Teplice / Teplitz-Schönau in Nordböhmen verbindet man heute vielleicht nicht als Erstes mit dem Kurwesen. Schließlich liegt die Stadt mitten im Braunkohlerevier. Doch das ist weit gefehlt. Denn an keinem anderen Ort in Tschechien hat die Nutzung von Heilwasser eine solch lange Geschichte. Sie reicht bis ins Hochmittelalter zurück.
Wer war nicht alles in Teplice und hat sich hier kurieren lassen? Zar Peter der Große zum Beispiel, die sächsischen Kurfürsten und Könige oder auch der Komponist Richard Strauss, der russische Schriftsteller Iwan Turgenjew und der Maler Caspar David Friedrich. Die Liste ist lang. Nicht alle kamen aufgrund der Heilquellen, manche auch einfach nur wegen der Landschaft an den Südhängen des Erzgebirges.
Die Geschichte der Thermalquellen ist gut erforscht. Und sie beginnt in der Altsteinzeit, wie die Handelsdirektorin des Heilbades Teplice, Yveta Slišková, vor einiger Zeit in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erläuterte:
„Wenn man genauer sagen will, wann unser Thermalwasser entstanden ist, dann muss man in der Zeitleiste ganze 18.000 Jahre zurückgehen. Damals sickerte Regenwasser durch das vulkanische Gestein und wurde im Erdinneren erhitzt. Und heute haben wir dieses Wasser in unseren Wannen und im Thermalium.“
Die Legende vom Schwein
Der Legende nach soll das Heilwasser bereits im frühen Mittelalter entdeckt worden sein – durch ein Schwein und den Hirtenjungen, der sich um es kümmern sollte. Das eher kleine Tier soll nämlich gehinkt haben und hinter der restlichen Herde hinterhergetrottet sein. Doch die Geschichte besagt, dass dieses Schwein irgendwann wieder quietschvergnügt vor der Herde herlief – und der Hirte sich wunderte. Bis er herausfand, dass es immer in einer nahen Quelle gebadet hatte. Diese Legende schrieb im 16. Jahrhundert der Chronist Václav Hájek aus Libočany nieder. Er datierte die Entdeckung des Heilwassers auf das Jahr 762.
Der Beginn des Kurwesens datiert allerdings ein paar Jahrhunderte später – aber immer noch deutlich früher als etwa bei den heute viel bekannteren Städten des westböhmischen Bäderdreiecks.
„Da müssen wir ins 12. Jahrhundert zurückgehen, bis zu Königin Judith von Böhmen. Sie gründete damals ein Benediktinerinnenkloster an den heißen Quellen. Das markiert für uns den Beginn des Kurwesens in Teplice“, so Yveta Slišková.
1154 gründete die Herrscherin das Kloster und ließ das Wasser der Quellen für die Heilung von Kranken nutzten. So kann sich Teplice rühmen, das älteste Kurbad nicht nur in Tschechien, sondern in ganz Mitteleuropa zu sein – wenn man Deutschland nicht dazurechnet.
Von Beginn an seien im Prinzip dieselben Krankheiten geheilt worden wie heute, sagt die Handelsdirektorin:
„Die Behandlungsmöglichkeiten ergeben sich aus den Eigenschaften der hiesigen Heilquellen. Sie haben meist mineralisches Wasser, das sich besonders eignet bei Problemen mit dem Bewegungsapparat, neurologischen Krankheiten und teilweise auch jenen der peripheren Blutgefäße.“
Zu den Problemen des Bewegungsapparats gehören sowohl entzündliche als auch degenerative Erkrankungen. Also Rheuma und Arthrose, aber genauso etwa Sehnenscheidenentzündung oder die Folgen von Knochenbrüchen.
„Die grundlegende Heilungsmethode besteht aus dem Zusammenspiel des geothermischen Mineralwassers, das wirklich einzigartig ist und seine Wirkung durch seine Zusammensetzung entfaltet, mit weiteren Therapieformen. Wir bieten eine goldene Kombination, wie wir sie nennen. Das ist zunächst das Bad im Heilwasser, auf dieses folgen eine Packung und eine Massage. Diese Methode ist sehr effektiv. Das Wasser bereitet den Organismus auf die Finger des Masseurs vor, sodass die Massage größeren Erfolg hat. Dazu kommen aber weitere Prozeduren, vor allem krankengymnastische Übungen. Das heißt, dass der Patient sich aktiv beteiligen muss. Man sollte sich nicht täuschen lassen, Wasseranwendungen und Massagen sind nur die eine Seite. Für die Heilung muss man sich aber auch selbst bewegen. Denn nur so lassen sich die Muskeln stärken, damit wieder größere Bewegungsumfänge möglich werden. Das alles wird ergänzt durch Behandlungen je nach Beschwerden des Patienten – von Elektrotherapie über Magnettherapie bis Laser“, erläutert Slišková.
Was konkret aber macht das Wasser in Teplice so heilsam?
„Das Wasser enthält kohlensaures Natriumsulfat mit einem erhöhten Anteil von Fluor, Radon und seltenen Metallen. Dies wirkt in seiner konkreten Zusammensetzung entzündungshemmend und kann Gewebe heilen. Das ermöglicht den Patienten, gegen ihre Bewegungsprobleme anzukämpfen und wieder geschmeidiger zu machen, was durch einen Unfall oder eine Operation versteift ist.“
Den Menschen wieder geschmeidig machen
Heute präsentiert sich Teplice als ein Mix aus Industriestadt und historischem Ort mit Gebäuden aus mehreren Kulturepochen. Insgesamt fünf Kurbäder stehen den Gästen zur Verfügung.
Und an Königin Judith als Begründerin des Kurwesens in Teplice erinnert mittlerweile auch eine Büste am Kaiserbad. Sie stehe neben den Darstellungen dreier russischer Zaren, erläutert Radek Popovič. Er leitet das Kurbad:
„Dort ist unser erster russischer Klient, Peter der Große. Zudem sind es noch die Zaren Alexander und Nikolai. Mit Königin Judith wollten wir ein ausgeglicheneres Bild der Geschichte zeigen. Die Historie spielt eine große Rolle auch bei uns, denn die Besucher lernen gerne geschichtsträchtige Orte kennen. Und es war einfach an der Zeit, auch solch eine Persönlichkeit zu ehren.“
In Teplice befindet sich im Übrigen auch der größte Thermalkomplex in Tschechien. Er nennt sich Thermalium und ist im Kurhaus Beethoven untergebracht. Denn der berühmte Komponist hat ebenso dieses böhmische Heilbad besucht. Und hier kam es dann zu einem Treffen mit Goethe.