Olympia: Tschechien holt zehn Medaillen, sieben davon glänzen bronzen
Die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro sind am Sonntagabend zu Ende gegangen. Sie brachten großartige sportliche Leistungen, aber auch teils intensive Diskussionen über Doping oder organisatorische Unzulänglichkeiten. Die tschechische Vertretung kehrt aus Rio mit zehn Medaillen zurück, darunter eine goldene durch Judoka Lukáš Krpálek.
„Wenn ich nur auf die Spalte mit den bronzenen Medaillen schauen würde, dann lägen wir in der Nationenwertung auf dem zwölften Platz. Ich schätze Bronze zudem sehr, weil es darüber entscheidet, ob man auf dem Podium steht oder nicht. Wir haben nämlich zudem genügend Athleten gehabt, die den undankbaren vierten Platz belegt haben. Einige haben auch mehr erreicht, sind Erster oder Zweiter geworden, doch es sind leider nicht viele. Trotzdem halte ich das Gesamtergebnis für positiv.“
Jiří Kejval: „In Anbetracht der Situation, in der sich der tschechische Sport befindet, und der Tatsache, dass wir mit der kleinsten Vertretung seit Jahren zu Olympia gereist sind, ist das Ergebnis immer noch gut.“
Auf den ersten Blick hat Kejval recht, denn mehr als zehn Medaillen hat eine tschechische Mannschaft seit der Trennung von der Slowakei 1993 nur zweimal geholt: 1996 in Atlanta und vor vier Jahren in London. Von den jeweils elf Plaketten, die dort gewonnen wurden, glänzten indes vier golden. Und das machte sich auch sofort in der Nationenwertung bemerkbar: In London verhalf die Ausbeute von viermal Gold, dreimal Silber und viermal Bronze zu Platz 18, die Bilanz von Rio reichte jedoch nur zu Platz 43. Jiří Kejval weiß dieses Ergebnis indes einzuordnen:
„In Anbetracht der Situation, in der sich der tschechische Sport befindet, und der Tatsache, dass wir mit der kleinsten Vertretung seit Jahren zu Olympia gereist sind, ist das Ergebnis immer noch gut. Für mich fühlt es sich gut an.“
Weniger gut und schön war indes, dass die tschechische Delegation mit Problemen jenseits des Sportlichen zu kämpfen hatte. Im Olympischen Dorf musste der Begleittross der Sportler nicht selten selbst Hand anlegen, um Defizite und andere Unzulänglichkeiten in den Unterkünften zu beheben. Und auch in organisatorischer Hinsicht klappte so einiges nicht, besonders was den Verkehr betrifft. Dennoch zieht der Chef der tschechischen Mission, Martin Doktor, auch hier ein durchaus positives Fazit:„Ich werde mich an Rio so erinnern: Auch wenn hier fast nichts so richtig funktioniert hat, waren es doch tolle Olympische Spiele. Und man muss sich das mal vor Augen halten: Bei den relativ weiten Entfernungen zwischen den einzelnen Wettkampfstätten musste viel gefahren werden. Doch niemand hat genörgelt, alles wurde irgendwie geregelt. Ich danke daher allen Helferteams der Veranstalter, dass sie das Ganze so gemeistert haben. Denn das war wirklich nicht einfach.“
Das bestätigte gegenüber dem Tschechischen Rundfunk auch die frischgebackene Bronzemedaillengewinnerin im Speerwerfen, Barbora Špotáková. Deswegen sei sie besonders dankbar über den vom Tschechischen Olympischen Komitee in Rio gewährleisteten Service. Der habe es ihr und den Teamkollegen überhaupt erst ermöglicht, sich voll und ganz auf den eigenen Wettkampf zu konzentrieren.
Der Korrespondent des Rundfunks in Brasilien, David Koubek, kennt die Mentalität der olympischen Gastgeber schon länger. Und aus dieser Warte heraus hätten die Brasilianer die Spiele mit Würde und Anstand ausgerichtet, bis auf wenige Ausnahmen:„Für mich verdienen die Brasilianer ein Lob dafür, wie sie letztlich alles gemeistert haben – entgegen aller Besorgnisse, über die im Vorfeld debattiert wurde. Diesen Nachrichten zufolge sah es ganz so aus, als wenn sie viele Dinge nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen würden. Aber sie haben alles fertiggestellt und dabei gezeigt, dass sie es nicht nur im Fußball verstehen, gut zu improvisieren. Andererseits bleiben einige Probleme haften, besonders jene, die mit den Sportstätten zu tun haben. Da muss ich vor allem die Becken für das Wasserspringen, Synchronschwimmen und den Wasserball nennen. Dort ließ die Wasserqualität zu wünschen übrig, das war eine ziemlich große Peinlichkeit. Als ein weiteres Problem erwies sich das Ticketing, denn viele Tribünen waren nicht so gefüllt, wie es einem Ereignis wie Olympia würdig gewesen wäre.“
David Koubek: „Für mich verdienen die Brasilianer ein Lob dafür, wie sie letztlich alles gemeistert haben – entgegen aller Besorgnisse, über die im Vorfeld debattiert wurde.“
Diese Probleme haben die Sportler aber nicht davon abgehalten, in Rio alles zu geben für ihren Traum – den Gewinn einer olympischen Medaille. Den hat sich auch Barbora Špotáková erfüllt, obwohl für die Olympiasiegerin von Peking (2008) und London (2012) diesmal nur Bronze heraussprang:
„Jede olympische Medaille hat ihren Wert. Das war auch in den anderen Sportarten oder Disziplinen zu sehen, denn die Trauben hingen sehr hoch. So hätte sich beispielsweise Zuzana Hejnová im 400-Meter-Hürdenlauf sicher sehr über Bronze gefreut, stattdessen ist sie als Vierte knapp an der Medaille vorbeigeschrammt. Der Unterschied zwischen einem Podiumsplatz und dem ersten Rang daneben war oft nur winzig. Deshalb bin ich froh über die Medaille.“
Und das kann die 35-jährige Athletin aus Jablonec nad Nisou / Gablonz auch voll und ganz, ist sie mit dem Bronzegewinn doch erst der siebte tschechische Sportler überhaupt, der bei drei Olympischen Spielen mindestens eine Medaille gewonnen hat. In Rio ist dies übrigens auch dem Ruderer Ondřej Synek gelungen, auch wenn der Skuller nach seinen zwei Silbermedaillen in Peking und London sowie der bronzenen in Brasilien noch immer auf den ganz großen Wurf wartet. Und für sie konnte es in Rio eigentlich auch „nur“ Bronze geben, verrät Špotáková mit einem spitzbübischen Lächeln. Zur Erklärung verweist sie auf ihr Maskottchen, den kleinen Plüschbären Pida:„Pida hat sich bei den Spielen in Rio als eine Art geheimes Phantom erwiesen. Denn mit ihm habe ich so oft es ging die Partien der tschechischen Tennisspielerinnen und Spieler besucht. Wahr ist aber auch, dass Pida allen nur das bronzene Glück bescherte – Petra Kvitová, Lucie Šafářová und Barbora Strýcová, Lucie Hradecká und Radek Štěpánek, sowie auch mir.“
Barbora Špotáková: „Jede olympische Medaille hat ihren Wert. Das war auch in den anderen Sportarten oder Disziplinen zu sehen, denn die Trauben hingen sehr hoch.“
Über den Gewinn ihrer zweiten Bronzemedaille konnten sich ebenso die tschechischen Rennkanuten im Vierer-Kajak freuen. Wie vor vier Jahren in London mussten sie auch diesmal nur zwei anderen Booten den Vortritt lassen. Cheftrainer Pavel Hottmar aber war dennoch begeistert:
„Die Jungs haben in dieser Besetzung schon viel durchgemacht. Doch genau diesen Vier ist anzumerken, dass sie harmonieren. Sie haben sehr gut trainiert und wollten sich hier ihren Lohn abholen. Sie haben die Medaille, ärgern sich aber auch ein wenig, dass es nur die bronzene ist. Dass die favorisierten Deutschen gewinnen, damit habe ich ein wenig gerechnet. Doch Silber war so nah, aber Hauptsache eine Medaille!“
Rennkanute Josef Dostál, der auch im Vierer saß, hatte von allen Tschechen den meisten Grund zum Jubeln. Er gewann zudem Silber im Einer-Kajak über 1000 Meter und bringt damit als einziger tschechischer Olympionike zwei Medaillen mit nach Hause. Das haben vor ihm nur Rennkanute Martin Doktor, der 1996 in Atlanta zweimal Olympiasieger wurde, und Sportschützin Kateřina Emmons geschafft. Sie holte 2008 in Peking Gold und Silber. Als Anerkennung dafür durfte Dostál bei der Abschlusszeremonie der Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro die tschechische Flagge in das Olympiastadion tragen.