Ausgebucht bis Jahresende: In Tschechien fehlen Handwerker

Die Inflation geht zurück, Baumaterialien werden wieder billiger – da sind die Menschen in Tschechien schon eher wieder bereit, ihre Wohnimmobilie zu modernisieren. Dazu fehlt es jedoch an Handwerkern. Wer derzeit Sanierungspläne schmiedet, wird sie vermutlich erst im kommenden Jahr umsetzen können.

„Bei mir sind alle Termine belegt, und bis Ende des Jahres nehme ich keine Aufträge mehr an“,

sagt Libor Vlach, Chef der Firma VIP instalace. Er installiert Wasser- und Gasleitungen sowie Heizungsanlagen vor allem in Wohnungen und Einfamilienhäusern. Für kleinere Reparaturarbeiten habe das Unternehmen derzeit überhaupt keine Kapazitäten:

„Wir bekommen praktisch jeden Tag Anrufe von Kunden, die Reparaturen brauchen oder einen Service, wie den Austausch einer Kartusche oder einer Duschkabine. Die Anfragen kommen aus ganz Prag und dem gesamten Mittelböhmischen Kreis. Diese Servicearbeiten schaffen wir im Moment aber nicht.“

Otto Kočí | Foto: epoptavka.cz

Ähnlich ist die Lage in anderen Firmen. Laut Statistiken des Suchportals ePoptavka.cz war die Nachfrage nach Fliesenlegern im ersten Halbjahr 2023 um fast sieben Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Bei Malern gab es sogar 12 Prozent mehr Gesuche. Und Portalchef Otto Kočí ergänzt:

„Im ersten Quartal haben wir einen sprunghaften Anstieg in Sachen Gebäudeisolierung verzeichnet. Im Jahresvergleich lag das Interesse um 70 Prozent höher. Die Nachfrage nach Dachdeckern war bereits im vergangenen Jahr gestiegen, und das Wachstum ging auch in der ersten Hälfte dieses Jahres weiter. Im Vergleich zum Jahr 2021 handelt es sich um ein Plus von 30 Prozent.“

Ein Grund für diesen Trend ist die Energiekrise. Durch Modernisierungen wollen die Menschen den Stromverbrauch verringern oder auch Heizkosten sparen. Experten fordern die Kunden allerdings auf, diese Arbeiten auch wirklich von Fachleuten durchführen zu lassen. Bei Schwarzarbeit greife etwa keine Garantie, wenn komplizierte Technik nicht ordnungsgemäß installiert werde, mahnt David Hanuš vom Marketingportal Nejremeslnici.cz.

Foto: annca,  Pixabay / CC0

Mehr Aufträge gibt es inzwischen auch wieder, weil in Tschechien die Preise für Baumaterial langsam sinken. Für einen Kubikmeter Polystyrol etwa zahlte man im vergangenen Jahr noch etwa 2000 Kronen (83 Euro), heute kann man ihn im Angebot für knapp 1000 Kronen (41,50 Euro) bekommen. Auch der Preis für Ziegelsteine liegt um 30 Prozent niedriger als noch 2022. Wer aber aktuell keine Handwerker für seine Sanierungs- oder Baupläne findet, müsse zumindest nicht befürchten, dass die Materialpreise bald wieder steigen, beruhigt der Präsident des Bauunternehmerverbandes, Jiří Nouza:

Jiří Nouza | Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks

„Ich sehe keinen Grund, dass sich die Preise demnächst wieder erhöhen. Denn die Lage hat sich inzwischen ziemlich beruhigt. Und sie war auch recht stabil bis zu dem Umbruch im Übergang von 2021 zu 2022.“

Illustrationsfoto: skeeze,  Pixabay,  Pixabay License

Der Mangel an Handwerkern in Tschechien könnte mittelfristig mit den stärkeren Jahrgängen an Auszubildenden kompensiert werden. In den Berufsschulen würde das Angebot der demografischen Entwicklung angepasst, berichtet Roman Pommer, Vizepräsident der tschechischen Wirtschaftskammer. Nicht wenige Schüler entschieden sich aber noch in der Ausbildung dagegen, in der Branche zu arbeiten:

„In einer 18-köpfigen Klasse zukünftiger Installateure zum Beispiel weiß die Hälfte von ihnen schon, dass sie das später gar nicht machen will. Von den Absolventen der Handwerksberufe arbeiten nur 25 bis 30 Prozent in diesem Gewerbe. Dies ist das größte Problem, und hier sollte der Staat nachhelfen.“

Roman Pommer  (Foot: Archiv der Wirtschaftskammer)

Einige Berufszweige seien auch von vornherein unbeliebt, ergänzt Pommer. In den Ausbildungsgängen Dachdecker, Zimmerer, Fliesenleger oder auch Maurer fehlt in Tschechien somit der Nachwuchs.

Autoren: Daniela Honigmann , Barbora Kladivová | Quelle: Český rozhlas
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