Prag zeigt Verständnis für deutsche Grenzkontrollen – lehnt aber Quoten weiter ab

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Abertausende Flüchtlinge – und das jeden Tag. Deutschland hat deswegen nun erneut Grenzkontrollen eingeführt. Wie wird diese Maßnahme im Nachbarland Tschechien aufgenommen?

Thomas de Maizière  (Foto: Chad J. McNeeley,  Public Domain)
Am Sonntagnachmittag verkündete Bundesinnenminister Thomas de Maizière:

„Deutschland führt in diesen Minuten vorübergehend wieder Grenzkontrollen an den Binnengrenzen ein. Der Schwerpunkt wird zunächst an der Grenze zu Österreich liegen.“

Hierzulande reagierten die Politiker größtenteils mit Verständnis. Zugleich zeigte sich Innenminister Milan Chovanec alarmiert. Er beorderte noch am Sonntag mehr Polizisten in die Nähe der Grenze zu Österreich – als Vorsichtsmaßnahme:

„Die Migrationswelle könnte in eine andere Richtung laufen, über die Tschechische Republik. Deswegen haben wir die Präsenz im Grenzgebiet noch einmal erhöht. Damit haben wir bereits vor anderthalb Monaten begonnen, jetzt kommen zusätzlich rund 200 Polizisten dazu. Wir werden die Lage weiter beobachten und eventuell das Kontingent noch aufstocken.“

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Eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen sei dies allerdings nicht, betonte der Sozialdemokrat. Auch Außenminister Lubomír Zaorálek versicherte, dass man derzeit nicht von den offenen Grenzen gemäß Schengen abkehren wolle.

Doch bringt Deutschland nicht mit seinem Vorgehen das Schengen-System in Gefahr? Vít Beneš vom Prager Institut für internationale Beziehungen glaubt, dass Berlin zumindest den Geist des Vertrags von Schengen über freien Grenzverkehr verletzt. Zugleich sagt der Politologe:

Vít Beneš  (Foto: Archiv des Prager Instituts für internationale Beziehungen)
„Auch wenn ich das für eine problematische Maßnahme halte, glaube ich im Moment noch nicht, dass es sich um einen gefährlichen Präzedenzfall handelt, der die Zukunft des Schengen-Systems bedrohen könnte.“

Vít Beneš erinnert daran, dass auch Dänemark vergangene Woche für einige Tage die direkten Bahn- und Fährverbindungen aus Deutschland gestoppt hatte. Gegenüber Radio Prag verwies er darauf, dass das deutsche Vorgehen unter anderem im Zusammenhang stehe mit den Verhandlungen der europäischen Innenminister am Montag:

„Aus meiner Sicht handelt es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme, die wohl auch Teil der Verhandlungsstrategie Deutschlands ist über mögliche Quoten für die Aufnahme von Flüchtlingen und allgemein über die zukünftige Migrationspolitik in der EU.“



Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Der tschechische Premier Bohuslav Sobotka scheint Ähnliches zu denken. Er sagte am Sonntag, er hoffe, dass „die deutsche Entscheidung“ den Druck verstärke zugunsten eines gemeinsamen europäischen Vorgehens in der Flüchtlingsfrage. Doch die von Berlin und auch von Wien geforderte Aufteilung von Flüchtlingen per Quote lehnte er erneut ab. Dabei hat Sobotka durchaus auch Deutschland im Blick, denn er sagte:

„Wenn die Flüchtlinge nach Quoten aufgeteilt würden, dann kämen diese Menschen bei uns nicht in Lager, sondern wären in freien Unterkünften untergebracht. Es läge dann an ihnen, ob sie in Tschechien bleiben oder nicht.“

Was nichts anderes heißt als: Man könne nicht garantieren, dass diese Flüchtlinge dann nicht nach Deutschland gingen.