Notfallärzte als Opfer aggressiver Gewalttäter

'Rescue Jeseník 2004' (Foto: Martina Schneibergova)

Die Arbeit von Notfallärzten ist mit der Tätigkeit der praktischen Ärzte, bzw. anderer Fachärzte kaum vergleichbar. Sie sind rund um die Uhr im Einsatz, ihr Einsatzgebiet ist groß, die Situation vor Ort oft unbekannt und das Risiko daher hoch. In der tschechischen Legislative werden jedoch die Risiken, denen die Mitarbeiter der Rettungsdienste ausgesetzt sind, nicht berücksichtigt. In den vergangenen Monaten sind in Tschechien Rettungsleute von Patienten ohne Grund und mitunter sehr brutal angegriffen worden.

Jirí Knor,  der Chefarzt des Prager Rettungsdienstes   (Foto: Martina Schneibergova)
Die Stellung der Rettungsdienste wurde auch während der internationalen Konferenz "Rescue Jeseník 2004" diskutiert, die vorige Woche im Kurort Jeseník (Gräfenberg) veranstaltet wurde. Im April vergangenen Jahres wurde ein Notfallarzt nach der Ankunft bei einem Verkehrsunfallopfer bewusstlos getreten. Der Zwischenfall, der von der Feuerwehr aufgezeichnet wurde, gelangte ins Fernsehen. Dank dieser Sendung wurde das Problem zu einem öffentlichen Thema. Der Chefarzt des Prager Rettungsdienstes Jirí Knor hält schon die Tatsache für einen Erfolg, dass der Täter damals überhaupt vor Gericht gestellt wurde. Dieser sowie ein anderer ähnlicher in den Medien erwähnter Fall stellen Knor zufolge jedoch nur die Spitze des Eisberges dar. Während der vergangenen zwei Jahre gab es eine Reihe Zwischenfälle, bei denen Notfallärzte angegriffen und verletzt worden sind. Auch Rettungswagen wurden demoliert. Verbale Angriffe der Patienten oder der Menschen vor Ort hält der Chefarzt für eine Alltagserfahrung der Rettungsdienste, deren Stellung zum Unterschied von Polizei und Feuerwehr durch kein entsprechendes Gesetz geregelt ist. Auf eine legislative Norm warte - so Knor - der Rettungsdienst jedoch schon sehr lange. Der erwähnte brutale Angriff auf den Notarzt wurde von der Polizei erst unter dem Druck der Medien als eine Straftat bewertet. Jirí Knor meint:

"Ich würde nicht nur den Rettungsdiensten, aber jedem Bürger wünschen, dass die Polizei stark ist und die Justiz gerecht handelt. Denn wir können nicht verhindern, dass Rettungsleute angegriffen werden. Wir müssen aber in der Lage sein, die Täter zu fassen und entsprechend zu bestrafen."

Christoph Redelsteiner,  der Leiter des Rettungsdienstes des Wiener Roten Kreuzes   (Foto: Martina Schneibergova)
Nach den Ursachen der Aggressivität der Menschen, denen die Notfallärzte zur Hilfe kommen, fragte ich den Leiter des Rettungsdienstes des Wiener Roten Kreuzes, Christoph Redelsteiner:

"Aggressivität hat individuelle Ursachen, die personenbezogen sind. Das kann aus Krankheiten kommen, aus Frustration, das hat aber natürlich auch gesellschaftliche Ursachen - zu wenig Arbeit, zu wenig Geld, und die Dinge werden manchmal auch verknüpft und das steigert dann die Schwelle, dass jemand aggressiv wird."

Was diese Aggressivität gegenüber den Rettungsleuten, den Ärzten anbelangt, sieht man als ein Durchschnittsmensch in dem Arzt einen Menschen, der mir unbedingt helfen muss?

"Ich glaube, dass wir auch lernen müssen, dem Patienten zu sagen, dass wir auch Grenzen haben. Wir können Leute nicht mehr zum Auferstehen bringen und wir können auch nicht überall innerhalb von fünf oder sogar fünfzehn Minuten sein. Ich glaube, dass manchmal die Ansprüche an uns manchmal auch etwas zu hoch sind. Das Fernsehen zeigt vor, dass man da mit einem Gerät draufhält und dann macht er wieder die Augen auf und leider ist es nicht so einfach."

Meinen Sie, dass der Einfluss der verschiedenen doch ein wenig negativ ist, was die Erwartungen der Menschen anbelangt?

"Ja, insofern negativ, dass die Erwartungen gesteigert werden, aber die Menschen müssen sich bewusst sein, das ist Fernsehen - also das ist etwas, was man abschalten und wieder einschalten kann, und das hat mit dem wirklichen Leben nur teilweise etwas zu tun."

Kann eine hier erwähnte gesetzliche Regelung helfen, die Stellung der tschechischen Rettungsdienste zu verbessern?

"Ja, ich glaube sicher, dass das Rettungspersonal dem Polizei- und dem Feuerwehrpersonal gleichgestellt sein muss. Leben ist halt das höchste Gut, aber wir müssen uns alle bewusst sein, dass wir leider keine Wunder wirken können, obwohl wir es gerne tun würden."