In Tschechien fehlen junge Bauingenieure
In 95 Prozent der Baufirmen in Tschechien fehlen Absolventen des Bauingenieurwesens.
Als Gründe für die sinkende Beliebtheit dieses Ausbildungs- und Studienbereichs führen junge Menschen in Befragungen den hohen Schwierigkeitsgrad und die eingeschränkten Jobperspektiven an. Mehr als 33 Prozent der hiesigen Bauunternehmen müssen wegen Arbeitskräftemangel Aufträge ablehnen. Dies geht aus einer Analyse des Meinungsforschungsinstituts CEEC Research hervor, aus der die Presseagentur ČTK zitiert.
„Das Bauwesen ist trotz einiger Konjunkturschwankungen ein notwendiger und unverzichtbarer Faktor unserer Volkswirtschaft. Manche Traditionsberufe und Handwerke haben darin zwar keinen Platz mehr. Dafür entstehen neue Berufe, die Änderungen bei der Qualifikation erfordern“, kommentiert Bildungsminister Mikuláš Bek (Stan). Um die höhere Fachausbildung in Tschechien zu stärken, sei eine Zusammenarbeit mit Unternehmerverbänden im Bauwesen oder auch mit der Wirtschaftskammer nützlich, fügt der Minister an.
Einen Mangel an Nachwuchsfachkräften beklagen 95 Prozent der Firmen, die von CEEC Research befragt wurden. An den Gesprächen nahmen insgesamt 139 kleine, mittlere und große Bauunternehmen teil. Junge Leute bevorzugen laut der Studie moderne Fachbereiche mit einem höheren gesellschaftlichen Status, wie etwa IT, Marketing oder dem Finanzsektor. Der Leiter der Firma Metrostav, Jaroslav Heran, merkt dazu an, dass die Nachfrage an technisch ausgebildeten Arbeitskräften die Zahl der Absolventen an den Fachhochschulen um ein Vielfaches übersteige. Die Zahl der Studenten im Bauingenieurwesen habe sich hierzulande in den vergangenen zehn Jahren um die Hälfte verringert. „Das tschechische Bildungssystem leitet Schüler leider nicht in Richtung technischer Fachbereiche, sondern gibt der Allgemeinbildung und Humanfächern den Vorrang“, sagt Heran.
Nach den Daten von Eurostat aus dem Jahr 2020 gehört Tschechien zu den EU-Ländern mit dem geringsten Anteil an Absolventen von Gymnasien und Fachschulen. Während im EU-Durchschnitt jährlich 51,3 Prozent aller Schüler eine allgemeinbildende weiterführende Schule besuchen, sind es in Tschechien nur etwa 30 Prozent. Der Rest geht nach der Grundschulbildung, die hierzulande neun Jahre beträgt, zur Berufsschule.