Good Old Czechs: Piloten-Odyssee durch Europa im Zweiten Weltkrieg

Sie sind zwei der legendären tschechoslowakischen Piloten: František Fajtl und Filip Jánský kämpften im Zweiten Weltkrieg zuerst in Frankreich, dann in der britischen Luftwaffe und schließlich an der Ostfront gegen das nationalsozialistische Deutschland. Ihre Geschichte erzählt der neue Dokumentarfilm „Good Old Czechs“.

Supermarine Spitfire LF Mk.IXE,  1945 in Nationales Technisches Museum | Foto: Barbora Němcová,  Radio Prague International

Während des Zweiten Weltkriegs dienten fast 2500 tschechoslowakische Flieger in der Royal Air Force (RAF). Zwischen Juli 1940 und Mai 1941 wurden insgesamt vier tschechoslowakische Geschwader innerhalb der RAF gebildet, davon drei Jagdgeschwader und ein Bombergeschwader. Zudem wurden tschechoslowakische Piloten britischen Staffeln zugeteilt.

Der abendfüllende Film „Good Old Czechs“ basiert auf den Erinnerungen von zwei dieser Piloten, František Fajtl und Filip Jánský. Ausschnitte aus ihren Memoiren, gelesen von zwei Schauspielern, werden von Aufnahmen aus Filmarchiven begleitet.

Gemacht wurde der Streifen vom Dokumentarfilmer Tomáš Bojar:

„Ganz am Anfang stand mein Opa, Karel Zelený. Er hat selbst während des Zweiten Weltkriegs in England als Meteorologe gedient. Sein Weg dorthin war – ähnlich wie bei den Protagonisten – recht dramatisch und führte über Italien, die Schweiz und Frankreich.“

Welligtons des 311. Bombardierungsgeschwaders | Foto: public domain

Der Großvater habe ihm oft über seine Erlebnisse in Großbritannien erzählt, fährt Bojar fort:

„Als ich etwa zwölf Jahre war, hat er mir ein Memoiren-Buch von František Fajtl geschenkt. Ich habe es gelesen, und das Buch hat mich verzaubert. Es hat eine dokumentarische Qualität. General Fajtl war ein sehr sensibler und präziser Beobachter der Welt. Er beschrieb sehr bunt viele Details, lieferte aber auch seine tiefere Reflexion der Dinge. Und auch Humor ist darin, das ist für mich extrem wichtig.“

Tschechische Piloten im Zweiten Weltkrieg

Filip Jánský | Foto: NOW Productions

Der Film war zunächst zum 80. Jubiläum der Schlacht um Großbritannien geplant, das 2020 begangen wurde. Schließlich hat man aber weiter daran gearbeitet und ihn erweitert, so dass der Zuschauer bis nach Russland geführt wird. Petr Soukup ist der Produzent des Streifens:

„Wir hatten einmal die Möglichkeit, mit den noch lebenden Jagdpiloten zusammenzutreffen. Auf den Flughafen in Kbely kamen alte Männer, die nur schwer gehen konnten, aber alle haben sich in die Spitfire dort gesetzt. Das hat uns sehr beeindruckt und wir haben uns gesagt, wir möchten einen Film über diese Menschen machen. Allerdings wollten wir nicht, dass darin Experten über historische Daten berichten. Wir wollten die Piloten so zeigen, wie sie damals waren, als junge Männer, die eine Entscheidung getroffen und ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben.“

František Fajtl | Foto: NOW Productions

Filip Jánský war mit siebzehn Jahren ein absoluter Neuling. Er musste eine Ausbildung absolvieren, um bei der Luftwaffe dienen zu können. Mit bürgerlichem Namen hieß er Richard Husmann und veröffentlichte nach dem Krieg unter dem Pseudonym Filip Jánský mehrere beachtete Romane. Darunter war auch der Titel „Nebeští jezdci“ (Die Ritter des Himmels), der 1968 erfolgreich verfilmt wurde. Der 1912 geborene Fajtl war bereits vor dem Krieg ein professioneller Militärpilot. Als Jagdflieger im Vereinigten Königreich gehörte er der 313. tschechoslowakischen RAF-Staffel an, 1942 wurde er Kommandeur der britischen 122. Staffel und war damit der erste Tscheche und wahrscheinlich der erste Ausländer überhaupt, der eine britische Jagdstaffel anführte.

Bescheidene Helden

Ihren Büchern lasse sich entnehmen, wie bescheiden und normal die beiden waren, betont Filmregisseur Bojar. Sie hätten sich als Helden verhalten, hätten aber keine große Sache daraus gemacht, meint der Regisseur. Im Film legt er eigentlich eine Art inneres Tagebuch von Fajtl und Jánský vor:

Tomáš Bojar | Foto: Ondřej Tomšů,  Radio Prague International

„Der Film ist eine Erzählung aus ihrer Perspektive. Sie beobachten die Welt um sich herum und nehmen uns mit durch das Europa im Krieg. Der Weg von General Fajtl führte über Polen und Frankreich nach England. Filip Jánský, damals 17 Jahre alt, unternahm einen frechen Streich: Er ging über Deutschland nach Frankreich. Es scheint unglaublich, dass dies 1939 gelingen konnte. Er schrieb selbst, er habe sich entschieden, vor den Deutschen nach Deutschland zu fliehen. In Frankreich waren beide dann Zeugen des Kollapses der französischen Armee.“

Und die beiden waren tief enttäuscht über die geringe Kampfbereitschaft der Franzosen:

Münchener Konferenz am 29.9.1938 im Führerbau am Königsplatz in München,  v. l. n. r.: Benito Mussolini,  Adolf Hitler,  Edouard Daladier,  Dolmetscher Legationsrat Dr. Paul Schmidt  (hinten) | Foto: Heinrich Hoffmann,  Bundesarchiv,  Bild 146-1971-041-31,  CC BY-SA 3.0

„Sie haben das als große Erniedrigung wahrgenommen. Genauso wie zuvor die Akzeptanz des Münchner Abkommens und die Besetzung der Tschechoslowakei am 15. März 1939. Als sie nach Großbritannien kamen, waren sie vom dort herrschenden Churchillschen Geist begeistert: Alle hätten gegen das Böse kämpfen wollen, niemand sei zurückgewichen und jeder habe getan, was nötig war.“

Auf ihrem Weg durch den Krieg hätten die Soldaten selbst als Dokumentaristen beziehungsweise Anthropologen die Umgebung betrachtet und alles Mögliche, dem sie begegneten, beschrieben. Benannt werden dabei auch scheinbar banale Dinge und Details, wie etwa die Besessenheit der Engländer vom Tee, schildert Bojar.

Gesprochene Memoiren und Bilder aus Filmarchiven

Die gesprochenen Memoiren ergänzen zum Großteil schwarz-weiße und in einigen Fällen auch farbige Film-Bilder aus etwa einem Dutzend europäischer Archive. Von hoher Qualität war das Material aus dem tschechischen Nationalen Filmarchiv: Der Regisseur Jiří Weiss hat während des Krieges RAF-Piloten dokumentiert und sie in Zusammenarbeit mit einem britischen Kameramann sogar in der Luft gefilmt. Er zeigte aber auch das Alltagsleben der Soldaten, wenn sie zum Beispiel im Meer badeten. Die Sequenzen von Weiss sind ziemlich lang. Aus ausländischen Archiven stammen hauptsächlich Kurzaufnahmen, die damals im Kino gezeigt wurden. Einen Riesenanteil am Film Old Good Czechs habe der Cutter Šimon Špidla, betont Regisseur Bojar:

„Es ist eine besondere Alchemie. Es wäre ein Fehler, einen Text, eine Geschichtslinie aufzubauen und nur Illustrationsbilder dazu auszusuchen. Gleichzeitig darf man aber nicht ganz abstrakt sein und die Zusammenhänge ignorieren. Das Vorgehen lässt sich schwer beschreiben, wir haben es im Schneideraum eher gesucht. Der Film enthält die Texte, die Archivaufnahmen sowie die Musik, die von grundlegender Bedeutung ist.“

Illustrationsfoto: Ukrainisches Verteidigungsministerium

Der letzte Schnitt im Film wurde am 24. Februar dieses Jahres gemacht, dem ersten Tag der Aggression Russlands gegen die Ukraine:

„An dem Tag, als die russischen Panzer die Grenze überschritten, haben wir uns mit Schrecken den Film angeschaut und uns gefragt, wie relevant er nun wird, wie er im neuen Kontext wirken wird. Am nächsten Tag haben wir ihn auf Leinwand gesehen und stellten mit Erleichterung fest, dass wir nichts ändern müssen. Der Film basiert auf der Haltung der beiden Männer. Die Haupthelden sind klar davon überzeugt, dass so etwas wie ein gerechter Krieg und eine gerechte Verteidigung existiert, dass der Pazifismus nicht unter allen Umständen eine richtige Haltung sein kann. Gleichzeitig tritt im Laufe der Zeit eine gewisse Ermüdung auf, der Wunsch, dass dieser abscheuliche Krieg zu Ende geht. Es gibt auch Überlegungen über die Absurdität der Situation, und existenzielle Fragen werden gestellt.“

Good Old Czechs ist ein Dokumentarfilm. Trotzdem schafft er es, den Zuschauer in die Handlung hineinzuziehen und – den ersten Reaktionen nach – sogar zu Tränen zu bringen.

Der Film ist am 15. September in die tschechischen Kinos gekommen. Er soll bald auch auf Festivals im Ausland gezeigt werden.

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