Verantwortung tragen die anderen: Tschechiens Positionen beim UN-Klimagipfel

Die letzte Chance zur Klimarettung. Keine geringere Bedeutung wird weltweit dem UN-Gipfel zum Klimawandel beigemessen, der am Sonntag im schottischen Glasgow begonnen hat. Die tschechischen Verhandlungsvertreter legen jedoch eine abwartende Haltung an den Tag.

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„Wenn Glasgow scheitern sollte, dann scheitert auch die gesamte Klimarettung.“

Der britische Premier Boris Johnson ist um dramatische Formulierungen nicht verlegen, wenn es um den UN-Klimagipfel COP26 geht. Seit Sonntag ist sein Land Gastgeber für etwa 25.000 Delegierte aus knapp 200 Ländern, die innerhalb von zwei Wochen den Klimawandel und damit die Zukunft des Planeten in den Griff bekommen wollen.

1,5 Grad Celsius ist die magische Zahl, auf die sich endlich verpflichtend geeinigt werden soll. Sie ist die Höchstgrenze, die die Erderwärmung zum Ende dieses Jahrhunderts erreichen darf – im Vergleich zu der Zeit vor der industriellen Revolution freilich. Der tschechische Premier Andrej Babiš (Partei Ano) hingegen äußerte bei seiner Abreise am Montagmorgen vor Journalisten, dass er mit keinen großen Erwartungen nach Glasgow fliege. Sein Statement ließ zudem nicht unbedingt auf eine geschlossene Verhandlungsstrategie der EU-Delegation schließen:

Boris Johnson,  Andrej Babiš und António Guterres beim Klimagipfel in Glasgow | Foto: Christopher Furlong,  ČTK/AP Photo

„Wir werden in Glasgow wieder die üblichen Verlautbarungen hören, wie sehr unser Planet in Gefahr ist. Ich aber werde darüber sprechen, dass unsere Wirtschaft bedroht ist und mit ihr unsere Arbeitnehmer. Ich hoffe, dass sich die EU darüber im Klaren ist.“

Die Europäische Kommission legt in Glasgow ihre Strategie „Fit for 55“ vor. Danach sollen die Emissionen in der Union bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden. Dem ist auch Tschechien verpflichtet. Und obwohl der Plan bei seiner Veröffentlichung hierzulande auf deutliche Kritik stieß, will man nun beim COP26-Gipfel Druck ausüben auf jene Staaten, die ihre eigenen Ziele noch nicht so hoch angesetzt haben. Pavel Zámyslycký ist Abteilungsleiter für Energie und Klimaschutz beim tschechischen Umweltministerium und Chef der tschechischen Verhandlungsdelegation. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er:

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„Premier Babiš wird sich dafür aussprechen, die Aktivitäten in den Ländern zu erhöhen, die ihre Verpflichtungen bisher noch nicht entsprechend angepasst haben. Die EU hat sich darauf geeinigt, bis 2030 die Emissionen um 55 Prozent zu senken und bis 2050 klimaneutral zu sein. Ähnlich haben weitere wichtige Staaten ihre Ziele ausgeweitet. Dies ist der politische Teil der Konferenz, der zu einer Erhöhung der Ambitionen beitragen soll.“

Umweltminister Richard Brabec (Partei Ano), der ebenfalls in Glasgow anwesend ist, konkretisierte die tschechische Haltung gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen:

Richard Brabec | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

„Ausschlaggebend wird die Haltung Chinas sein sowie die Auftritte der USA und Indiens. Die Art, wie die Chefs dieser größten Verschmutzer sich nach und nach herausreden, ruft jedoch eine gewisse Skepsis hervor.“

Dabei hat auch Prag zur Erreichung der Klimaziele noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen. Tschechien ist eines der letzten vier EU-Länder, die noch keinen Termin für den Kohleausstieg festgelegt haben. Mit zwölf Tonnen Treibhausgasen pro Jahr und Einwohner ist es der viertgrößte Emissionsproduzent in der Union. Und weltweit platziert sich Tschechien auf dem 51. Platz von 193. Vielleicht trägt zu einer schnelleren Umstellung auf ökologischere Wirtschaftsformen ein Umstand bei, auf den Pavel Zámyslycký noch hinweist:

Pavel Zámyslický | Foto: ČT24

„In einem Jahr findet die nächste UN-Klimakonferenz statt, wahrscheinlich in Ägypten. Zu der Zeit wird Tschechien den EU-Vorsitz innehaben. Das heißt, wir werden die EU-Delegation in die nächsten Klimaverhandlungen führen.“

Wie schwer dann das Erbe von Glasgow wiegen wird, zeigt sich am 12. November, wenn der diesjährige Klimagipfel endet. Sollten die Ergebnisse nicht den hohen Erwartungshaltungen entsprechen, sieht die Zukunft laut Boris Johnson düster aus. Falls jetzt nicht aktiv Schritte gegen den Klimawandel eingeleitet würden, so warnte der britische Premier, könnte die moderne Welt ein ähnliches Schicksal wie das Römische Reich erwarten – ihren Untergang nämlich.

Autoren: Daniela Honigmann , Jaromír Marek , Jana Čermáková
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