Fachkonferenz, Konzerte und ein Taufbecken: Tschechien feiert Mendel, den Vater der Vererbungslehre
Kein Schulkind kommt im Biologieunterricht um sie herum – die Vererbungslehre, die Gregor Johann Mendel begründet hat. Vor genau 200 Jahren kam der spätere Naturforscher und Ordenspriester zur Welt – und zwar im damaligen schlesischen Heinzendorf, einem Teil der heutigen tschechischen Gemeinde Vražné / Petersdorf. Seine Forschungen wiederum betrieb Mendel im südmährischen Brno / Brünn. Deswegen wird in Tschechien in diesen Tagen der runde Geburtstag intensiv gefeiert.
Die Gemeinde Vražné liegt rund 40 Kilometer südwestlich von Ostrava / Ostrau. Dort ist man stolz, einen solch berühmten Sohn zu haben. Am 20. Juli 1822 erblickte Gregor Johann Mendel im heutigen Ortsteil Hynčice / Heinzendorf das Licht der Welt. Seine Eltern waren Kleinbauern.
Die jetzigen Feiern im Geburtsort werden vier Tage lang dauern. So wird am Donnerstag dort zum Beispiel eine Oper zu hören sein, die extra zum 200. Geburtstag von Mendel komponiert wurde. Gabriela Grzegorzová (parteilos) ist Bürgermeisterin von Vražné:
„Der Titel der Oper lautet ‚Magnum mysterium – Weltliches und Heiliges aus dem Leben von Gregor Mendel‘. Sie wird in seinem Geburtshaus in Hynčice uraufgeführt, und zwar unter Leitung des Komponisten Miloš Štědroň.“
Für die 850-Seelen-Gemeinde ist die Feier ein Großereignis. Deswegen hat man sich auch in Kosten gestürzt, wie die Bürgermeisterin in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks am Mittwochmorgen weiter ausführte…
„Am Samstag wird das komplett restaurierte Taufbecken enthüllt. Seine Teile wurden im Pfarrgarten gefunden. Wir haben sie mit Unterstützung des Kreises Mährisch-Schlesien wieder zusammensetzen lassen“, so Grzegorzová.
Es ist das Becken, in dem Mendel in der örtlichen Peter-und-Paul-Kirche getauft wurde. In seinem Geburtsort blieb er bis zum Abschluss der Volksschule. Weil er aber ein herausragender Schüler war, durfte er aufs Gymnasium in Opava / Troppau wechseln, in dem mittlerweile das Landesarchiv untergebracht ist. In der Stadt wurde vor 30 Jahren das Gymnasium nach dem Forscher benannt. Dessen Rektorin Monika Klapková verweist darauf, wie sich Mendel 1850 und 1856 darum bemühte, zur Prüfung fürs Lehramt in Wien zugelassen zu werden. Doch trotz seiner vorherigen umfangreichen Studien an den Universitäten in Olomouc / Olmütz und Brünn scheiterte er. Das brachte ihn aber letztlich auf den Weg der Erkenntnis. Denn ab da widmete er sich systematisch der Vererbung bei Erbsen.
„Weil Mendel in der Prüfung keinen Erfolg hatte, beschäftigte er sich mit einem neuen Gebiet, nämlich der Mathematik. Und genau da liegt die Genialität seiner Versuche mit der Kreuzung von Erbsen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte noch kein Biologe die Mathematik genutzt. Erst als er statistische Gesetze hinzuzog, kam ihm die Idee, Erbsen miteinander zu kreuzen. Er kultivierte mehrere Tausend Erbsenpflanzen und gelangte so zu seinen Erkenntnissen“, sagt Monika Klapková.
Das alles geschah im Garten der Augustiner-Abtei St. Thomas in Brünn. Und natürlich wird dem Forscher ebenso in der mährischen Metropole gehuldigt. Die Feierlichkeiten dort wurden am Sonntag bereits mit einem festlichen Gottesdienst eingeleitet. Eine ganze Woche lang steht Gregor Mendel im Mittelpunkt des Geschehens in Brünn. Neben Konzerten und Ausstellungen findet auch eine Fachkonferenz statt. Über 400 Wissenschaftler werden dabei über die heutige genetische Forschung diskutieren. Jakub Carda leitet den Verein Společně (Gemeinsam) und hat diese Zusammenkunft kluger Köpfe organisiert:
„Das ist außergewöhnlich für tschechische Verhältnisse. Noch nie haben gleich drei Nobelpreisträger an einer solchen Veranstaltung hierzulande teilgenommen. Und mindestens zehn weitere Vortragende bewegen sich auf demselben Niveau. Es handelt sich wirklich um die wissenschaftliche Welt-Elite. Sie sind auch gekommen, um Gregor Mendel zu ehren.“
Bei seinen Zeitgenossen fand Gregor Johann Mendel aber noch keine Anerkennung. 1884 starb er ohne angemessene Würdigung. Erst als im Jahr 1900 weitere Biologen zu ähnlichen Ergebnissen kamen wie der Ordenspriester, wurde klar, welch fundamentale Bedeutung seine Forschungen hatten.