Oberster Gerichtshof verschärft Eigenbedarfsregelung bei Drogen

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In den vergangenen Jahren ist Tschechien immer wieder - vor allem von bayerischer Seite - dafür kritisiert worden, eine zu liberale Drogenpolitik zu betreiben. Ein Dorn im Auge waren den Politikern aus dem Nachbarland vor allem die tolerierten Höchstmengen von Drogen. Nun hat der Oberste tschechische Gerichtshof die Eigenbedarfsregelung verschärft.

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In Tschechien ist eigentlich seit 1999 jeglicher Besitz illegaler Drogen strafbar. Doch zugleich wurde gesetzlich geregelt, dass eine gewisse Menge an Drogen für den Eigenbedarf toleriert werden kann. Polizei und Justiz dürfen dann von einer Strafverfolgung absehen. Anfangs war diese Menge nicht definiert, 2010 legte dann die Regierung die Grenzen fest. Im vergangenen Jahr urteilte das Verfassungsgericht aber, dass dies nur den Gerichten zustehe. Deswegen hat nun der Oberste Gerichtshof allgemeine Richtlinien definiert. Petr Knötig ist Sprecher des Gerichts:

Petr Knötig  (Foto: ČT24)
„Die Definition einer tolerierbaren Menge ist nun teilweise anders gefasst als in der früheren Regierungsanordnung. Bei Marihuana und Crystal ist sie strenger, bei weiteren Drogen liegt sie im selben Bereich.“

Laut der neuen Liste an „Freimengen“ sollen bei Marihuana maximal 10 Gramm toleriert werden (zuvor waren es 15 Gramm) und bei Crystal 1,5 Gramm (zuvor 2 Gramm). Bei Ecstasy, Heroin und Kokain blieben die Mengen unverändert. Allerdings sind dies nur Richtwerte, denn letztlich wird die Strafbarkeit an der Menge des Wirkstoffes bemessen – wie zum Beispiel bei THC in Marihuana.

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Die Eigenbedarfsregelung wurde unter anderem eingeführt, um Drogenabhängige zu entkriminalisieren. Fachleute aus dem Drogenentzug kritisieren indes, dass weder die vorherige Liste der Regierungsanordnung noch die neue des Obersten Gerichtshofs die wirklichen Bedarfsmengen von Drogenabhängigen berücksichtige.

„Die Mengen sind deutlich andere. Auf Marihuana und Crystal trifft das zwar nicht in dem Maße zu, aber bei Opiaten liegt der Tagesbedarf beim Zehnfachen“, sagt Jiří Pokora, Leiter der Entzugsklinik an der Psychiatrischen Anstalt in Brno / Brünn.

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Gerichtssprecher Knötig weist indes darauf hin, dass das Urteil umfangreich sei und die Justiz durchaus die Möglichkeit erhalten habe, im Fall von Drogensucht anders zu werten als nach der Liste:

„Im Verlauf eines Verfahrens muss berücksichtigt werden, ob jemand Erstkonsument ist oder Langzeitnutzer.“

Der Oberste Gerichtshof begründet die Verschärfung bei Marihuana und Crystal im Übrigen mit der steigenden Zahl von Abhängigen und der zunehmenden illegalen Herstellung von Drogen. So wurden in den vergangenen Jahren gerade im Grenzgebiet zu Deutschland immer mehr sogenannte Großküchen für Crystal oder ausgedehnte Cannabis-Plantagen entdeckt. Bekanntlicherweise wird von dort auch der Drogenmarkt in Bayern und Sachsen versorgt.

Ivan Douda  (Foto: Khalil Baalbaki,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Dass eine schärfere Eigenbedarfsregelung aber die Drogenproduktion reduzieren oder Drogenabhängigkeit verhindern könnte, halten die mit der Praxis vertrauten Fachleute für absurd. Ivan Douda ist leitender Psychologe am Prager Drogenzentrum Drop In:

„Dieser Entscheid wird absolut überhaupt keinen Einfluss auf die Drogenszene haben. Er ist vor allem für die Gerichte und die Polizei bedeutend, wahrscheinlich werden sie mehr Arbeit bekommen.“

Ivan Douda ist überzeugt, dass der Oberste Gerichtshof vor allem auf Druck aus Polizeikreisen reagiert und daher einen Kompromiss gefunden habe. Die Polizei ruft schon seit längerem nach einer restriktiveren Drogenpolitik.