Nach Vojtěch-Vorschlag: Debatte um Impfpflicht in Tschechien wird lauter
Aufgrund der sich weiter verschlechternden epidemischen Lage ist auch in Tschechien die Diskussion um eine allgemeine Impfpflicht neu entbrannt. Am Montag unterbreitete der geschäftsführende Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos) den Vorschlag, diese für bestimmte Berufsgruppen sowie Menschen ab 60 Jahre einzuführen.
Die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen steigt in Tschechien weiter, die Sorgenfalten in den Krankenhäusern nehmen zu. Im Zentralen Krisenstab, der am Montag tagte, legte der geschäftsführende Gesundheitsminister Vojtěch daher einen neuen Gesetzentwurf auf den Tisch. Ihm zufolge müssen Arbeitnehmer, die im Gesundheits- und Sozialwesen tätig sind, im Rettungsdienst einschließlich der Feuerwehr, im Gefängnisdienst sowie bei der Armee, künftig gegen Corona geimpft sein. Diese Impfpflicht, die auch für Bürger ab 60 Jahre angedacht ist, soll ab dem 1. März 2022 in Kraft treten. Vojtěch begründete seinen Vorschlag so:
„Wenn wir verhindern wollen, dass Mitarbeiter dieser Berufsgruppen länger wegen Quarantäne oder häuslicher Isolation ausfallen, ist es aus unserer Sicht unabdingbar, dass diese Personen geimpft sind. Diese Meinung herrscht in der gesamten Regierung vor.“
Verdeutlicht werden muss: Dies ist die Meinung der geschäftsführenden Regierung von Premier Andrej Babiš (Ano), die ihre Arbeit bisher noch weiterführt. Denn das Kabinett des neuen Regierungschefs Petr Fiala (ODS), der seit Sonntag im Amt ist, wird von Präsident Miloš Zeman vermutlich erst Mitte Dezember ernannt. Der designierte Gesundheitsminister ist Vlastimil Válek von der Partei Top 09. Im Tschechischen Fernsehen sagte er zum Thema:
„Wir denken nicht, dass eine Impfpflicht der richtige Weg ist. Doch falls die Verbände dieser Berufsgruppen es selbst vorschlagen, wird diese Pflicht in den entsprechenden Fachbereichen eingeführt.“
Wie die Präsidentin des Verbandes der Krankenschwestern, Martina Šochmanová, erklärte, werde das Präsidium ihres Gremiums diesen Vorschlag unterstützen. Man sei sich durchaus bewusst, dass einige Schwestern deshalb kündigen könnten. Bei der Feuerwehr sind derzeit etwas über 2500 Mitarbeiter ungeimpft. Ein kleiner Teil von ihnen hat bereits auf das Vorhaben Vojtěchs reagiert: Diese Feuerwehrleute schrieben dem Generaldirektor ihres Verbandes, Vladimír Vlček, dass sie im Falle der Impfpflicht die Feuerwehr verlassen würden. Vlček aber schätzt die möglichen Abgänge als nicht sehr hoch ein:
„In anderen Staaten Europas, in denen die Impfpflicht eingeführt wurde – und das ist nicht nur Österreich –, überstieg der Anteil der Kündigungen bisher nirgends die Marke von 0,5 Prozent.“
Der neue Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus ist der Bürgerdemokrat Bohuslav Svoboda. Für ihn mache eine Impfpflicht eingeschränkt auf ausgewählte Berufsgruppen und Altersklassen wenig Sinn, so Svobodas Haltung, die er mit der aktuellen Infektionslage im Land begründet. Jetzt müsse man noch kompromissloser handeln, forderte er im Tschechischen Fernsehen:
„Auch wenn ich die ganze Zeit über gesagt habe, dass eine allgemeine Impfpflicht für mich unannehmbar ist, sind wir jetzt in einer anderen Situation. Denn wenn wir die aktuelle Welle der Pandemie mit der Impfung brechen wollen, dann müssen wir sie für die gesamte Bevölkerung zur Pflicht machen.“
Mit diesem Sinneswandel hat sich Svoboda mittlerweile von der vorherrschenden Meinung in seiner Partei entfernt. Partei- und Regierungschef Petr Fiala artikulierte seine Sicht zum Thema am Dienstag im Tschechischen Rundfunk so:
„Ich bin sehr vorsichtig mit der Impfpflicht. Ich bin überzeugt, dass noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, um die Menschen – gegebenenfalls auch mit Druck – davon zu überzeugen, sich impfen zu lassen.“
Auch Fiala will aber den Berufsgruppen, die von sich aus eine Impfpflicht wollen, keine Steine in den Weg legen. Seine Regierung würde dazu vielmehr die Rahmenbedingungen festlegen einschließlich der Verantwortlichkeit, wie die Einhaltung der dann geltenden Verordnung kontrolliert werden solle, so der neue Premier.