„Voice of Europe“: Tschechien erlässt Sanktionen gegen russisches Propaganda-Portal

Petr Fiala

Der tschechische Inlandsnachrichtendienst BIS hat ein russisches Propaganda-Netzwerk aufgedeckt. Ziel der Akteure hinter dem Nachrichtenportal Voice of Europe soll es gewesen sein, die bevorstehenden Europawahlen zu beeinflussen. Medieninformationen zufolge sollen dabei auch Bestechungsgelder geflossen sein, unter anderem an Politiker der deutschen AfD. Die vermutlichen Verantwortlichen hinter dem fragwürdigen Portal hat die tschechische Regierung am Mittwoch mit Sanktionen belegt.

Man habe sich entschieden, drei Subjekte auf die nationale Sanktionsliste aufzunehmen, teilte Tschechiens Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) am Mittwoch nach der Regierungssitzung mit. „Die erste sanktionierte Person ist Wiktor Wolodymyrowitsch Medwedtschuk“, so der Kabinettschef weiter. Medwedtschuk soll Verbindungen zu Kreml-Chef Wladimir Putin haben. In der Ukraine ist er wegen Hochverrats angeklagt. Im April 2022 wurde er vom ukrainischen Inlandsgeheimdienst festgenommen, später im Jahr aber im Rahmen eines Gefangenenaustauschs an Russland übergeben.

Durch das Medienunternehmen Voice of Europe mit Sitz in Prag soll Medwedtschuk versucht haben, russische Propaganda in Europa zu verbreiten. Neben ihm und seiner Firma landete auch Artjom Martschewski auf der Sanktionsliste, der ebenso in das Netzwerk verstrickt sein soll.

„Die versuchte Einflussnahme reicht bis ins Europarlament. Die ganze Angelegenheit zeigt, wie die Russische Föderation schon seit langem versucht, demokratische Prozesse in Europa zu beeinflussen“, so Petr Fiala. Der Zeitung Deník N zufolge habe Voice of Europe im Sinne des russischen Regimes auf die Europawahlen im Juni einwirken wollen. Das Portal habe dazu etwa Interviews mit russlandfreundlichen Politikern veröffentlicht. Zdislava Pokorná, Reporterin von Deník N, sagte dazu dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen (ČT):

„Diese ganze Operation war vom Kreml geleitet und finanziert. Ziel war es, russische Narrative zu verbreiten und die Ansichten der tschechischen Regierung, dass man die Ukraine langfristig unterstützen müsse, zu schwächen.“

Das Brisante dabei ist, dass mit dem Geld aus dem Kreml offenbar nicht nur der Betrieb von Voice of Europe sichergestellt wurde. Die Mittel sollen auch dafür verwendet worden sein, Politikern, mit denen Interviews geführt wurden, Bestechungsgelder auszuzahlen. Laut Premier Fiala liegen zwar keine Informationen dazu vor, dass Tschechen auf diese Art beteiligt gewesen seien. Deník N zufolge sollen aber Politiker aus Frankreich, Polen, Belgien, Ungarn und den Niederlanden betroffen sein – ebenso wie Vertreter der deutschen AfD. Die russischen Gelder sollten den Recherchen nach unter anderem für die Finanzierung des Wahlkampfes zur Europawahl verwendet werden; und in Prag soll es laut Deník N zu Bargeldübergaben etwa an die AfD gekommen sein.

In der Vergangenheit hatte Voice of Europe unter anderem Gespräche mit Petr Bystron geführt, der bei der Europawahl auf Listenplatz zwei der AfD steht. Zudem waren Interviews mit dem Spitzenkandidaten der Partei, Maximilian Krah, veröffentlicht worden. Dem Magazin Spiegel sagte Krah am Mittwoch, er persönlich und seine Partei hätten für die Interviews kein Geld bekommen.

BIS-Sprecher Ladislav Šticha teilte dem Tschechischen Rundfunk am Donnerstag mit, an den Enthüllungen gegen Voice of Europe, hätten sich noch weitere europäische Staaten beteiligt:

„Die einzelnen Staaten werden jetzt ihrem Gesetzesrahmen entsprechend Maßnahmen ergreifen. In Tschechien ist dafür das Amt für Finanzanalyse verantwortlich, das den Besitz der sanktionierten Personen und der Firma beschlagnahmt.“

Zudem dürfen Medwedtschuk und Martschewski nicht mehr nach Tschechien einreisen. Die Website von Voice of Europe war nach der Entscheidung der tschechischen Regierung zunächst weiterhin erreichbar, derzeit ist sie jedoch offline.

Autoren: Ferdinand Hauser , Jakub Kulawiak
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