Kunst und Kartoffeln: Ausländische Studierende an der Prager Akademie der Bildenden Künste

Graphische Werkstätten der Prager Akademie der Bildenden Künste

Die Prager Akademie der Bildenden Künste wurde 1799 als die erste Kunstschule in den Böhmischen Ländern gegründet. In der Gegenwart bietet sie Hochschulbildung in verschiedenen Fächern an – darunter Malerei, Bildhauerei, Zeichnen und Graphik, aber auch Neue Medien und Restaurierung. Zum Studienaufenthalt nach Prag kommt regelmäßig auch eine große Zahl ausländischer Studierender. Martina Schneibergová hat die graphischen Werkstätten der Akademie besucht und mit einigen der Austauschstudierenden gesprochen.

Tobias Izso | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Die sogenannte Moderne Galerie der Akademie der Bildenden Künste befindet sich auf dem Prager Messegelände im siebten Stadtbezirk. In dem historischen Gebäude am Rande des Stromovka-Parks sind die graphischen Werkstätten untergebracht. In einem hellen Raum saßen am Nachmittag einige Studierende und arbeiteten an ihren Entwürfen. Unter ihnen war auch Tobias Izso. Hier ein Gespräch mit dem Kunststudenten:

Warum haben Sie sich für einen Studienaufenthalt in Prag entschieden?

Graphische Werkstätten der Prager Akademie der Bildenden Künste | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Ich studiere in Wien seit sechs Jahren bildende Kunst. Ich habe mich entschlossen, nach Prag zu gehen, weil es eine meiner Lieblingsstädte ist. Jetzt bin ich ein ganzes Jahr hier. Vorher war ich an der UMPRUM (Akademie für Kunst, Architektur und Design, Anm. d. Red.), habe jedoch hierher gewechselt und bin sehr froh über meine Entscheidung.“

Was studieren Sie an der Akademie?

„Ich studiere Bildhauerei, also Skulptur, und mache eigentlich dasselbe wie in Wien. Dort stand aber mehr Fotografie im Fokus.“

Graphische Werkstätten der Prager Akademie der Bildenden Künste | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Womit beschäftigen Sie sich gerade jetzt? Können Sie das für den Rundfunk beschreiben?

„Ich muss sagen, dass ich nie zuvor mit Druckgraphik gearbeitet habe. Deswegen bin ich sehr froh, an dem Workshop teilnehmen zu können. Ich arbeite viel mit dem Thema der Kultivierung von Kartoffeln. Das da ist eine Kartoffel mit Auswüchsen und Ranken. Wir haben ein längeres Projekt über Kartoffeln gemacht. Ich fand es sehr spannend, wie viele Missverständnisse es in der Geschichte zum Anbau der Kartoffeln gab.“

Nutzen Sie hier Techniken, die Sie zuvor nicht kannten?

Graphische Werkstätten der Prager Akademie der Bildenden Künste | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Meine Universität in Wien ist grundsätzlich ein bisschen anders ausgerichtet. Ich habe vorher nie Drucktechniken gemacht, dass ist hier viel stärker vertreten als in Wien. Das ganze System, wie die Uni aufgebaut ist, ist anders. Ich habe in Prag an der UMPRUM in der Bildhauereiklasse begonnen, war aber unzufrieden, dann habe ich in die Medienklasse gewechselt, die ich sehr gern hatte. Aber gekommen bin ich wegen Skulptur, da habe ich nochmal gewechselt und hier an der Akademie bin ich sehr zufrieden.“

Gegenüber Tobias saß Ronja Klug. Die Studentin aus Wien arbeitete an einem Entwurf am Computer. Auf die Frage nach den Gründen für das Erasmus-Studium in Prag antwortete sie:

Ronja Klug | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Eigentlich hat das mit meinem Privatleben viel zu tun gehabt, weil ich in Prag viele Freunde und Bekannte hatte. Ich arbeite gerade an einem Album-Cover, weil ich privat auch Musik mache. Demnächst wird mein zweites Album erscheinen. Ich habe ein Soloprojekt, das wie ich ,R o n i a‘ heißt. Der Fokus liegt auf dem Singen, aber auf dem Album spiele ich jedes Instrument selbst. Die Platte soll im Frühling nächsten Jahres erscheinen.“

Was studieren Sie in Wien?

„Ich studiere genauso wie Tobias an der Universität für Angewandte Kunst und bin dort in der Lehramtsklasse, als künstlerisches Lehramt.“

Graphische Werkstätten der Prager Akademie der Bildenden Künste | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Wie verbinden Sie die bildende Kunst mit der Musik?

„Es geht schon, auch dadurch, dass man Cover gestalten muss. Bisher hat mir meine Schwester dabei geholfen, weil sie auch bildende Künstlerin ist. Jetzt will ich mich selbst daran trauen.“

Von Prag kehren Sie an die Uni in Wien zurück oder haben Sie andere Pläne?

„Ich überlege gerade, ob ich nicht in Prag bleiben möchte. Aber ich weiß nicht, wie sich das mit meinem Lehramtsstudium verbinden ließe.“

Albert Gouthier | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Albert Gouthier stammt aus Dresden. Er war gerade dabei, zu drucken:

Woran arbeiten Sie gerade jetzt?

„An der Lithographie. Ich bin beim sechsten Druck, es werden noch vier weitere folgen. Es ist eine kleine Auflage. Ich probiere verschiedene Techniken aus, die ich im letzten Monat gelernt habe. Dies ist beim Erasmus in Prag eine meiner neuen Erfahrungen. Allerdings arbeite ich schon länger graphisch, weil seit ich denken kann zeichne.“

Was hat Sie zum Studium nach Prag gezogen?

Graphische Werkstätten der Prager Akademie der Bildenden Künste | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Ich studierte in Dresden, und studiere dort auch weiterhin, ich habe dort Zeit meines Lebens gewohnt. Ich habe mir gesagt, ich möchte ein Stückchen rauskommen. Prag kannte ich schon, ich habe hier auch einige Bekannte. Es hat mir hier immer sehr gut gefallen. Es ist eine sehr lebendige, wunderschöne Stadt. Ich habe hier bisher fast nur positive Erfahrungen gemacht, also wollte ich mehr Zeit an diesem Ort verbringen.“

Sie haben gesagt, dies seien für Sie neue Techniken gewesen. Womit haben Sie sich in Dresden beschäftigt?

Gebäude der Modernen Galerie der Prager Akademie der Bildenden Künste | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Das war zuletzt größtenteils experimentelle Malerei: Öl auf Leinwand, in der Anwendung ein bisschen außergewöhnlich, ausgefallen. Ich probiere dafür verschiedene Malmittel aus. Ich male mit meinen Händen und präpariere die Leinwände unterschiedlich, um verschiedene Effekte zu erzielen. Ich habe in Dresden eine abstrakte Malerei entwickelt, habe aber da ein bisschen auf Stein gebissen. Da war es ganz schön, einen Ausflug nach Prag zu machen und hier eine neue Sicht darauf zu bekommen. Ich bin hier bewusst in keine Malereiklasse gegangen und besuche eine Neue-Medien-Klasse. Ich habe hier eine andere Schiene verfolgt und meine musikalische und klangkünstlerische Ader weiter ausgebaut. Und ich habe damit begonnen, auch Videoarbeiten und digitale Kunst zu machen. Die Druckwerkstatt ist ein wunderbarer Ausgleich, weil ich sonst mit Computer und Elektronik zu tun habe. Hier kann ich ein analoges, altertümliches Verfahren anwenden. Trotzdem finde ich sehr erfrischend, was dabei herauskommt.“

Worin besteht der große Vorteil der analogen Verfahren?

Graphische Werkstätten der Prager Akademie der Bildenden Künste | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Der große Vorteil ist, dass man seine Hände benutzt, etwas im Stehen macht und sich zwischendrin die Hände dreckig macht und ins Schwitzen gerät. Das ist einfach ein Aspekt meiner Kunst, die ich sehr mag. Ich schätze sehr, dass es körperliche Arbeit ist. Ich würde nicht sagen, dass man das nur hier so macht. In Dresden haben wir auch sehr schöne Druckwerkstätten und auch eine große Tradition, was das angeht. Es ist nicht verloren, dass man mit den Händen arbeitet. Aber für mich ist es hier eine schöne Erfahrung nebenbei für die Seele.“

Tal Sharon stammt aus Israel, wo sie an der Bezal'el-Akademie für Kunst und Design in Jerusalem studiert. Vor vier Monaten begann ihr Studienaufenthalt an der Prager Akademie der bildenden Künste.

Tal Sharon  (rechts) | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Ich war schon immer von der tschechischen Kultur fasziniert. Ich habe mir die Webseite der Akademie angeschaut und fand die Schule interessant und experimentell. Zu Hause studierte ich graphisches Design. Ich wollte mehr künstlerische Erfahrungen sammeln. Da dachte ich, dass die ,AVU‘ der richtige Platz für mich ist. Es ist fantastisch, diese mehr als einhundert Jahre alten Druckmaschinen zu sehen und sie benutzen zu können. Die Dozenten hier kennen sich so gut mit den Drucktechniken aus, die Arbeit ist wirklich mitreißend.“

Nach dem Studienabschluss in Jerusalem wolle sie im Bereich Game Design arbeiten, fügte Tal hinzu, als sie sich gerade über einer der historischen Pressen  beugte.

Magdalena Vovsová  (links) | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Von einem der Studierenden zum anderen geht immer wieder Magdalena Vovsová, um sich die Arbeiten anzuschauen und die Nachwuchskünstler zu beraten. Die Dozentin leitet die graphischen Werkstätten. Sie macht auf die unübersehbaren großen Maschinen aufmerksam.

„Wir sind sehr stolz darauf, dass wir hier historische Maschinen haben. Die meisten wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hergestellt und alle funktionieren immer noch gut. Viele wurden in der Fabrik von Karl Krause in Leipzig konstruiert. Er produzierte seiner Zeit die besten Maschinen für das graphische Gewerbe weltweit. Krause stellte nicht nur Tiefdruckpressen her, sondern auch Steindruckpressen und Papierschneidemaschinen – einfach alles, was man bei der Buchproduktion gebraucht hat.“

Gebäude der Modernen Galerie der Prager Akademie der Bildenden Künste | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International
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