„Gemeinsame Interessen“ – Tschechiens Abgeordnetenhaus-Chefin leitet Rekorddelegation in Taiwan

Taipeh

Eine Rekord-Delegation tschechischer Unternehmer landet am Sonntag in Taiwan. Die Abgeordnetenhauschefin Markéta Pekarová Adamová (Top 09) hat rund einhundert Wirtschaftsbosse eingeladen, sie und ihre Kollegen auf der Reise zu begleiten – und das trotz Protesten aus China.

Markéta Pekarová Adamová | Foto: Jana Přinosilová,  Tschechischer Rundfunk

Am Dienstag ist die Vorsitzende des tschechischen Abgeordnetenhauses, Markéta Pekarová Adamová, zusammen mit sechs weiteren Parlamentariern und einer kleineren Wirtschaftsdelegation nach Ostasien aufgebrochen. Zunächst steht ein Besuch in Südkorea an. Ab Sonntag folgt dann eine viertägige Visite Taiwans. Dort erhöht sich die Zahl der tschechischen Unternehmer im Schlepptau der Politiker auf die Rekordhöhe von etwa 100. In einem Interview für Radio Prag International bezeichnete Pekarová Adamová den Besuch des Inselstaats als „historisch“. Und weiter sagte sie:

„Wir reisen dorthin, um die Verbindung zwischen unseren Ländern zu stärken. Tschechien und Taiwan haben viel gemeinsam. Unsere Gesellschaften gründen auf den gleichen Werten wie dem Respekt vor Menschenrechten, Freiheit und Demokratie. Zugleich kooperieren wir auf wirtschaftlicher Ebene. Denn taiwanesische Investitionen sind wichtig für Tschechien. Und diese Kooperation wollen wir fortsetzen.“

Der bedeutendste Investor aus Taiwan hierzulande ist Foxconn. Das Unternehmen gilt als weltgrößter Hersteller von Elektronik- und Computerteilen und betreibt je eine Fabrik in Pardubice / Pardubitz und in Kutná Hora / Kuttenberg. Fast 5000 Menschen sind bei Foxconn in Tschechien beschäftigt.

Gegen die Reise der tschechischen Delegation nach Taiwan hat allerdings China im Vorfeld heftig protestiert. Aus Peking kam die Aufforderung, den Besuch abzusagen. Regelmäßig mischt sich die Volksrepublik ein, wenn es zu offiziellen Kontakten zwischen Prag und Taipeh kommt. Denn China betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als eigenen Landesteil. Die tschechische Abgeordnetenhauschefin will sich davon aber nicht beeindrucken lassen…

Illustrationsfoto: Magnascan,  Pixabay,  CC0 1.0 DEED

„Eine solche Reaktion haben wir alle erwartet. Für China ist es wichtig, seine Haltung zu Taiwan zum Ausdruck zu bringen. Aber wir machen unsere eigene Außenpolitik. Und ich will betonen: Die Tschechische Republik wird niemals der Politik anderer Länder folgen, sondern nur der eigenen. Unsere Außenbeziehungen bestehen aus vielen Puzzleteilen. Eines davon ist der Wille, mit anderen demokratischen Staaten zu kooperieren“, sagt Pekarová Adamová.

Tatsächlich liegen die taiwanesischen Investitionen in Tschechien deutlich höher als die chinesischen. Zwischen 1993 und 2021 betrugen erstere rund 18 Milliarden Kronen (760 Millionen Euro). Die Investitionen aus der Volksrepublik lagen hingegen um ein Drittel niedriger, also bei 12 Milliarden Kronen (510 Millionen Euro).

Als Handelspartner ist hingegen China wichtiger. Laut dem Statistikamt lagen die tschechischen Exporte dorthin im vergangenen Jahr bei fast 44 Milliarden Kronen (1,86 Milliarden Euro), jene nach Taiwan aber nur bei 7 Milliarden Kronen (300 Millionen Euro). Beide Zielländer haben jedoch im Gesamten nicht die größte Bedeutung für Tschechien, da zwischen 80 und 90 Prozent des Handels innerhalb der EU abgewickelt wird.

Doch die Politiker in Prag wollen die Wirtschaftsbeziehungen diversifizieren. Und gerade Taiwan könnte laut der Abgeordnetenhauschefin da eine bestimmte Rolle zukommen:

„Für unsere Industrie sind Halbleiter und Computer-Chips sehr wichtig. Derzeit ist zu sehen, welcher Schaden bei unseren Firmen entsteht, wenn diese Komponenten fehlen. Denn Tschechien baut auf den Automobilsektor. Deswegen ist dieser Bereich eine unserer Prioritäten. Zugleich würde ich gerne in der Zusammenarbeit unserer Wissenschaftler und Universitäten fortfahren. Viele tschechische Hochschüler könnten für einen Studienaufenthalt nach Taiwan gehen. Der Erwerb des Knowhows ist nicht nur wichtig für Hightech-Bereiche wie etwa die Halbleiterproduktion, sondern auch für IT und künstliche Intelligenz.“

Der aktuelle Besuch hat zwar bilateralen Charakter, aber auch innerhalb der EU hält Markéta Pekarová Adamová eine Annäherung an Taiwan für wünschenswert.

Miloš Vystrčil | Foto: Barbora Navrátilová,  Radio Prague International

„Ich wäre sehr froh, wenn andere Länder wie die Partner in der EU unserem Beispiel folgen würden. Tschechien geht in den Beziehungen zu Taiwan voran, und wir sind erfreut über das Niveau unseres bilateralen Verhältnisses.“

Den Startschuss für die guten Kontakte bildete im Spätsommer 2020 eine erste Reise, die der tschechische Senatsvorsitzende, Miloš Vystrčil (Bürgerdemokraten), zusammen mit Wirtschaftsvertretern unternahm.

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