Ohne Demokratie keine Freiheit: Heinz Albert Huthmacher von der Friedrich-Ebert-Stiftung
Die deutschen politischen Stiftungen haben auch in Tschechien ihre Niederlassungen. Zwei davon - respektive ihre Vorsitzenden - haben wir Ihnen im abgelaufenen Jahr im Rahmen unserer Sendereihe "Heute am Mikrophon" bereits näher vorgestellt: Stefan Gehrold von der CDU-nahen Konrad Adenauer Stiftung sowie Eva van de Rakt von der grünen Heinrich Böll Stiftung. Diesmal wollen wir das Prager Büro der sozialdemokratischen Friedrich-Ebert-Stiftung besuchen. Mit dessen Leiter Heinz Albert Huthmacher hat Gerald Schubert gesprochen.
Herr Huthmacher, beginnen wir beim Namen Ihrer Stiftung: Wer war denn Friedrich Ebert?
"Friedrich Ebert war der erste demokratisch gewählte Präsident der Weimarer Republik, von 1919 bis 1925. Nach seinem frühen Tod haben seine Anhänger die Initiative ergriffen und eine nach ihm benannte Stiftung ins Leben gerufen."
Es handelt sich um eine Stiftung, die der sozialdemokratischen Partei Deutschlands nahe steht. Wir führen dieses Interview ja im Rahmen einer kleinen Serie über die verschiedenen Stiftungen, die hier tätig sind. Können Sie zunächst etwas zum System dieser Stiftungen ganz allgemein sagen?
"Die politischen Stiftungen in Deutschland eint ein gemeinsames Ziel: Man könnte es als Erziehung zur Demokratie beschreiben. Das ist die permanente Aufgabe dieser Stiftungen - wenn man so will ihr Markenzeichen. Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog hat die politischen Stiftungen einmal 'Dienstleister für Demokratie' genannt. Das sagt schon sehr viel über den Auftrag und die Tätigkeiten der Stiftungen aus. Vom Status her sind sie eingetragene Vereine. Sie sind parteinah, aber sie sind rechtlich, organisatorisch und finanziell von den Parteien in Deutschland unabhängig."
Von wem werden sie dann finanziert?"Aus öffentlichen Mitteln des Bundes und der Länder."
Kommen wir nach Prag. Sie haben gesagt, ein Schwerpunkt aller dieser politischen Stiftungen ist die Erziehung zur Demokratie. Welche Schwerpunkte setzt da die Friedrich-Ebert-Stiftung - sowohl ganz allgemein als auch konkret hier in Tschechien? Auf welche Voraussetzungen stoßen Sie hier, und wo sehen Sie den größten Bedarf für Ihre Tätigkeit?
"Lassen Sie mich zunächst noch ein paar Zahlen und Fakten nennen: Die Friedrich-Ebert-Stiftung wurde 1925 gegründet und ist somit die älteste der deutschen politischen Stiftungen. Nach dem Verbot durch die Nazis zwischen 1933 und 1945 wurde sie 1947 wiedergegründet. Heute hat sie über 500 Mitarbeiter in den Niederlassungen in Berlin, Bonn sowie in über 100 Auslandsbüros weltweit. Die Aufgaben dieser In- und Auslandsarbeit der Ebert-Stiftung ist neben der Stärkung der Demokratie auch die Förderung von Verständigung und internationaler Zusammenarbeit. 'Ohne Demokratie keine Freiheit', sagte Friedrich Ebert. Das ist ein Wort, das unsere Arbeit ganz wesentlich bestimmt. Im Ausland sehen wir uns aber auch als Mittler zwischen den Gesellschaften. Wir versuchen eine Brücke zu sein zwischen diversen Gruppen, Personen und Organisationen in Deutschland und im Ausland. Die Demokratieförderung nehmen wir also ebenso wichtig wie Fragen der Verständigung und des Dialogs. Das ist der Dreiklang, der auch die Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung hier in der Tschechischen Republik bestimmt. Wir sind 1990 nach der Wende hergekommen, um die Demokratie und den Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen zu fördern. Wir hatten also das im Auge, was man als Förderung des Transformationsprozesses bezeichnete - oder nach wie vor bezeichnet. In den ersten zehn Jahren, also bis Ende der neunziger Jahre, war das der wesentliche Schwerpunkt unserer Tätigkeit hier. In den letzten Jahren hat sich vor dem Hintergrund des tschechischen EU-Beitritts unsere Arbeit natürlich nachhaltig geändert."
Wie gehen Sie hier konkret an die Öffentlichkeit heran, welche Veranstaltungen organisieren Sie?"Die Friedrich-Ebert-Stiftung in Tschechien hat sich in den letzten Jahren von einem Entwicklungshelfer zu einer Dialogagentur gewandelt. Konkret bedeutet das, dass wir uns natürlich sehr stark mit Europafragen beschäftigen, mit Fragen der erweiterten Union. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Tätigkeit ist die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich der neuen Nachbarschaftspolitik, sowie die Frage nach dem europäischen Sozial- und Wirtschaftsmodell, das gerade aus sozialdemokratischer Sicht ein ganz zentrales Thema der weiteren Entwicklung der Europäischen Union darstellt."
Welche Erfahrungen haben Sie mit den Reaktionen der tschechischen Seite gemacht? Findet das, was Sie hier machen, positiven Widerhall? Oder gibt es auch Skepsis gegenüber einer "Einmischung" von außen - vielleicht sogar gerade aus Deutschland?
"Der Begriff Einmischung erscheint mir im Zeitalter der Globalisierung und der erweiterten Union, zu der Tschechien gehört, ein etwas antiquierter Begriff zu sein. Wir bieten eine Plattform zur Lösung von gemeinsamen Problemen an, die alle europäischen Staaten betreffen. Und wir versuchen, Experten und Entscheidungsträger auf dieser Plattform zusammenzuführen, um einer europäischen Problemlösung näher zu kommen. Mit diesem Ansatz, der ja im übrigen für die interessierten Teilnehmer kostenlos ist, haben wir von tschechischer Seite bisher nur positive Resonanz bekommen. Gleichwohl habe ich den Eindruck, dass es immer noch eine gewisse - nicht Skepsis, aber eine gewisse Zurückhaltung auf tschechischer Seite gibt, dieses Angebot noch stärker anzunehmen. Man kann darüber spekulieren, woran das liegt. Es ist vielleicht ein Sprachproblem, oder es hat vielleicht auch mit der Befindlichkeit der tschechischen Seele zu tun. Aber wir lassen nicht nach, dieses Angebot weiterhin zu unterbreiten. Denn wir sind der festen Überzeugung, dass nur ein politischer und gesellschaftlicher Dialog über Grenzen hinweg einen wirklichen Beitrag zur Lösung der Probleme leisten kann, die uns alle betreffen."