Staatsverschuldung in Tschechien beschleunigt sich, liegt aber unter EU-Durchschnitt
Trotz des Rekorddefizits im Staatshaushalt 2020 hält Tschechien seine Position unter den am wenigsten verschuldeten Staaten der Europäischen Union. Das Tempo der Staatsverschuldung nimmt aber zu.
Dies teilte der Oberste Rechnungshof (Nejvyšší kontrolní úřad, NKÚ) in seiner alljährlichen Stellungnahme zum Entwurf des Haushaltsabschlusses mit. Dessen Defizit stieg 2020 von den geplanten 40 Milliarden Kronen (1,6 Milliarden Euro) auf insgesamt 367,4 Milliarden Kronen (14,5 Milliarden Euro) an.
Wie der NKÚ ausführt, überschritt die Staatsverschuldung im vergangenen Jahr erstmals den Wert von zwei Billionen Kronen (79 Milliarden Euro). Damit entspricht sie 38,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Von allen EU-Staaten weisen zwar nur drei einen niedrigeren Prozentsatz auf (Estland, Luxemburg, Bulgarien). Die Geschwindigkeit, mit der die Verschuldung zunimmt, stelle aber ein deutliches Risiko für die wirtschaftliche Lage in Tschechien dar, heißt es weiter. Für die kommenden Jahre erwartet die Behörde, dass die tschechischen Staatsschulden innerhalb der Europäischen Union am zweitschnellsten anwachsen werden.
„Der Oberste Rechnungshof stößt bei seinen Kontrollen regelmäßig auf eine ineffiziente Verwendung öffentlicher Finanzen“, berichtet NKÚ-Chef Miloslav Kala. „Wenn gründlich nach Einsparungsmöglichkeiten gesucht würde, könnte der Haushalt jährlich über 20 Milliarden Kronen (790 Millionen Euro) mehr verfügen. Diese sind nötig, damit die Grenze zur Schuldenbremse nicht erreicht wird.“
Das Haushaltsloch von 367,4 Milliarden Kronen sei das größte Tschechiens seit der Gründung als eigenständiger Staat, so der NKÚ-Bericht weiter. „Den Angaben zu den Bartransaktionen zufolge hingen allerdings nur die Ausgaben von etwa 218 Milliarden Kronen (8,6 Milliarden Euro) direkt mit der Corona-Epidemie zusammen“, ergänzt die Behörden-Sprecherin Jana Gabrielová. „Das Finanzministerium hat in der Maßnahmenliste zur Bekämpfung der Pandemie auch Auslagen aufgeführt, die nach Auffassung des NKÚ nicht dazugehören. Dabei handelt es sich etwa um den einmaligen Rentenzuschuss, die Entschuldung ausgewählter Krankenhäuser oder die erhöhten Fördergelder zur Versorgungsselbständigkeit.“
Auf diesen Vorwurf, den der Rechnungshof bereits im April äußerte, reagierte das Finanzministerium damals mit dem Argument, dass die beanstandeten Ausgaben auf eine wirtschaftliche Stabilisierung abzielten.