Pisa-Studie: Tschechische Schüler brechen ein – Bildungsminister plant Reformen
In tschechischen Schulen gilt die Alarmstufe eins. Dies zeigt die neuste Pisa-Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)¸ die 65 Länder miteinander vergleicht. Demnach haben sich die Schüler hierzulande in allen drei Disziplinen verschlechtert: in der Lesekompetenz, in Mathematik und in den Naturwissenschaften. Bildungsminister Dobeš sieht sich dadurch bestätigt für seine Reformpläne im tschechischen Schulwesen.
Sie müssen zwar laut lesen in den Schulen, aber sie verstehen die Texte nicht: Die 15-jährigen tschechischen Schüler liegen beim Leseverständnis unterhalb des Durchschnitts in den OECD-Ländern. Vor drei Jahren reichten die Leistungen noch für einen Platz im Mittelfeld. Diese Entwicklung sei indes zu erwarten gewesen, andere hingegen nicht, sagt die tschechische Vertreterin im Koordinationskomitee der Pisa-Studie, Jana Straková:
„Die Lesefähigkeit haben wir nie so entwickelt, wie sie von der Pisa-Studie überprüft wird. Da hat sich fortgesetzt, was wir bereits im Jahr 2000 festgestellt haben: dass sich die Ergebnisse bei den Grundschülern verschlechtert haben. Doch bei der Mathematik konnten unsere Schulen eigentlich mithalten. Und jetzt scheint etwas grundsätzlich nicht mehr zu funktionieren.“
In der Mathematik sind die Schüler seit 2003 um 22 Prozent eingebrochen. Das ist eine fast schon traurige Spitzenleistung unter den 65 Ländern des Vergleichs. In Mathe sowie in den Naturwissenschaften hatte Tschechien selbst noch 2006 im Spitzenfeld gelegen, nun herrscht grauer Durchschnitt.
Lehrer, Fachleute und auch Bildungsminister Josef Dobeš sind allerdings nicht verwundert. Vielmehr sind sie sich einig, dass das Schulsystem in Tschechien 20 Jahre lang schleifen gelassen wurde. Die Minister kamen und gingen, ohne sinnvolle Ergebnisse. Marie Zimová leitet eine Grundschule in Prag. In einer Diskussionsrunde des Tschechischen Fernsehens wurde sie deutlich:
„Die Rahmenlehrpläne haben hunderte Seiten und sind nicht miteinander verknüpft. Der eine unterrichtet deswegen dies, der andere das. Und nun hat die Schulinspektion bei ihren Nachforschungen festgestellt, dass an 70 Prozent der Schulen die Lehrpläne schlecht sind.“Minister Dobeš will Tschechien aus der Bildungsmisere führen. In die Rahmenlehrpläne sollen konkrete Mindestanforderungen für jede Klassenstufe hinein, das hatte Dobeš noch vor Veröffentlichung der aktuellen Pisa-Studie geplant. Aber nicht nur dies. Während in Deutschland das Schulsystem ein dreigliedriges Mittelschulsystem hat, gibt es in Tschechien nur Gymnasien und Fachschulen, die aber beide zum Abitur und damit auch an die Universitäten führen. Die Folge: Anstatt nach Schultypen unterscheiden sich die Anforderungen vielmehr je nach Schule. Es gibt also gute und schlechte Mittelschulen, ohne dass dies aber zu überprüfen ist. Auch das will Dobeš ändern, die Schulen sollen ab Juni kommenden Jahres beurteilt werden. Aber das ist noch nicht alles:
„Wir müssen im kommenden Jahr auch die Finanzierung der Schulen ändern. Bisher wird gemäß der Schülerzahl finanziert und nicht gemäß der Qualität. Dadurch kommen Kinder an Schulen, die den dortigen Ansprüchen nicht genügen.“Letztlich will der Bildungsminister Mittelschulen schließen lassen. Bei allen Plänen sollte eines zu denken geben: Alle erfolgreichen Schulsysteme zeichnen sich auch bei unterschiedlichen Strukturen dadurch aus, dass dort Lehrer und Bildung hoch geschätzt werden. Oder auf den tschechischen Fall übertragen: Nachweislich erzielen Kinder aus vietnamesischen Familien zum Großteil bessere Ergebnisse selbst in der tschechischen Sprache als der Rest. Bekannt ist dabei, dass vietnamesische Eltern einen hohen Wert auf die Bildung ihrer Kinder legen – als das Tor zu einer besseren Arbeit.