Pirelli auf Tschechisch
Ein beliebtes Geschenk und oft vor allem auch ein Werbemittel ist es: der Kalender. Gegen Jahresende erlebt man immer einen echten Kalenderboom. Die Firmen versuchen, bei der Themenauswahl für ihren Fotokalender vor allem Schritt mit der Zeit zu halten.
Mehr oder weniger exotische Landschaftsbilder, Tiere, Pflanzen, aber auch populäre Schauspielerinnen und Schauspieler, Popstars, Models, Sportler - einfach VIPs aus verschiedenen Bereichen – sie zieren alle die Fotokalender für das kommende Jahr. In diesen Tagen habe ich jedoch einen scheinbar neuen Trend bei der Auswahl der „Kalender-Celebrities“ verzeichnet. Im Werbekalender eines Prager Autosalons posiert auf der Seite für den Monat Juli ein gut gekleideter Mann mit einer Dame und zwei Hunden vor einem Mercedes Coupé. Sein Gesicht muss jedem Tschechen bekannt vorkommen, obwohl er kein Fußballer oder Rocksänger ist: Radovan Krejčíř hat mehrmals für die Schlagzeilen gesorgt.
Dem zwielichtigen Unternehmer gelang vor einigen Jahren eine spektakuläre Flucht fast vor den Augen der Polizisten und er setzte sich zuerst auf die Seychellen und später nach Südafrika ab. Von der tschechischen Polizei wird Krejčíř unter anderem wegen der Vorbereitung eines Mordes und wegen Steuerbetrugs in Milliardenhöhe gesucht. In Südafrika lebt er höchstwahrscheinlich ungestört, da seine Auslieferung höchst kompliziert ist. Ein Bild des frohen unternehmerischen Daseins bietet auch der erwähnte Werbekalender. Das Foto wurde übrigens von einem renommierten tschechischen Fotografen gemacht, der deswegen eigens nach Südafrika flog. Einer solchen Aufmerksamkeit erfreuen sich nur wenige weitere VIPs aus Tschechien. Als Idee ist es jedoch sicher ein Hingucker.
Da bleibt vielmehr die Frage, was den Herausgeber des Kalenders daran gehindert hat, einen anderen ähnlich berühmt gewordenen tschechischen Unternehmer ablichten zu lassen – den Großbetrüger Viktor Kožený, der sein Leben wiederum auf den Bahamas „fristet“. Für den Monat August würde doch ein Bild von den Bahamas gut passen.
Schwieriger wird es bei einem weiteren populären Ganoven. Leider weiß wahrscheinlich weder der Herausgeber des Kalenders, noch die Polizei, wo František Procházka untergetaucht ist. Procházka gelang vor etwa einem Jahr der Raub des Jahrhunderts in Tschechien. Der Mann, der bei einem Sicherheitsdienst gearbeitet hat und bei Geldtransporten half, ist zusammen mit 560 Millionen Kronen – also umgerechnet mehr als 20 Millionen Euro - spurlos verschwunden. Es bleibt zu hoffen, dass ihn die natürliche Eitelkeit mal doch aus seinem von Tschechien vielleicht weit entfernten Unterschlupf herauslockt. Denn auch er möchte sich bestimmt in einem Kalender verewigen lassen. Zu welchem Monat sein Foto passen wird, hängt davon ab, ob er heutzutage irgendwo auf einer Pazifikinsel oder eher in der sibirischen Taiga Schutz gesucht hat. Jedenfalls kann man sich auf den Fotokalender 2010 schon freuen.