Opernstar Jarmila Novotná: Zweimal im Exil
Jarmila Novotná ist neben Ema Destinnová die berühmteste tschechische Opernsängerin. Im Ausland war sie jedoch bekannter als in ihrer Heimat. Denn Novotná war zweimal gezwungen, die Tschechoslowakei zu verlassen: zum ersten Mal kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und zum zweiten Mal nach der kommunistischen Machtübernahme von 1948. Jarmila Novotná starb am 9. Februar 1994.
Jarmila Novotná kam 1907 in Prag zur Welt. Gesang studierte sie unter anderem bei der namhaften Opernsängerin Ema Destinnová und beim Bariton Hilbert Vávra. Mit 17 Jahren trat sie zum ersten Mal im Prager Nationaltheater auf, sie sang damals die Hauptrolle in Smetanas Oper „Die verkaufte Braut“. 1928 feierte sie einen Erfolg bei den Festspielen in Verona als Gilda in Verdis Oper „Rigoletto“. Kurz darauf gastierte Novotná auf Einladung von Dirigent Otto Klemperer in der Krolloper in Berlin. Es folgte ein Engagement an der Staatsoper Unter den Linden. Und am Schauspielhaus sang sie unter anderem in Max Reinhardts Inszenierung von „Hoffmanns Erzählungen“.
1933 wurde Jarmila Novotná Mitglied des Ensembles der Wiener Staatsoper. Sie nahm an den Salzburger Festspielen teil und gastierte in vielen Opernhäusern Europas. An der Mailänder Scala sang sie in Verdis „Falstaff“ und in „Figaros Hochzeit“ von Mozart. 1938 ging sie in die USA. Auf Einladung von Arturo Toscanini erhielt sie ein Engagement an der Metropolitan Opera in New York.
In der New Yorker Met trat die Sopranistin in verschiedenen Rollen insgesamt 193 Mal auf. Ganze 16 Spielzeiten blieb sie dort, weil in der Zwischenzeit Hitler-Deutschland ihre Heimat besetzt hatte. Im Exil in den USA unterstützten Novotná und ihr Mann Jiří Daubek den tschechischen Widerstand unter anderem dadurch, dass sie für die tschechische Kultur in der Welt warben. Bekannt ist ihre Aufnahme von „Lidice-Liedern“, die nach der Vernichtung des Dorfs durch die Nationalsozialisten entstand. Am Klavier wurde Novotná damals von Jan Masaryk begleitet, der später tschechoslowakischer Außenminister war.
Nach dem Krieg kehrte die Opernsängerin in die Tschechoslowakei zurück. Sie trat wieder im Prager Nationaltheater auf, zum letzten Mal sang sie dort 1947 die Tatjana in Tschaikowskis „Eugen Onegin“. Nach dem kommunistischen Umsturz war sie jedoch gezwungen, wieder ins Exil zu gehen. Zunächst lebte sie in New York, später dann in Wien.
Novotná trat nicht nur in Opernhäusern auf, sondern spielte auch in mehreren Filmen. Am bekanntesten ist der Oscar-Streifen „The Search“ von Regisseur Fred Zinnemann von 1948.
Nach der Wende von 1989 kehrte Novotná in die Tschechoslowakei zurück, um das musikalische Leben in ihrer Heimat zu unterstützen. Sie stiftete einen nach ihr benannten Preis für junge Sänger. 1991 wurde sie von Präsident Václav Havel mit dem Masaryk-Orden ausgezeichnet. Jarmila Novotná starb am 9. Februar 1994, sie wurde in der Familiengruft auf Schloss Liteň / Litten bestattet.