Soziale Unterschiede zwischen Schülern vertieft: Schulinspektion untersucht Folgen des Distanzunterrichts

Der Distanzunterricht während der Corona-Pandemie hat den Kindern und Jugendlichen in Tschechien nicht so sehr geschadet, wie bisher angenommen wurde. Zu dieser Erkenntnis kommt die hiesige Schulinspektion, die einen umfassenden Test in den verschiedenen Schultypen durchgeführt hat.

Onlineunterricht | Foto: Artem Podre,  Pexels

Die gute Nachricht ist, dass offenbar auch beim Onlineunterricht der Lehrstoff in ausreichendem Umfang vermittelt werden kann. Allerdings hat die Corona-Pandemie die Unterschiede, die es schon vorher zwischen den Schülern aus den reicheren Gegenden Tschechiens und denen aus ärmeren Regionen gab, noch vertieft. Dies hat die tschechische Schulinspektion herausgefunden, indem sie im Mai und Juni dieses Jahres die fünften und neunten Klassen fast aller Schulen im Land getestet hat, und zwar in den Fächern Mathematik und Tschechisch.

Die älteren Schüler erbrachten dabei fast die gleichen Leistungen wie 2017. Die Jüngeren hingegen waren aktuell etwas besser in Mathematik und etwas schlechter in Tschechisch. Allerdings wurden bei der landesweiten Überprüfung nicht auch jene Fähigkeiten abgefragt, die unter den Einschränkungen der Pandemie am meisten gelitten haben – so etwa Geometrie, Lesen, mündlicher Ausdruck oder soziale Kompetenz. Generalschulinspektor Tomáš Zatloukal erklärt das so:

„Dies ergibt sich aus der Aufstellung der Schulen, die sich an die neuen Bedingungen der Pandemie anpassen mussten, ohne damit vorher Erfahrungen zu haben.“

Tomáš Zatloukal | Foto: Kateřina Cibulka,  Tschechischer Rundfunk

Bei Schülern, die generell schwierigere Bildungsvoraussetzungen haben, habe sich eine deutliche Verschlechterung der Leistungen gezeigt, so Zatloukal weiter:

„Dies sind vor allem Kinder aus größeren Familien, die sich einen Computer für den Unterricht teilen mussten. Oder die gar keinen Internetzugang hatten und die Unterlagen immer abholen und wieder abgeben mussten. In diesen Fällen war das Lernen wesentlich weniger effektiv.“

Nach der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichtes in Tschechien stellte das Bildungsministerium den Direktoren dann Geld für Nachhilfeprogramme zur Verfügung. Und in 400 ausgewählten Schulen wurden weitere Mittel in Höhe von zwei Milliarden Kronen (82 Millionen Euro) investiert, um Kinder aus sozial benachteiligten Familien besonders zu unterstützen.

Vladimír Balaš  (rechts) | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

Aber auch in reicheren Regionen Tschechiens gab es Schulen, die beim Test der Schulinspektion schlechter abschnitten als erwartet. Dies war etwa der Fall in Brno / Brünn oder in Kutná Hora / Kuttenberg. Bildungsminister Vladimír Balaš (Stan) begründet dies mit einem Mangel an Fachlehrern:

„In Prag und in Brünn herrscht auf dem Arbeitsmarkt eine größere Konkurrenzlage. Dort gibt es für Absolventen der Pädagogik auch attraktivere Angebote, als an eine Schule zu gehen. Das ist zum Beispiel in Zlín anders, und darum arbeiten dort mehr qualifizierte Lehrer an den Schulen.“

Und somit seien die Testergebnisse im Kreis Zlín dann auch besser ausgefallen, als es für diese eher ärmere Region erwartet worden war, berichtet Schulinspektor Zatloukal, und zieht sogleich eine Schlussfolgerung:

„Es gibt also auch Schüler, die zwar aus sehr schwierigen Familienverhältnissen kommen, aber gute Lernergebnisse zeigen. Der Grund könnte sein, dass sie eine Schule mit einem durchschnittlich höheren sozioökonomischen Profil besuchen. Dies wirkt sich stark auf ihre Bildungserfolge aus und ist darum ein Argument für die Bildung heterogener Klassen anstatt homogener.“

An dem Test der Schulinspektion im Frühsommer dieses Jahres haben insgesamt etwa 110.000 Schülerinnen und Schüler in ganz Tschechien teilgenommen.

Autoren: Daniela Honigmann , Iva Vokurková
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