Diskussion in Tschechien: Lasse ich mein Kind gegen Corona impfen?
Auch Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren können in Tschechien bald mit dem Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft werden. Nach einer Empfehlung der Arzneimittelbehörde EMA hat die EU-Kommission offiziell in der vergangenen Woche die entsprechende Zulassung erteilt. Tschechien will dem Schritt bald folgen.
Am Freitag öffnete sich die Terminvergabe hierzulande zunächst für alle Menschen ab 16 Jahre. Als nächstes sollen Kinder im Alter zwischen zwölf und fünfzehn Jahren folgen. Laut Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos) könnte die Anmeldung ab der zweiten Sommerhälfte möglich sein.
Der Leiter der tschechischen Vakzinologischen Gesellschaft, Roman Chlíbek, plädiert hingegen auf einen noch früheren Termin:
„Es hängt vom Interesse der älteren Altersgruppen ab. Meiner Meinung nach wäre es gut, die Anmeldung noch im Juni zu ermöglichen.“
Bei den Kindern und Jugendlichen werde sich die Impfstrategie von jener bei den Erwachsenen aber gewissermaßen unterscheiden, meint Chlíbek:
„Die Fälle werden individueller beurteilt. Die Impfung ist für chronisch kranke Kinder von Bedeutung und für Kinder, deren Immunität gestört ist. Ein wichtiger Faktor ist auch, die sogenannte Familienimmunität zu stärken. Wenn man mit einem chronisch Kranken in engem Kontakt lebt, ist es immer besser, wenn möglichst viele Familienmitglieder geimpft sind.“
Die Experten halten die Impfung von Kindern und Jugendlichen als entscheidenden Schritt, um hierzulande die Herdenimmunität zu erreichen. Doch nicht alle Eltern sind bereit, ihren Kindern einen Impfstoff spritzen zu lassen.
Sie lasse ihren Sohn hundertprozentig nicht impfen. Sie habe Angst um ihn und vertraue der Impfung nicht so sehr, sagt die Mutter eines 13-jährigen Jungen aus Prag. Die Befürchtungen der Eltern überlagern oft das Vertrauen auf die Vorteile, die die Impfung bringen kann. Experten halten dies aber für falsch. Daniel Dražan ist Kinderarzt und Mitglied der Vakzinologischen Gesellschaft:
„Es gibt recht viele Gründe für die Impfung. Wir schützen damit die Kinder selbst vor dem Tod, aber auch ihre Nahpersonen, für die das Risiko viel größer ist.“
Roman Chlíbek weist die Zweifel zurück, dass die Wirkung und Sicherheit des Vakzins bei Kindern nicht ausreichend untersucht worden seien:
„Das schnelle Tempo der Studien bedeutet nicht, dass die Qualität vernachlässigt oder etwas ausgelassen wurde. Bei allen Impfungen, auch bei den üblichen Kinderschutzimpfungen, steht zunächst keine langfristige Untersuchung zur Verfügung. Diese zu erstellen, dauert aber fünf, zehn oder fünfzehn Jahre. Wir haben aber bei keiner Krankheit so lange Zeit. Wenn sich alle gegen ein Impfung entscheiden, haben wir auch nach 15 Jahren noch keine Daten. Bei den fraglichen Impfstoffen wurde die Sicherheit auch bei Kindern nachgewiesen, deswegen wurden sie auch zugelassen.“
In der Altersgruppe von 35 bis 50 Jahre, also der Elterngeneration der Adoleszenten, ist laut Statistiken etwa die Hälfte an der Impfung für sich selbst interessiert. Das ist für eine Herdenimmunität zu wenig. Um diese zu erreichen, braucht es eine Durchimpfungsrate von 80 Prozent. Diese Rate wurde bisher nur bei Menschen über 60 Jahre erzielt. Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 15 Jahren bilden knapp vier Prozent der tschechischen Bevölkerung.