Kein Euro, neue Ministerien: Künftige tschechische Regierung einigt sich auf Koalitionsvertrag
Die neue tschechische Regierung bekommt deutlichere Umrisse. Am Dienstagabend traten die künftigen Koalitionäre vor die Medien und vermeldeten die Einigung auf einen gemeinsamen Vertrag und die grobe Aufteilung der Ministerien.
Nach außen demonstrierten die fünf Parteichefs am späten Dienstagabend Einigkeit. Bei der Pressekonferenz nach 13 Stunden Verhandlungsmarathon kamen keine Konflikte zur Sprache. Allerdings redete auch hauptsächlich der angehende Premier, der bürgerdemokratische Parteivorsitzende Petr Fiala. Er betonte:
„Wir haben sehr intensiv gearbeitet und sind im historischen und internationalen Vergleich extrem schnell zu einer Übereinkunft gekommen. Es hat nicht einmal einen Monat seit der Wahl gedauert, um unseren Koalitionsvertrag zu erstellen und die grundlegende Struktur der Regierung festzulegen.“
Über Inhalte aus dem gemeinsamen Papier wird bisher geschwiegen. Denn erst müssen noch die Organe der insgesamt fünf liberal-konservativen Parteien über das Vereinbarte abstimmen. Dennoch wurde bereits ein Punkt bekannt. So will auch die neue Regierung nicht den Euro in Tschechien einführen. Dies sei durchaus umstritten gewesen, gab Christdemokraten-Chef Marian Jurečka am Mittwoch in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks zu. Zugleich fügte er an:
„Ein Beitritt zur Eurozone während der anstehenden Legislaturperiode ist zeitlich nicht zu schaffen. Aber im Regierungsprogramm haben wir festgelegt, dass wir die Maastricht-Kriterien einhalten wollen, um uns in Zukunft in Richtung Euro zu bewegen.“
Zu den künftigen Ministerien erfuhr die Öffentlichkeit am Dienstag nur, wie diese zwischen den beiden Wahlbündnissen aufgeteilt werden sollen – aber nicht konkret, welche Partei welches Ressort erhält. Klar ist bereits, dass gegenüber dem aktuellen Kabinett noch drei Posten hinzukommen: für EU-Politik, für legislative Angelegenheiten sowie für Wissenschaft, Forschung und Innovation. Damit wird das Kabinett insgesamt 18 Mitglieder haben, einschließlich des Premiers. Petr Fiala betonte dabei, dass es sich bei den zusätzlichen drei nicht um komplette Ministerien handle, sondern sie beim Regierungsamt angesiedelt sein sollen. Zum Minister für legislative Angelegenheiten erläuterte der angehende Premier:
„Wir wollen nicht, dass die Gesetzesvorlagen so schlecht ausgearbeitet sind, wie das in der abgelaufenen Legislaturperiode der Fall war. Deswegen soll der Paragraphen-Dschungel durchforstet und das Rechtssystem verständlicher gemacht werden. Zugleich möchte ich daran erinnern, dass es alle genannten Funktionen mehrfach schon bei früheren tschechischen Regierungen gegeben hat.“
Wenn die fünf Parteien dem Ausgehandelten zustimmen, würde der Koalitionsvertrag am Montag kommender Woche unterschrieben. Dann soll auch die Öffentlichkeit mit den Inhalten bekannt gemacht werden.
Dass aufs Tempo gedrückt und Einigkeit demonstriert wird, liegt sicher auch an der besonderen Konstellation in der tschechischen Politik. Denn die Partei Ano des scheidenden Premiers Andrej Babiš stellt auch im neuen Abgeordnetenhaus die stärkste Fraktion. Außerdem hat der umstrittene Noch-Regierungschef einen Verbündeten in Staatspräsident Miloš Zeman. Nur wenn die angehende neue Regierungskoalition kein Blatt zwischen sich lässt, kann sie auf eine reibungslose Übergabe der Macht hoffen. Immerhin verfügt sie über eine klare Mehrheit im Abgeordnetenhaus bei 108 von insgesamt 200 Sitzen.
Allerdings knirscht es bereits im Wahlbündnis von Piraten und der Bürgermeisterpartei Stan. Laut einer internen Analyse der Piratenpartei soll sie von ihrem Partner über den Tisch gezogen worden sein. Denn letztlich entfielen auf die Piraten nur vier der insgesamt 37 erkämpften Mandate. Piratenchef Ivan Bartoš betonte jedoch im Tschechischen Rundfunk, dass dies kein Thema bei den Koalitionsverhandlungen gewesen sei und intern geklärt werden solle…
„Unsere Parteiorgane beschäftigen sich derzeit damit, und wir werden gemeinsam mit der Partei Stan gemäß den Vereinbarungen in den Regierungsgesprächen fortfahren“, so Bartoš.
Der angehende Premier Fiala sagte am Dienstag noch, dass er bereits mit der Präsidialkanzlei in Kontakt getreten sei. Demnach könnte er von Zeman dann zum neuen Premier ernannt werden, wenn der erkrankte Staatspräsident aus der Intensivstation auf ein normales Klinikzimmer verlegt wird. Ob es aber demnächst dazu kommt, ist unklar. Eine Sprecherin des Zentralen Militärkrankenhauses sagte nur, dass ein Ärztegremium in den nächsten Tagen Zemans Gesundheitszustand beurteilen werde.