Pilsen erlaubt Neonazi-Demo zum Jahrestag der Juden-Deportation

Illustrationsfoto (Autor: Štěpánka Budková)

Tschechische Rechtsextremisten haben für den kommenden Samstag einen Protestmarsch durch die Pilsener Innenstadt angekündigt – vorgeblich wollen sie damit für die Freiheit des Wortes eintreten. Die Öffentlichkeit ist empört; aus dem Rathaus heißt es nur, ein Verbot der Demonstration sei nicht möglich gewesen.

Illustrationsfoto  (Autor: Štěpánka Budková)
Widerstand gegen den geplanten Neonazi-Aufmarsch vor der Pilsener Synagoge regt sich in weiten Teilen der Öffentlichkeit – von den Studenten bis hin zur Assoziation der politischen Gefangenen. Für die weist der Pilsener Ortsverbandsvorsitzende Josef Černohorský auf das symbolträchtige Datum des Umzugs hin:

„Wir, die ehemaligen politischen Gefangenen, protestieren scharf gegen den provokanten Umzug der Neonazis, der am 19. Januar stattfinden soll, und damit gerade an dem Jahrestag der ersten Deportation jüdischer Mitbürger aus unserer Stadt im Jahre 1942.“

Věra Tydlitátová mit Fedor Gál und Svatopluk Karásek  ( Foto: ČTK)
Die Aktion erinnert damit an den versuchten Neonazi-Aufmarsch im ehemaligen Prager Jüdischen Viertel im vergangenen November. Damals hatten die Rechtsextremisten den Jahrestag der Reichspogromnacht gewählt; die Demonstration sollte sich vorgeblich gegen die Auslandseinsätze der tschechischen Armee richten. Der Aufmarsch war damals verboten und durch massiven Polizeieinsatz auch verhindert worden. Hinter der jetzigen Aktion steht der einschlägig bekannte Rechts-Aktivist Václav Bureš. Ein Verbot wurde von den Behörden nicht ausgesprochen:

„Es gab keine Gründe, diesen Umzug zu verbieten. Herr Bureš als Veranstalter hat alle vom Gesetz festgelegten Auflagen erfüllt“,

so der Pilsener Stadtteil-Bürgermeister Jiří Strobach (ODS) gegenüber dem Tschechischen Fernsehen. Věra Tydlitátová von der Liga gegen Antisemitismus sieht das ganz anders. Ihrer Meinung nach haben sich die Pilsener Behörden eine Vogel-Strauß-Politik zu Schulden kommen lassen.

Pilsen  (Foto: CzechTourism)
„Es ist möglich, eine Demonstration innerhalb von drei Tagen nach der Anmeldung zu verbieten, wenn der Verdacht besteht, dass die Gefahr von Straftaten oder eine Gefährdung der Öffentlichkeit bestehen könnte. Im vorliegenden Fall wäre das meiner Ansicht nach ganz leicht gewesen, denn der Veranstalter hat öffentlich dazu aufgerufen, dass sich die Teilnehmer am Umzug bewaffnen sollen. Es wäre also sicher angemessen, die Öffentlichkeit vor Neonazis zu schützen, die bewaffnet durch die Straßen ziehen.“

Bürgermeister Strobach beteuert, dass den Behörden keine entsprechenden Informationen vorgelegen hätten. Das Rathaus macht aber nicht nur darin eine unglückliche Figur: Der zuständige Beamte hatte in den Medien geäußert, dass nicht genehmigte Gegenkundgebungen gegen den Nazi-Aufmarsch einen Polizeieinsatz nach sich ziehen könnten. Die Polizei bereitet sich derweil ohnehin mit mehreren hundert Beamten auf einen unruhigen Samstag in Pilsen vor – übrigens auch in Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Bayern und Sachsen, denn die Behörden gegen davon aus, dass auch zahlreiche deutsche Neonazis nach Pilsen kommen werden.