Prager Nationaltheater eröffnet neue Saison auf Moldauinsel
Das Prager Nationaltheater hat am Montag auf der Prager Moldauinsel Střelecký ostrov / Schützeninsel feierlich die neue Spielzeit eröffnet. Martina Schneibergová hat während der Veranstaltung mit dem Musikdirektor des Nationaltheaters, Dirigent Robert Jindra, dem renommierten Bassbariton Adam Plachetka und dem künstlerischen Leiter der Oper, Per Boye Hansen, gesprochen.
Herr Jindra, Sie haben soeben an einer Podiumsdiskussion über die neue Spielzeit teilgenommen. Auf welche der Opern, die Sie im Theater einstudieren, freuen Sie sich am meisten? Ist es die Neuinszenierung von Zdeněk Fibichs Oper „Šárka“?
„Ich kam schon vor einigen Jahren auf die Idee, diese unglaublich tolle Oper in Prag aufzuführen. Die Handlung ist eigentlich eine Fortsetzung von Bedřich Smetanas ,Libuše‘. Fibichs Musik finde ich großartig. Es war schon jahrelang mein Wunsch, das Stück einzustudieren. Und der Wunsch hat sich jetzt erfüllt.“
Eine weitere Oper, die Sie bald einstudieren werden, ist „Medeia“ von Luigi Cherubini. Das Werk ist hierzulande kaum bekannt. Wurde die Oper in Prag überhaupt gespielt?
„Ich glaube, dass es zum letzten Mal 1840 gespielt wurde. Das war damals jedoch ein Gastspiel.“
Sie haben vor, Wagners „Ring“ in Prag einzustudieren. Wann können die Opernfreunde damit rechnen?
„Wir möchten zuerst nur ,Das Rheingold‘ inszenieren. Die Partie von Loge ist eine der besten Rollen von Štefan Margita, und der Tenor wird in der Prager Produktion Loge singen. Der ,Ring‘ wurde im Nationaltheater 2005 aufgeführt. Aber damals war das eine Koproduktion mit der Deutschen Oper am Rhein. Wir fangen in der nächsten Spielzeit mit Wagners ,Rheingold‘ an. Folgen werden dann die ‚Walküre‘ und ,Siegfried‘. 2028 wird der ,Ring des Nibelungen‘ komplett gespielt. Die meisten Solisten kommen aus Tschechien und der Slowakei, für die größten Partien wollen wir aber auch Gäste aus dem Ausland engagieren.“
Herr Plachetka, Sie haben soeben auf dem Podium die Arie von Kalina aus Smetanas Oper ,Das Geheimnis‘ vorgetragen. Finden Sie schade, dass dieses Werk von Smetana im Ausland praktisch unbekannt ist?
„Absolut. Sie gehört zu meinen Lieblingsopern von Smetana. Sie ist so komplex und schön. Ich bin sehr froh, dass im Nationaltheater anlässlich des 200. Geburtstags von Smetana eine neue Produktion Premiere hatte. Wir spielen die Oper noch zweimal im September und dann noch am Ende der Spielzeit. Die Rolle von Kalina wollte ich während meiner Karriere schon immer singen. Ich bin froh, dass es jetzt gelungen ist.“
In welchen Rollen werden Sie sich in den nächsten Monaten vorstellen – auch im Ausland?
„Jetzt geht es von Smetana zu Janáček. In Brünn singe ich mit meiner Frau (Kateřina Kněžíková, Anm. d. Red.) in der Oper ,Das schlaue Füchslein‘. Anschließend singe ich in der Deutschen Staatsoper in Berlin in Janáčeks ,Sache Makropulos‘. In der Wiener Staatsoper erwarten mich dann die Rollen in ,Pagliacci‘ und ,Cavaleria rusticana‘. Danach bereite ich mich schon auf mein großes Geburtstagskonzert vor, das im Januar in der Prager O2-Arena stattfindet.“
Herr Hansen, wir treffen hier auf der Schützeninsel vielleicht bereits zum dritten Mal zusammen. Waren Sie immer bei der Eröffnung der Saison mit dabei?
„Ja, ich war immer dabei. Es gab dazwischen auch eine Corona-Pause. Mittlerweile ist es meine sechste Saison im Nationaltheater, die ich jetzt anfange und geplant habe.“
Was haben Sie in dieser Spielzeit alles vor?
„Sehr viel. Wir haben in der Staatsoper schon mit den Proben für die herrliche Oper ,Otello‘ von Giuseppe Verdi begonnen. Anfang Oktober fangen wir mit Fibichs Oper ,Šárka‘ an.“
Haben Sie den tschechischen Komponisten Zdeněk Fibich bereits zuvor gekannt?
„Nein. Ich habe nun zum ersten Mal eine Schallplatte mit seiner Musik gehört, und finde sie fantastisch. Die Musik ist großartig, natürlich von Antonín Dvořák inspiriert und zudem ziemlich wagnerianisch. Die Oper ist ein wenig in Vergessenheit geraten, aber mit Unrecht. Ein anderer Komponist, der in Prag zuletzt wahrscheinlich vor vielen Jahren gespielt wurde, ist Jean-Philippe Rameau, ein französischer Komponist des Spätbarock. Die Oper ,Platée‘ wurde kurz vor Mozart geschrieben. Sie ist sehr opulent, mit großen Chorszenen, sehr humorvoll, mit viel Fantasie, fast ein bisschen absurd, aber ich freue mich auf die Inszenierung. Es ist uns gelungen, den Barockspezialisten Václav Luks als Dirigent zu gewinnen. Die Oper wurde in den letzten Jahren sehr oft in der Welt aufgeführt. Man kann sagen, dass es eine der erfolgreichsten Barockopern ist. Es ist höchste Zeit, sie nun auch in Prag zu spielen.“
Kommen auch die Liebhaber von romantischen und veristischen Opern auf ihre Kosten?
„Ja. Nach Cherubinis ,Medea‘ führen wir Gounods ,Faust‘ und Puccinis ,Manon Lescaut‘ auf.“