Politiker suchen hinter allem Macht und Geld – Premier Nečas offenbart Führungsschwäche

Pavel Drobil

In den Kommentarspalten der tschechischen Zeitungen nimmt die Affäre um die vermutlichen Korruptionspraktiken im Umweltministerium auch am Freitag wieder breiten Raum ein. In der „Mladá fronta Dnes“ wirft Kommentator Martin Komárek unter dem Titel „Verschwörer – die Politiker leben in einem Schreckenshaus“ zunächst einige Fragen auf.

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
„Im Fall des zurückgetretenen Umweltministers Drobil macht eines am meisten stutzig: Warum stellt sich Premier Nečas so vehement hinter den Minister? Warum riskiert er seinen Ruf und seine Haut?“

Auf diese Fragen gibt der Autor dann diese Antwort:

„Dies lässt sich nur damit erklären, dass Politiker die Realität anders wahrnehmen als der gewöhnliche Bürger. Politiker suchen hinter allem nur Macht und Geld. Sie sind nicht fähig zu begreifen, dass es hin und wieder auch um etwas anderes geht.“

Pavel Drobil
In diesem Kontext fährt Komárek in seinen Ausführungen fort, bringt aber noch einen anderen Aspekt ins Spiel: die Medien. Wenn Ungereimtheiten wie jetzt im Umweltministerium von den Medien aufgedeckt und veröffentlicht werden, dann würden die Politiker sehr schnell den Begriff der „Medienaffäre“ ins Spiel bringen. Dieser Begriff würde ihnen dabei mit der gleichen Geringschätzung über die Lippen gehen, als wenn sie sagen würden, das sei eine „Schlamperei“, schreibt Komárek und ergänzt:

Martin Komárek
„Auf der einen Seite bearbeiten sie damit ihre Parteikollegen. Die Medienaffäre sei eine ´Sauerei´. Auf der anderen Seite lassen sie sich anmerken, dass sie überhaupt nicht verstehen, wie es in den Medien läuft. Sie sind weder fähig noch bereit einzuräumen, dass die Medien andere Beweggründe haben als die Beeinflussung von Geld und Macht.“

In der Hospodářské noviny pickt sich Jiří Leschtina noch einen weiteren Gesichtspunkt heraus, den die Affäre im Umweltministerium seiner Meinung nach zu Tage gefördert hat: die Führungsschwäche von Premier Nečas. Leschtina schreibt dazu:



Jiří Leschtina  (Foto: Hospodářské noviny)
„Es war Nečas´ große Stunde, als er beim letzten ODS-Parteitag den Parteimitgliedern ins Stammbuch schrieb: ´Minister zu sein, heißt nicht, das Ministerium wie ein Lehen aufzufassen, in das man mit seinen Kameraden einfällt. Wer das so versteht, der muss die Regierung verlassen.´ Wenn jetzt Minister Drobil seinen Hut nimmt, kann dann der Premier sich bestätigt fühlen, seinen Vorsatz auch konsequent umgesetzt zu haben? Nicht im Geringsten. Nečas´ Eiertanz um Minister Drobil hat vielmehr die innere Verunsicherung des Premiers offenbart. Und voll und ganz wurde damit seine Führungsschwäche entblößt.“