Staatsfeiertag: Präsidentschaftskandidat gesucht, Demo für Belarus, Havel-Büste im Café Slavia

Meeting der Initiative „Eine Million Augenblicke für die Demokratie“ auf dem Altstädter Ring

Der 17. November gilt in Tschechien als Staatsfeiertag. Im ganzen Land wurde an die Ereignisse von vor 32 Jahren erinnert, die zum Fall des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei führten. Die meisten Veranstaltungen, darunter Demonstrationen, Happenings und Konzerte, fanden in Prag statt.

Gedenkort in der Prager Nationalstraße | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Wie jedes Jahr konzentrierte sich die größte Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sowie der Politiker auf den Gedenkort in der Prager Nationalstraße, wo vor 32 Jahren die Teilnehmer einer Studentendemonstration brutal zusammengeschlagen wurden. Während des Tags kamen Tausende von Menschen dorthin, um Kerzen anzuzünden und Blumen niederzulegen.

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

An mehreren Orten der Hauptstadt fanden Meetings und Happenings statt. Eines davon organisierte die Initiative „Eine Million Augenblicke für die Demokratie“ auf dem Altstädter Ring. Heute könne man wirklich feiern, betonten die Veranstalter einleitend:

„Der Oligarch, Agent des kommunistischen Geheimdienstes StB, Betrüger im Bereich EU-Fördergelder und strafrechtlich verfolgte Premier, der in einem Interessenskonflikt steht, hat auch dank Ihnen allen die Abgeordnetenhauswahlen verloren.“

Jiří-Jakub Zevl | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Die Vertreter der Initiative forderten zur Suche nach einem demokratischen Kandidaten für das Staatspräsidentenamt auf. Die Präsidentenwahlen würden in 14 Monaten stattfinden, sagte der Vizevorsitzende der Initiative, Jiří-Jakub Zevl.

„In letzter Zeit werden die Namen mehrerer Kandidaten in den Medien erwähnt, darunter auch der von Andrej Babiš. Seine Kandidatur für das Präsidentenamt hätte für ihn selbst Sinn, da ihm immer noch Gefängnis droht. In 14 Monaten könnte er als Staatsoberhaupt weiterhin Immunität genießen. Die Rede ist jedoch nicht nur von Babiš, sondern auch von den ihm nahestehenden Ano-Mitgliedern. Außer diesen könnte sich zudem einer der Populisten oder Extremisten um das Präsidentenamt bewerben. Wir wissen aus den letzten Jahren, dass zwei Sachen wichtig sind: die Aktivitäten der Zivilgesellschaft und die Zusammenarbeit der Demokraten.“

Am 17. November wurde in Prag zudem für die Unterstützung politischer Gefangener in Belarus demonstriert | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International
Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Am 17. November wurde in Prag zudem für die Unterstützung politischer Gefangener in Belarus demonstriert. Dabei wurde eine Menschenkette gebildet, die vom Altstädter Ring bis zum Wenzelsplatz reichte. Jeder der Teilnehmer hielt das Foto eines politischen Gefangenen des Lukaschenko-Regimes in der Hand. Das Ziel war laut der Initiative „Tschechien-Belarus“, auf die „unsichtbaren“ unschuldigen Menschen aufmerksam zu machen, die wegen ihrer politischen Meinung oder Religion in Gefängnissen leiden. Swjatoslaw stammt aus Belarus und lebt seit einigen Jahren in Tschechien. Er war erfreut über die rege Teilnahme an der Solidaritätsaktion:

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Ich spüre, dass es den Tschechen nicht egal ist, sie sind nicht gleichgültig. Die Menschenkette besteht vorwiegend aus Tschechen, nicht aus Belarussen, die hier leben. Ich bin davon überzeugt, dass tschechische Politiker bei den Verhandlungen hart bleiben müssen. Lukaschenko ist ein Terrorist, und mit diesen darf man nicht verhandeln.“

An einigen Orten Prags wurde an den vor zehn Jahren verstorbenen Präsidenten Václav Havel erinnert. Im Café Slavia steht seit dem Mittwoch eine Büste des Politikers und Dramatikers. Sie ist ein Werk von Marie Šeborová. Platziert wurde die Büste auf dem dortigen Flügel. Senatspräsident Miloš Vystrčil (Bürgerdemokraten) sagte, er finde es wichtig, dass Václav Havel sowie weitere Persönlichkeiten, die im Ausland sehr bekannt sind, auch in Tschechien nicht vergessen werden.

Dagmar Havlová,  Michael Žantovský und Miloš Vystrčil mit der Büste Havels im Café Slavia | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Denn wenn wir sie vergessen würden, würden wir auch unsere Freiheit und Unabhängigkeit vergessen. Ich danke Ihnen allen, dass Sie an Havel erinnern und aktiv das weiterentwickeln, was uns die Wende von 1989 gebracht hat.“

Ins Café kamen auch Havels Frau Dagmar Havlová sowie der Leiter der Václav-Havel-Bibliothek, Michael Žantovský. Der Ehrenvorsitzende der Partei Top 09 Karel Schwarzenberg war in den 1990er Jahren Leiter von Havels Präsidialkanzlei. Über Havels Büste im Café sagte er gegenüber Radio Prag International:

Karel Schwarzenberg | Foto: Naděžda Zahálková

„Er war hier sehr oft in seiner Jugend, er hat hier auch seine Frau Olga kennengelernt. Es ist gut, dass an ihn gerade hier erinnert wird.“

Der irische Sänger und Gitarrist Glen Hansard sang anschließend im Café Slavia den Song „Havlíčku, Havle“, den der tschechische Liedermacher Jaroslav Hutka 1977 für den damals inhaftierten Havel schrieb.

schlüsselwort: