Schloss Úholičky: Adelsresidenz im Restaurierungsprozess
Die Gemeinde Úholičky liegt etwa zwölf Kilometer nordwestlich von Prag. Zum Schloss und einem herrlichen Park sind es von der Bushaltestelle nur ein paar Schritte.
Die erste schriftliche Erwähnung der Gemeinde Úholičky stammt von 1603. Die Besitzer des gleichnamigen herrschaftlichen Gutes, zu dem das Dorf gehörte, wechselten verhältnismäßig oft im Laufe der Jahrhunderte. Rund 150 Jahre lang gehörte Úholičky daher der Fürstenfamilie Liechtenstein. 1803 verkaufte Alois von Liechtenstein aber das Gut. Und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann die Familie Waldstein mit dem Umbau der Residenz in Úholičky in ein kleines Schloss. 1901 habe dann Agrarunternehmer Josef Wohanka das Gut gekauft, erzählt Petr Svoboda. Seit mehr als 20 Jahren ist er Schlossherr von Úholičky.
„Wohankas Vorhaben war es, genügend Felder für den Zuckerrübenanbau zu haben. Zudem wollte er den Zuckerrübensamen veredeln, um höhere Erträge zu erreichen. Im Dorf gab es damals dafür genügend Felder. Er ließ auch ein Labor erbauen, in dem an der Veredelung des Zuckerrübensamens gearbeitet wurde. Josef Wohanka ließ das Schloss in einen repräsentativen Sommersitz umgestalten. Mit dem Umbau beauftragte er Architekt Richard Klenka von Vlastimil. Er war damals Professor an der Prager Hochschule für Kunstgewerbe. 1903 begann Klenka mit dem letzten Umbau des Schlosses, und zwar im Neorenaissancestil. Die Bauarbeiten wurden 1910 beendet.“
Josef Wohanka übergab 1922 Úholičky seinen Söhnen Miloš und Vladimír. 1947 verkaufte Miloš seinen Anteil seinem Bruder. Vladimír sei knapp zwei Jahre lang Besitzer von Úholičky gewesen, erzählt Petr Svoboda.
„Nach dem kommunistischen Umsturz wurde das Gut schon im Juni 1948 unter Zwangsverwaltung gestellt. 1949 wurde das ganze Areal an die tschechoslowakischen Staatsgüter und anschließend an die landwirtschaftliche Genossenschaft Úholičky übertragen. Das Schloss, das sich inzwischen in einem desolaten Zustand befand, wurde 1960 dem Nationalen Technikmuseum zur Verfügung gestellt. Dieses sollte dort seine Sammlungen aufbewahren. Das war jedoch wegen des erbärmlichen Zustands des Gebäudes nicht möglich. Das Museum erhielt später finanzielle Mittel und begann 1972 mit einer Instandsetzung des Schlosses. Ich sage immer, dass die Residenz im 20. Jahrhundert Glück und Pech hatte. Hätte das Technikmuseum damals mit der Instandsetzung nicht angefangen, würde das Schloss heute nicht mehr stehen. Und Úholičky wäre nur ein weiteres Kapitel im Bildband über die nach 1945 in Böhmen verschwundenen Schlösser, den Jiří Úlovec verfasst hat. Das Pech bestand wiederum darin, dass die Instandsetzung nach den Prinzipien des sozialistischen Bauwesens durchgeführt wurde – das heißt: überall nur Beton. Das Gebäude steht zwar, aber es atmet nicht und ist feucht. Es gibt hier noch viel Arbeit, um wieder normale Bedingungen zu schaffen.“
Nach der Wende von 1989 stellte die Tochter des letzten Besitzers von Úholičky, Vladimír Wohanka, einen Antrag auf Restitution des Gutes einschließlich des Schlosses. Petr Svoboda:
„Die Restitutionsgesetze ermöglichten nur den direkten Nachkommen der früheren Eigner, einen Antrag auf Rückgabe des Eigentums zu stellen. Die Tochter von Vladimír Wohanka erbte das Gut damals aber nicht, denn dieses war zuvor vom kommunistischen Regime konfisziert worden. Sie stellte 1991 den Antrag. Als sie starb, führte ich als testamentarischer Erbe den Restitutionsprozess weiter.“
Petr Svoboda lebte und arbeitete in den 1990er Jahren im Ausland, 1999 kehrte er nach Tschechien zurück. 2002 wurde das Gut einschließlich des Schlosses ihm übergeben. Seit 2003 lebt er mit seiner Familie in Úholičky.
Holunderdschungel verwandelt sich in Schlosspark
Derzeit lockt vor allem der herrliche Park rund um das Schloss zu einem Besuch. Aber er ist erst in den vergangenen 20 Jahren entstanden. Petr Svoboda dazu:
„Den Park gab es zuvor nicht. Da war hier nur ein Holunderdschungel, es sah aus wie im Märchen über Dornröschen. Auch das Schloss war von verschiedener Vegetation überwuchert. Der Restitutionsprozess dauerte lange, währenddessen wurde alles Mögliche aus dem Schloss gestohlen, einschließlich der Neorenaissance-Geländer und Kupfersimse. Selbst die Elektroinstallationen wurden herausgerissen, und die Fenster waren kaputt. Schrittweise wurde das Gebäude in Stand gesetzt, es lässt sich nicht alles auf einmal machen.“
Petr Svoboda organisiert im Schloss Ausstellungen. Er habe auch Konzerte veranstaltet, merkt er an:
„Hier im Erdgeschoss bieten wir Neuvermählten zudem eine Unterkunft an. Denn im Schlosspark werden Hochzeiten veranstaltet. Im Schloss stehen ein Appartement und Räumlichkeiten für die Vorbereitung der Hochzeit und des Festmahls zur Verfügung. Ansonsten nutze ich einige der Räumlichkeiten als Arbeitszimmer.“
Nicht nur im Schloss werden Kulturveranstaltungen organisiert. Ein Nebengebäude beherbergt ein Marionettentheater.
„Das Marionettentheater gibt es hier seit zehn Jahren. Einer meiner Freunde hat sich seit seiner Jugend mit dem Marionettentheater beschäftigt, er hat die Marionetten und Theaterkulissen selbst kreiert. Auf ihn geht die Entstehung dieses Theaters zurück. Ursprünglich spielte das Amateurensemble in Okoř. Später gab es dort keine entsprechenden Räumlichkeiten mehr, und mein Freund wandte sich mit der Bitte an mich, das Theater in Úholičky unterbringen zu können. In der Corona-Zeit wurden die regelmäßigen Vorstellungen leider unterbrochen. Zu Nikolaus im vergangenen Jahr wurde hier dann wieder gespielt. Aber wir werden sehen, ob es uns gelingt, weitere Vorstellungen zu veranstalten.“
Führungen durch das Schloss und den Park werden Petr Svoboda zufolge gelegentlich organisiert. Zuletzt war das Schloss im Rahmen der Tage der privaten historischen Residenzen für die Öffentlichkeit geöffnet. Im Schloss wird zudem regelmäßig ein Erntefest veranstaltet, das laut Svoboda in der Vergangenheit regelmäßig über 1000 Menschen besucht haben.
Im Schloss befindet sich auch ein Porträt von Milena Joklová, der Tochter des letzten Besitzers von Úholičky. Zudem sind einige Fotos und Gegenstände aus dem Familienarchiv von Petr Svoboda zu sehen. Und er macht auf eine Auszeichnung aufmerksam, die sein Großvater erhalten hat.
„Mein Großvater arbeitete 20 Jahre lang für die Familie Liechtenstein – zuerst als Justizreferent, dann als Justizrat und schließlich als Zentraldirektor. Er war eigentlich der letzte Verwalter der liechtensteinischen Güter hierzulande.“
Es scheint, dass Petr Svoboda nach fast einem Jahrhundert an seinen Großvater anknüpft: Denn er ist derzeit Präsident der Tschechisch-Liechtensteinischen Gesellschaft.