Tschechischer Inlandsnachrichtendienst deckt Propagandatätigkeiten eines russischen Agenten auf

Der tschechische Inlandsnachrichtendienst ist am Montag mit einer brisanten Information an die Öffentlichkeit gegangen. Demnach konnte er einen russischen Agenten aufdecken, der hierzulande bekannte Persönlichkeiten bestochen hat, damit diese Propaganda über den Krieg in der Ukraine verbreiten.

Der Kreml führt nicht nur Krieg gegen die Ukraine, sondern auch einen hybriden Informationskrieg gegen den Westen. Vor kurzem hat der tschechische Inlandgeheimdienst BIS eigenen Informationen nach einen Drahtzieher enttarnt – einen russischen Agenten, der hierzulande Desinformationen verbreitet haben soll.

Michal Koudelka | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

„Auf Bestellung eines der höchsten Organe der russischen Staatsgewalt hat er dafür gesorgt, dass im öffentlichen Informationsraum Narrative verbreitet wurden, die die außenpolitischen Interessen der Russischen Föderation in Bezug auf den Krieg in der Ukraine unterstützen“, so der Leiter des BIS, Michal Koudelka, am Montag in Prag bei einer Konferenz über Desinformationen im tschechischen Abgeordnetenhaus.

Laut dem Nachrichtendienstchef hat dieser russische Agent teils bekannte Persönlichkeiten in Tschechien mit – so hieß es – „mehreren Tausend Euro“ bestochen, damit sie die Propaganda verbreiten. Namen der Bestochenen und auch des Agenten nannte Koudelka allerdings nicht.

Mit dem Fall beschäftigt sich nun der Sicherheitsausschuss im Abgeordnetenhaus. Er arbeitet derzeit auch an einem Gesetzvorschlag, um den Straftatbestand der „nachrichtendienstlichen Tätigkeit für eine fremde Macht“ zu erweitern. So soll sich dieser nicht nur auf Fälle beziehen, bei denen illegal geheime Informationen beschafft wurden. Pavel Žáček (Bürgerdemokraten) ist Vorsitzender des Sicherheitsausschusses:

Pavel Žáček | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

„Ich denke, es gibt da eine Übereinstimmung innerhalb der Regierungskoalition und hoffentlich auch mit der Opposition, die gesetzliche Regelung entsprechend zu ändern. Denn Tatsache ist, dass wir nicht in Friedenszeiten leben, sondern nicht weit von uns entfernt ein Krieg tobt. Und daher müssen wir für eine ausreichende Abschreckung vor solchen Taten der Russen sorgen.“

In dem konkreten aktuellen Fall hat mittlerweile auch die Polizei Ermittlungen aufgenommen.

Desinformatoren in Tschechien geht es laut BIS-Chef Koudelka vor allem um höhere Einnahmen: Je mehr Menschen ihre Portale besuchen, desto besser ist der Verdienst durch den Verkauf von Reklame.

Doch der Nachrichtendienstler gab am Montag vor den Abgeordneten auch ein besonders krasses Beispiel für den Versuch direkter Einmischung von außen. So hatte das russische Nachrichtenportal Sputnik vor den tschechischen Präsidentschaftswahlen im Januar ein gefälschtes Video des damaligen Kandidaten und heutigen Staatspräsidenten Petr Pavel online gestellt. In diesem sagte er, dass Tschechien in den Ukraine-Krieg eingreifen solle. Pavel veröffentlichte darauf die korrekte und ungeschnittene Version seiner Äußerung auf der Social-Media-Plattform Twitter (heute X). BIS-Chef Koudelka:

„In Wirklichkeit hatte Präsident Pavel gesagt, Putin habe die russischen Bürger belogen, dass der Westen die Ukraine manipuliere. Wer bei solch einem brutalen Eingriff in die Grundlagen der tschechischen Demokratie immer noch behauptet, er wisse nicht, was russische Propaganda und was russische Desinformation seien, der ist blind und taub.“

Allerdings stellte Koudelka klar, dass die Desinformationsszene in Tschechien nicht sonderlich wachse und auch nur wenig untereinander vernetzt sei. Zudem seien die Desinformatoren nur selten direkt vom Kreml gesteuert. Sie würden sich eher gegenseitig inspirieren, so der BIS-Direktor. In diesem Zusammenhang strich Michal Koudelka heraus, dass der Wahrheitsgehalt von Informationen regelmäßig überprüft werden müsse:

Illustrationsfoto: memyselfaneye,  Pixabay,  Pixabay License

„Dies geschieht vor allem durch die Arbeit engagierter Einzelner, unterschiedlicher Nichtregierungsorganisationen sowie mutiger Journalisten bei privaten und öffentlich-rechtlichen Medien, an deren Spitze die Sendungen des Tschechischen Fernsehens und des Radiožurnals stehen.“

Das Radiožurnal ist der Hauptnachrichtensender des Tschechischen Rundfunks.

Auf der anderen Seite betonte Innenminister Ví Rakušan (Stan), es könne in einer Demokratie nicht die Aufgabe des Staates sein, Desinformationen allgemein zu verbieten. Anders verhalte sich dies, wenn damit eine Straftat einhergehe, ergänzte der Leiter der Polizeizentrale zum Kampf gegen das organisierte Verbrechen (NCOZ), Stanislav Beránek. Als Beispiel nannte er bezüglich des Krieges gegen die Ukraine etwa Äußerungen, die die russischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gutheißen.

Autor: Till Janzer | Quellen: Český rozhlas , Deník Právo , ČTK
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