„Treffen mit wirklichen Freunden“ – zweite tschechisch-ukrainische Regierungssitzung

Petr Fiala und Denys Schmyhal

Nicht nur die aktuelle Unterstützung im Kampf gegen Russland, sondern auch die künftige Zusammenarbeit – darum ging es beim zweiten Treffen der Regierungen aus Tschechien und der Ukraine. Die Kabinette beider Länder kamen dieses Mal in Prag zusammen.

Gleich fünf gemeinsame Übereinkünfte haben die Vertreter der tschechischen und der ukrainischen Regierung am Dienstag unterschrieben, begleitet vom Klacken der Fotoapparate. Das war ein unmittelbar sichtbares Ergebnis der zweiten intergouvernementalen Sitzung in Prag. Die erste hatte Ende Oktober 2022 in Kiew stattgefunden. Bei der Pressekonferenz nach dem Treffen sagte der tschechische Regierungschef Petr Fiala (Bürgerdemokraten):

Denys Schmyhal und Petr Fiala | Foto: Ondřej Deml,  ČTK

„Die Zusammenarbeit unserer beiden Länder beschränkt sich nicht auf einige wenige Bereiche, sondern betrifft praktisch alle Sphären des gesellschaftlichen Lebens. Sie ist auch nicht einseitig und beruht etwa nur in der tschechischen Hilfe für die Ukraine, sondern sie reicht mit einer Reihe konkreter Projekte auch in die Zukunft. Sie ist daher für beide Seiten vorteilhaft.“

Fialas Kollege aus Kiew, Denys Schmyhal, bestätigte dies. In einem Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks im Anschluss an die Sitzung erläuterte er:

„Wir haben sehr konkrete Ergebnisse, nicht nur Übereinkünfte und Statements. Sondern wir sehen auch, wie sich die Handelsumsätze erhöht haben, also Importe und Exporte. Sie sind um mehr als 25 Prozent angestiegen. Das ist eine sehr gute Nachricht, und wir werden diese Kooperation fortsetzen.“

Denys Shmyhal | Foto: Agáta Faltová,  Tschechischer Rundfunk

Von besonderer Bedeutung ist trotz allem die militärische Zusammenarbeit, angesichts des fortdauernden Kriegs Russlands gegen die Ukraine. So hat Tschechien seit Kriegsbeginn bereits rund 6000 ukrainische Soldaten bei sich ausgebildet. Und Fiala sprach natürlich auch die Munitionsinitiative an. In ihrem Rahmen sollen bis Ende des Jahres eine halbe Million Stück Artilleriemunition an die ukrainische Armee geliefert werden. Vor einiger Zeit sind die ersten 50.000 Schuss dort eingetroffen. Schmyhal wies der Initiative eine wichtige strategische Bedeutung zu, um die Frontlinien zu den Russen zu stabilisieren.

„Die erste Munitionslieferung wird bereits an der Front verwendet. Sie hilft uns sehr, das Kräfteverhältnis zwischen der russischen und unserer Artillerie auszugleichen. Vor einem Jahr lag das Verhältnis noch bei einem Stück Munition auf unserer Seite zu sieben, acht oder neun Stück auf russischer Seite. Mittlerweile haben wir uns angenähert auf eins zu drei“, so der Ministerpräsident aus Kiew.

Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

Darüber hinaus haben am Dienstag auch Rüstungsfirmen eine Kooperation beschlossen. So wollen tschechische Hersteller künftig Munition und Gewehre in der Ukraine fertigen. Der Aufbau der Fabriken wird von den Regierungen beider Länder gefördert. Ganz allgemein rief Premier Fiala dazu auf, das angegriffene Land weiter mit allen Mitteln zu unterstützen:

Denys Schmyhal und Petr Fiala | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

„Russland kann nur dann zum Verhandlungstisch gebracht werden, wenn es keine Chance mehr sieht auf einen militärischen Erfolg. Das müssen wir immer im Kopf haben und in diesem Sinn der Ukraine helfen.“

In den auf die Zukunft gerichteten Bereichen ging es unter anderem um den Wiederaufbau in dem osteuropäischen Land. Schmyhal nannte bei der Pressekonferenz Schätzungen der Weltbank. Demnach wurde allein in dem von Kiew selbst kontrollierten Teil des Landes durch die russischen Angriffe bisher Infrastruktur im Wert von 486 Milliarden Dollar zerstört. In Zusammenarbeit mit Tschechien sollen daher unter anderem der Energiesektor und das Gesundheitssystem modernisiert, aber auch in Bereichen wie der Weltraumtechnologie geforscht werden.

Petr Fiala begrüßt die Mitglieder der ukrainischen Regierungsdelegation vor der gemeinsamen Regierungssitzung | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

Der ukrainische Regierungschef strich heraus, dass das tschechische Kabinett das erste war, das nach dem russischen Überfall eine gemeinsame Sitzung mit seinen Ministern durchgeführt hat…

„Es ist ein Modell, das nun in vielen anderen Ländern als Beispiel dient für Regierungszusammenkünfte mit uns. Ich würde sagen, mit der tschechischen Seite sind es Treffen mit wirklichen Freunden. Wir reden über alle Themen in sehr tiefgehenden Diskussionen“, so Denys Schmyhal.

Autoren: Till Janzer , Petr Dudek
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