Institut in Prag testet Komponenten der neuen Trägerrakete Ariane 6
Derzeit lässt die Europäische Weltraumorganisation eine neue Trägerrakete bauen. An der Konstruktion der „Ariane 6“ sind mehrere Länder beteiligt, darunter auch Tschechien. So werden derzeit in Prag die Teile der Trägerkonstruktion getestet.
Die Tests erfolgen aufgrund eines Vertrags zwischen der MT Aerospace Augsburg und dem Aeronautischen Forschungs- und Prüfungsinstitut in Prag vom November 2018. Bestimmte Teile der Rakete werden nämlich in Tschechien hergestellt. Dafür wurde im südwestböhmischen Klatovy / Klattau ein völlig neues Werk aus dem Boden gestampft. Derzeit wird eine der dort gefertigten Komponenten im Testzentrum im Prager Stadtteil Kbely geprüft. Petr Franc leitet das entsprechende Projektteam beim Institut. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erläuterte er:
„Bei der Komponente handelt es sich um die Abdeckung des unteren Trägersystems am Hilfstriebwerk. Wenn man eine Rakete vor sich sieht, dann sind unten an den Seiten die Booster des Triebwerks angebracht. Der Ring darunter ist aus Duraluminium. Er hat dreieinhalb Meter Durchmesser, ist einen Meter hoch und wiegt etwa eine Tonne.“
Um das Material prüfen zu können, musste eine spezielle Vorrichtung entwickelt werden. Sie ist quadratisch mit je zehn Metern Seitenlänge und ragt acht Meter nach oben. Zusammengehalten wird sie mit 150 großen Schrauben. Drei Jahre lang wurde daran gebastelt, ehe die Tests starten konnten.
„Wir testen zwei Phasen: jene beim Start und dann die beim Flug. Die Belastung am Boden haben wir bereits überprüft, sie war ungewohnt hoch. Wir haben für die Simulation hydraulische Walzen verwendet, von denen jede eine Kraft von zwei Meganewton entwickeln kann. Insgesamt sind es sechs Walzen“, so Franc.
Das untere Trägersystem hat im Übrigen zwei Funktionen, wie Petr Franc erläutert: Zum einen muss es das Gewicht der Rakete bis zum Start aushalten. Und beim Start sowie beim Flug überträgt es dann den Druck des Triebwerks auf den zentralen Teil der Rakete. Dabei werden Kräfte frei, die enorm sind.
Um herauszufinden, ob das Trägersystem genügend aushält, wurde es mit über 100 Dehnungssensoren gespickt. Diese zeichnen die Veränderungen am Material auf, wenn bis zu 500 Tonnen Kraft auf es einwirken.
„Die Sensoren sind direkt am Metall des Testgegenstandes angebracht. Sie messen während des einminütigen Durchlaufs in jeder Sekunde zehn Parameter. Diese zeigen, wie sich der Gegenstand bei steigender Krafteinwirkung verformt.“
Die Verformungen liegen laut Franc im Bereich mehrerer Dutzend Millimeter. Allerdings müsse sein Team mit dem Trägersystem schonend genug umgehen, dass es nicht schon vor dem Flug unbrauchbar werde, so der Leiter.
Ursprünglich sollte die Trägerrakete Ariane 6 bereits im vergangenen Jahr erstmals gestartet werden. Doch das ganze Projekt hat sich verzögert. Deswegen laufen die Tests in Prag noch bis in den November hinein. Der erste Flug der neuen europäischen Rakete ist nun für Ende 2022 angepeilt. Und zwar vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana aus.