Prag gegen Südmähren: Streit um Muchas Epos spitzt sich zu

Slawisches Epos

Das hatte der Maler Alfons Mucha zweifelsohne nicht geahnt, als er vor etwa 80 Jahren dem tschechischen Volk sein Monumentalwerk über die Slawengeschichte überreichte. Um den Gemäldezyklus oder eher um den Ort, wo er ausgestellt werden soll, wird seit langem ein Streit geführt. Der Kampf um das Epos zwischen Prag und der mährischen Stadt Moravský Krumlov / Mährisch Krumau hat sich in diesen Tagen zugespitzt.

Restauratoren aus Prag packen erste Gemälde aus dem Zyklus ein  (Foto: ČTK)
Fast 60 Jahre lang war das Slawische Epos im Schloss in Moravský Krumlov ausgestellt, das unweit von Ivančice, dem Geburtsort von Alfons Mucha liegt. Seit jeher beansprucht jedoch auch die Hauptstadt Prag das Werk für sich. Denn 1928 habe der Künstler seinen Gemäldezyklus dem tschechischen Volk und der tschechischen Metropole geschenkt, heißt es im Prager Rathaus. Noch vor Kurzem galten zwei widersprüchliche Entscheidungen zu Muchas Gemäldezyklus: die eine vom Kreisgericht in Znojmo / Znaim, die andere vom Stadtamt in Moravský Krumlov. Am Mittwoch hob der Landkreis Südmähren als Berufungsinstanz den Beschluss von Moravský Krumlov auf. Und bereits am Donnerstag sollte die Übersiedlung des Werks nach Prag beginnen. Im Schloss herrschte jedoch eine aufgeheizte Atmosphäre.

„In Krumlov hat man Mucha gern,“ skandierte eine Gruppe von Schülern vor dem Schloss. Eine Petition gegen den Umzug des Kunstwerks wurde inzwischen von 6.000 Menschen unterzeichnet. Marie Braunerová wohnt in der Stadt und wollte sich die Bilder noch vor dem Abtransport anschauen, die Restauratoren fingen jedoch schon an, das erste Gemälde einzupacken.

Studenten protestieren vor dem Schloss  (Foto: ČTK)
„Wir haben erwartet, dass man mehr Respekt gegenüber den Bewohnern der Stadt sowie den Schlossbesuchern zeigen wird. Wir haben gehofft, dass es zu einer Einigung kommt.“

Auch wenn die Restauratoren am Freitag ihre Arbeit mit dem Einpacken der Gemälde im Schloss fortsetzten, wird der Umzug durch die jüngste Entscheidung des Stadtamts in Moravský Krumlov erschwert. Das Amt verbot auf Wunsch des Anwalts von Muchas Nachkommen erneut, mit dem Slawischen Epos zu hantieren. Der Grund sei diesmal die Befürchtung, dass die Bilder während des Transportes nach Prag beschädigt werden könnten, sagte der Bürgermeister der Stadt Jaroslav Mokrý:

Jaroslav Mokrý  (Foto: ČTK)
„Es gibt Beweise dafür, dass mit dem Werk gearbeitet wird und dass ihm eine Beschädigung droht. Auf Vorschlag der Familie Mucha sollte die Entscheidung zu einer Maßnahme führen, die die Manipulation mit dem Gemäldezyklus verhindert.“

Der Leiter der Galerie der Hauptstadt Prag, Milan Bufka, bezeichnete das Verhalten der Vertreter von Moravský Krumlov jedoch als rechtswidrig.

Restauratoren aus Prag packen erste Gemälde aus dem Zyklus ein  (Foto: ČTK)
„Falls ein Stadtamt in dieser Angelegenheit einen Beschluss fasst, ist er ungültig. Denn es gibt hierzu eine Entscheidung des Bezirksgerichts in Znojmo, auf deren Grundlage wir berechtigt sind, die Gemälde zur Ausstellung nach Prag abzutransportieren.“

Bufkas Worte bestätigte der Prager Kulturreferent Ondřej Pecha. Auch seiner Meinung nach ist das Urteil des Gerichts in Znojmo maßgebend.

„Die Entscheidung des Gerichts ist übergeordnet. Wir gehen davon aus, dass die Gerichtsentscheidung gilt. Falls uns jemand – ob Moravský Krumlov oder jemand anderer – daran hindern sollte, das Kunstwerk abzutransportieren, ist das Amtsbehinderung. Das ist eine Straftat und wir müssten dann die Polizei um Unterstützung ersuchen.“

Michal Hašek
Der südmährische Kreishauptmann Michal Hašek hofft, dass sich alle Betroffenen bald an einen Tisch setzen und sachlich debattieren werden. Denn für die Bewohner Südmährens sei, so der Politiker, das Slawische Epos eine Herzensangelegenheit. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Streit um das Kunstwerk weiter entwickeln wird.