Austritt aus der Uno? Tschechische Politiker lehnen Aufforderung von Verteidigungsministerin ab
Die Uno-Resolution über eine sofortige Feuerpause im Gazastreifen vom Freitag hat in Tschechien zu Diskussionen geführt. Außenministerin Černochová rief sogar zum Austritt aus den Vereinten Nationen auf. Dies halten Politiker aus Regierung und Opposition jedoch nicht für vernünftig und haben den Schritt abgelehnt.
Am Samstag, dem tschechischen Staatsfeiertag, war nicht allen hierzulande zum Feiern zumute. Außenministerin Jana Černochová (Bürgerdemokraten) zeigte sich bestürzt über eine Resolution der UN-Vollversammlung, die von den arabischen Staaten eingebracht worden war und zu einer „sofortigen dauerhaften und nachhaltigen humanitären Waffenruhe“ im Gazastreifen aufrief. Nur 14 Staaten inklusive Tschechien hatten die Resolution abgelehnt. Eine Zweidrittelmehrheit der Weltgemeinschaft stimmte hingegen dafür. Über den Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) schrieb Ministerin Černochová, sie schäme sich für die Uno. Und weiter:
„Meiner Meinung nach hat die Tschechische Republik nichts in einer Organisation zu suchen, die Terroristen unterstützt, aber nicht das grundlegende Recht auf Selbstverteidigung. Lasst uns austreten.“
Die Ministerin verwies darauf, dass genau drei Wochen zuvor die Hamas mehr als 1400 Israelis ermordet hatte.
Am Sonntag legte Černochová noch einmal nach. In einem weiteren Social-Media-Post beklagte sie, dass es noch nie gelungen sei, einen Staat aus den Vereinten Nationen auszuschließen, obwohl dies laut Artikel sechs der UN-Charta möglich sei. Einzige Lösung könne die Gründung einer neuen internationalen Organisation auf der Basis neuer Regeln sein, so die Politikerin der konservativen Bürgerdemokraten.
Bei einer politischen Talksendung im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen versicherte Außenminister Jan Lipavský (Piraten) jedoch, dass sich die Regierung nicht mit Černochovás Forderung beschäftigen werde…
„Ein Austritt aus der Uno ist aus mehreren Gründen abzulehnen. Der Wichtigste ist, dass die UN-Charta auf den Trümmern des Zweiten Weltkriegs entstanden ist und einige Schlüsselprinzipien enthält. Diese bilden auch für ein Land von der Größe und Bedeutung Tschechiens innerhalb der internationalen Gemeinschaft einen gewissen stabilen und berechenbaren Rahmen, in dem es funktionieren kann. Diese Prinzipien sind deshalb auch aus unserem nationalen Interesse heraus grundlegend“, so der Außenminister
Zugleich stimmte Lipavský zu, dass die Vereinten Nationen dringend reformiert werden müssten:
„Dass es auf dieser Welt nicht möglich ist, eine Mehrheit der Länder dazu zu bekommen, die Hamas als terroristische Organisation zu verurteilen, ist eine Tatsache. Der entsprechende Satz ist von der Vollversammlung immer abgelehnt worden – und das auch im Fall der aktuellen Resolution. Das ist aber der Realität der heutigen Welt geschuldet und nicht der Uno an sich.“
Zumindest ein gewisses Verständnis für die Verbitterung von Verteidigungsministerin Černochová zeigte hingegen Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten), der auch ihr Parteikollege ist. Über seinen Sprecher Václav Smolka ließ der Regierungschef aber ebenfalls ausrichten, dass er einen Austritt nicht befürworte.
„Tschechien hat zusammen mit zum Beispiel den USA und Österreich im Sinn seiner Positionen abgestimmt, die es schon lange vertritt. Wir werden weiter in der Uno für unsere Haltung eintreten und versuchen, andere Staaten davon zu überzeugen, dass sie richtig ist. Dafür ist es wichtig, dass unsere Stimme und unsere Meinungen auf dem Boden der Vereinten Nationen erklingen“, so Smolka in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.
Die Ablehnung der UN-Resolution hatte schon am Freitag der tschechische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Jakub Kulhánek, begründet. Unter anderem sagte er, dass die Erklärung nicht das Recht Israels auf Selbstverteidigung anerkenne und die Terrorgruppe Hamas zur sofortigen Freilassung aller Geiseln aufrufe. Diese Herangehensweise lobte auch die Opposition im tschechischen Abgeordnetenhaus. So äußerte sich unter anderem die Fraktionschefin der Partei Ano, Alena Schillerová, und kommentierte dabei auch Černochovás Forderung:
„Es ist gut, dass wir uns als Tschechische Republik gegen die Resolution gewandt haben. Aber das darf nicht geschehen, indem wir aus der Uno austreten. Das ist die einzige Plattform, auf der alle wichtigen Probleme verhandelt werden. Und nicht einmal Israel ruft zum Austritt aus den Vereinten Nationen auf.“