Bäuerin im Minirock: Verfälschte Malereien am Orloj in Prag entdeckt
Offenbar schon seit mehreren Jahren blicken die Besucher von Prag bei einer der beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt auf verfälschte Malereien. Am Orloj, der astronomischen Uhr am Altstädter Rathaus, hängt seit den umfassenden Restaurationsarbeiten 2018 eine damals neu in Auftrag gegebene Kopie der Kalenderscheibe von Josef Mánes. Nun wurde festgestellt, dass diese nicht dem Original entspricht.
Der Prager Milan Patka geht mit offenen Augen durch seine Heimatstadt. Zum Glück, denn unlängst entdeckte er, dass mit der astronomischen Uhr am Altstädter Rathaus etwas nicht stimmt. Auf der kupfernen Kalenderscheibe befinden sich Malereien, die es dort früher nicht gab. Als langjähriges Mitglied des „Klubs für das alte Prag“ (Klub za starou Prahu) kenne er sich mit der Geschichte des Orloj und dessen Originalzustand aus, betont Patka im Gespräch mit Radio Prag International:
„Zum Glück hatte ich zu Hause noch einen Wandkalender von 2002 mit großformatigen Fotografien der ursprünglichen Darstellung von Mánes. Zudem gibt es im Internet eine sehr genaue Fotodokumentation des Archivs vom Magistrat. Damit habe ich alles verglichen.“
So kam Patka darauf, dass den Pragern einige verfälschte Darstellungen untergejubelt wurden:
„Am Orloj wurden zehn Gesichter verändert. Sie sind klein, also muss man da genau hinsehen. Dann gibt es aber noch größere Darstellungen, wie ein Liebespaar neben einem Heuhaufen oder eine Bäuerin im Minirock. Dies fällt einem gleich ins Auge, schon von der Mitte des Platzes aus.“
Außerdem seien auf dem Monatsbild für den Oktober fallende Blätter zu sehen, die eigentlich in den November gehörten, so Patka weiter.
Josef Mánes hatte 1866 die Kalenderscheibe für den Orloj angefertigt. Schon 1882 war diese aber ins Museum der Hauptstadt Prag verlegt und durch eine Kopie ersetzt worden. Seit 1945 hing am Turm dann eine Scheibe des Malers Otakar Číla, die sich in Details aber schon deutlich von der Vorgabe von Mánes unterschied und durch Wettereinflüsse in desolatem Zustand war. Darum wurde sie 2018 durch eine neu angefertigte Kopie ausgetauscht.
Für diese wurde der ausgebildete Maler Stanislav Jirčík engagiert. Als Vorlage dienten ihm Fotos der originalen Kupferplatte von Mánes. An diese scheint er sich offenbar kaum gehalten zu haben. Das Ergebnis entspreche jedenfalls nicht der Auftragsvergabe, so Patka:
„In dem Gesetzesbeschluss des Denkmalschutzamtes beim Magistrat ist direkt festgehalten, dass ein Bestandteil der umfassenden Sanierung des Turms und der astronomischen Uhr die Anfertigung einer neuen Kupfertafel sein soll mit einer Kopie der ursprünglichen Malereien. Ich nehme an, dass diesen Beschluss auch der Besitzverwalter des Magistrats kennt sowie die zuständige Firma für die Sanierungsarbeiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass im Auftrag an Herrn Jirčík steht, er könne malen, was er wolle.“
Während der Sanierungsarbeiten sei der Entwurf für die Kalenderscheibe sowohl von Denkmalschützern als auch von weiteren Fachleuten begutachtet worden, informierte der Sprecher des Magistrats, Vít Hofman, die Presseagentur ČTK am Donnerstag. Die Stadtführung erwägt nun eine Umarbeitung der Platte oder eine komplette Neuanfertigung durch jemand anderen. Patka jedenfalls ist an einer baldigen Lösung gelegen:
„Ich habe eine 18-seitige Expertise geschrieben für die Denkmalinspektion des Kulturministeriums. Dies ist das höchste Denkmalschutzorgan, das auch eine eventuelle Entscheidung des Prager Denkmalschutzamtes aufheben kann. Jetzt hängt alles davon ab, was sie befinden.“