„Gewinnt Putin, leidet Tschechien“: Fiala und Lipavský halten Reden bei Botschafterkonferenz in Prag
Am Montag begann in Prag die alljährliche Konferenz der tschechischen Botschafter. Zu Beginn hielten Tschechiens Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) sowie Außenminister Jan Lipavský (Piraten) Reden, in denen sie die außenpolitischen Prioritäten zusammenfassten.
Der Krieg Russlands in der Ukraine war ein zentrales Thema der Reden von Premier Petr Fiala und Außenminister Jan Lipavský bei der Jahreskonferenz der Botschafter in Prag. Ressortchef Lipavský sagte vor den versammelten Diplomaten:
„Sollte Putin den Krieg gewinnen, würden die Sicherheit, die Stabilität und der Wohlstand Tschechiens stark leiden. Wir müssen deshalb immer wieder betonen, dass wir uns keinen Frieden sichern, wenn wir die Ukraine an Russland opfern. Im Gegenteil. Wir würden damit leichtsinnig unsere Sicherheit in Gefahr bringen. Und die wirtschaftlichen Auswirkungen wären zweifelsohne dramatisch.“
Premier Fiala zufolge kann man in der nächsten Zeit keine großen Änderungen an der Front erwarten – trotz dem fortschreitenden Manöver der ukrainischen Truppen in der russischen Oblast Kursk.
„Putins Regime zielt weiterhin auf die strategische und zivile Infrastruktur ab und verstößt gegen Konventionen, um den Gegner zu demoralisieren. Putins Wille zu kämpfen und zu erobern lässt nicht nach. Aber trotz der kritischen Situation an der Front hält Tschechien an seiner Hilfe für die Ukraine fest.“
Zu dieser Hilfe zählt auch weiterhin die Lieferungen von Waffen, bei der Tschechien auch mit anderen Ländern kooperiert. Fiala sagte dazu:
„Wir liefern der Ukraine aktuell monatlich mehrere Zehntausend Stück großkalibrige Munition. Im Rahmen der tschechischen Munitionsinitiative, aber auch durch andere Aktionen, die wir koordinieren, haben wir seit Beginn des russischen Angriffs auf Kiew insgesamt zwei Millionen Stück großkalibrige Munition und 22 Millionen Stück Mittelkalibermunition in die Ukraine gebracht.“
Fiala ging auch auf die Abkehr von Russland in der Energiewirtschaft ein – und hob hervor, dass man mit dem Ausbau der TAL-Pipeline auch in Sachen Erdöl unabhängig vom Kreml sein will. Zudem blickte der tschechische Kabinettschef in den Nahen Osten:
„Zweifelsohne wird Tschechien in der Unterstützung Israels fortfahren. Das Land bleibt für uns ein Verbündeter – so wie auch in anderen schwierigen Zeiten für Israel. Wir haben enormes Interesse an einer Deeskalation der Krise im Nahen Osten.“
Fiala hob zudem die transatlantischen Beziehungen zu den USA hervor und betonte:
„Wir sind bereit, in der vielversprechenden Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten fortzufahren, ganz gleich wer aus der dortigen Präsidentschaftswahl als Sieger hervorgeht.“
Auch die Kooperation mit den Nachbarländern war ein Thema der Rede des Premiers. Österreich blieb dabei unterwähnt, die Slowakei wurde nur in einem Nebensatz genannt. Stattdessen seien derzeit vor allem die anderen beiden Nachbarn von Bedeutung, so Fiala:
„In gewisser Hinsicht sind für uns heute vor allem Polen und Deutschland wichtige Partner, mit denen wir etwa im Bereich Sicherheit eng zusammenarbeiten. Mit Deutschland bringen wir unsere zentrale Kooperation im Energiesektor voran und tauschen uns auch bei Wissenschaft und Forschung aus. Mit Polen kooperieren wir etwa im Bereich Verkehrsinfrastruktur.“
Außenminister Jan Lipavský erinnerte in seiner Rede zudem daran, dass Tschechien gemeinsam mit Deutschland im Mai einen Cyberangriff der vom Kreml kontrollierten Hackergruppe APT28 aufdecken konnte.
Der Ressortchef ging auch auf die Lage im Indopazifik sowie in Afrika ein, wo Tschechien weiterhin aktiv sein müsse. Außerdem bekräftige Lipavský die Vorteile der tschechischen Mitgliedschaft in EU und Nato.
Das Treffen der tschechischen Botschafter in Prag wird in den nächsten Tag fortgesetzt und dauert noch bis Freitag. Am Dienstag werden die Diplomaten von Staatspräsident Petr Pavel auf der Prager Burg empfangen.
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Radio Prague International berichtet über den Krieg in der Ukraine