Selenskyj-Besuch in Prag: Hoffen auf „Einladung“ durch Nato, weitere Militärhilfe aus Tschechien

Petr Fiala und Wolodymyr Selenskyj

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war am Donnerstag und Freitag zu Besuch in Prag. Dabei traf er sich unter anderem mit Premier Fiala und seinem tschechischen Amtskollegen Pavel. Im Mittelpunkt der Gespräche standen weitere militärische Hilfen, aber auch die Frage nach einem möglichen Nato-Beitritt des Kriegslandes.

Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Prag war kurzfristig bekanntgegeben worden. Die Visite erfolgte im Vorfeld des Nato-Gipfels in Vilnius. Daher war auch der mögliche Beitritt der Ukraine zum Verteidigungsbündnis ein Thema. Nach einem Treffen mit seinem tschechischen Amtskollegen Petr Pavel sagte Selenskyj:

Wolodymyr Selenskyj und Petr Pavel | Foto: Michal Krumphanzl,  ČTK

„Ich denke, der Gipfel ist eine hervorragende Möglichkeit, wie die ganze Allianz ihren Mut und ihre Stärke zeigen kann. Dennoch wollen wir ein klares Signal, wir wollen konkrete Schritte, die zu einer Einladung in die Nato führen. Wir brauchen diese Motivation, wir brauchen diese Aufrichtigkeit in unseren Beziehungen.“

Normalerweise ist der Beitritt zur Nato ein langer Prozess. In der jetzigen Debatte über die Ukraine ist man sich nur darin einig, dass dieser Prozess nicht beginnen kann, solange noch Krieg herrscht. Der tschechische Präsident Pavel denkt aber:

„Es ist im Interesse Tschechiens, dass die Ukraine unmittelbar nach dem Kriegsende die Gespräche zum Nato-Beitritt aufnimmt. Denn das liegt auch im Interesse unserer Sicherheit, der regionalen Stabilität und des wirtschaftlichen Wachstums.“

Wolodymyr Selenskyj und Petr Pavel | Foto: Michal Krumphanzl,  ČTK

Während sich Petr Pavel also deutlich ausdrückte, vermied Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) bei seiner Pressekonferenz mit Wolodymyr Selenskyj eine konkrete Antwort auf Fragen von Journalisten zum Nato-Beitritt. Er beließ es bei der Aufforderung an alle Mitglieder der Allianz, die Ukraine in diesem Bemühen zu unterstützen.

Auch der ukrainische Präsident wiederholte am Freitag nicht noch einmal seine Worte vom Vortag. Stattdessen dankte er erneut für die Hilfe von tschechischer Seite. Denn Prag unterstützt die Ukraine fast seit Beginn der russischen Aggression. So ist man bei der Lieferung von militärischen Gütern vorausgegangen und hat insgesamt schon 500.000 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen.

Bereits auf der Fahrt zum Amtssitz des tschechischen Präsidenten war Selenskyj aufgefallen, dass viele Menschen hierzulande auf der Seite seines Landes stehen.

„Ich möchte für jede ukrainische Flagge danken, die ich auf der Fahrt zum Hradschin gesehen habe, die an den Prager Häusern hängt oder die die Menschen in der Hand halten. Das hat mich sehr berührt“, so Selenskyj.

Der ukrainische Präsident verlässt Prag aber nicht nur mit schönen Eindrücken, sondern ebenso mit konkreten Zusicherungen. Denn das tschechische Regierungskabinett hat neue militärische Hilfe gewährt. Petr Fiala:

Foto:  Vít Šimánek,  ČTK

„Ich habe heute gegenüber dem Präsidenten bestätigt, dass die Tschechische Republik der Ukraine weitere Angriffs-Hubschrauber schenken wird sowie in den folgenden Monaten erneut mehrere Hunderttausend Stück großkalibrige Munition.“

Außerdem will Tschechien mit der Ausbildung ukrainischer Kampfflieger fortfahren. Und das sowohl hierzulande, als auch vor Ort – und zwar über die Lieferung von Flugsimulatoren.

Der Blick geht aber auch weiter in die Zukunft: zum Aufbau der Ukraine nach dem Ende des Kriegs. So soll kommende Woche eine Delegation von tschechischen Firmen aus den Bereichen Energie, Verkehr und Gesundheit das Land besuchen.

„Wir führen einen intensiven Dialog und arbeiten intensiv zusammen. Unser Plan ist, tschechische Firmen in Form von Exportversicherungen in den Wiederaufbau der Ukraine einzubinden“, sagt Regierungschef Fiala.

Autor: Till Janzer
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