jahren werden wird in der Lage sein, diese Veränderungen auszuwerten.“
Die Tatsache, dass die Kinder nicht mehr so viel Sport treiben dürfen, wie sie es gewohnt waren, kann laut Větvička in Zukunft auch zu Herzerkrankungen führen:
„Bewegungsmangel und ein damit verbundenes Übergewicht sind eigenständige Risikofaktoren für die ischämische Herzkrankheit. Diese wiederum ist eine der Haupttodesursachen, vorrangig im Alter zwischen 50 und 70 Jahren. Auch wenn wir uns alle mit der Corona-Pandemie auseinandersetzen müssen, sollten wir bei den Plänen für eine Lockerung der Maßnahmen nicht vergessen, dass wir mit den genannten Folgen noch in einigen Jahren kämpfen werden.“
Der Mangel an Bewegung beeinflusst zudem die Entwicklung des Muskelapparates. Die größten Probleme drohten den Kindern in Bezug auf den Rücken, sagt David Vrbický. Er ist Chefphysiotherapeut im Zentralen Militärkrankenhaus in Prag:
„Die Kinder verbringen momentan viel Zeit vor dem Computer, am Handy oder vor dem Fernseher, sodass die Wirbelsäule sehr stark belastet wird. Zudem wird sie in Positionen überbelastet, die für die Wirbelsäule nicht geeignet sind. Und schon gar nicht im Kindesalter.“
Die Schwächung der Bauch- und Rückenmuskeln könnte den Kindern Schmerzen verursachen, die die Hilfe eines Physiotherapeuten erfordern. David Vrbický hält es für wichtig, dass Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit ihren Kindern Sport treiben. Wenige Übungen täglich würden schon ausreichen, meint Vrbický.