Prager Literaturhaus veranstaltet ersten deutschsprachigen Rezitationswettbewerb
Viele erinnern sich noch an einige nicht immer ganz angenehme Erlebnisse der Schulzeit: Vorne an der Tafel stehen und ein Gedicht vortragen, zum Beispiel. In Prag erklangen am Dienstag Geschichten und Gedichte in deutscher Sprache und das ganz freiwillig. Schüler zweier Prager Schulen traten gegeneinander an um die ersten Plätze bei einem „Sängerkrieg“, beim ersten Deutschsprachigen Rezitationswettbewerb nämlich.
„Unser Partner Eckart Baum, Vertreter der Firma E-on und Pražská plynárenská, hat bei einem Gespräch total begeistert von einem Rezitationswettbewerb in Deutschland erzählt und kam mit dem Vorschlag, wie es wäre, wenn wir gemeinsam mit dem deutschen Rotary Club in Prag einen deutschsprachigen Rezitationswettbewerb in Prag machen.“
Gesagt, getan – die Idee war geboren und musste in die Tat umgesetzt werden. Lehrer des Thomas Mann Gymnasiums und der Deutschen Schule Prag standen beratend zur Seite. Nicht nur dem Literaturhaus, sondern auch denjenigen Schüler, die sich auf das literarische Abenteuer einließen. Als „Bewerbungsunterlagen“ diente ein Video, das jeder Teilnehmer von seiner Darbietung einschicken musste. Und schon hier zeigten sich vor allem die Kreativität und das Können im Umgang mit modernen Medien. Schließlich wurde eine Vorauswahl getroffen. Die Kriterien des Sängerkriegs erläutert Lucie Černohousová:
„Authentizität, Ausdruck, kreative Umsetzung des literarischen Textes, auch die Textauswahl und natürlich auch die sprachlich-phonetische Richtigkeit.“
Gerade die sprachlich-phonetische Richtigkeit war für den einen Schüler eine größere Hürde als für den anderen. Denn unter den Teilnehmern waren ebenso viele, deren Muttersprache nicht Deutsch war. Daher gab es eine tschechische und eine deutsche Teilnehmersektion. Aber auch beim Alter musste eingeteilt werden. Die Jury hat die Entscheidung über die Gewinner daher nicht auf die leichte Schulter genommen, erklärt das Jurymitglied, die studierte Philologin Eva Giese:
„Also bei manchen fiel das wirklich schwer, weil auch im Rahmen der Kategorien schon mal zwei, drei Jahre Altersunterschied eine Rolle spielen, und teilweise waren die Beiträge sehr ausgeglichen. Aber die Jury war sich dann doch mehrheitlich einig, und wir waren beeindruckt von der Souveränität, mit der sie das vorgetragen haben.“Und besonders beeindruckend waren eben die Sieger: Maksymilian Thomacz Kuzma und Ali Kasimov von der Deutschen Schule Prag sowie Sabine Weissová und Theresa Nathalie Stasek vom Thomas-Mann-Gymnasium. Einige von Ihnen werden die Möglichkeit bekommen, sich von einem Rezitationsprofi noch allerhand zeigen zu lassen.
Normalerweise befasst sich das Prager Literaturhaus mit dem Erbe der deutschsprachigen Prager Autoren. Geht das Literaturhaus nun auf Talentsuche, um eine neue Generation von Prager Literaten deutscher Sprache zu rekrutieren? Lucie Černohousová:
„Das kann man wohl sagen. Es ist nicht das einzige Projekt, das in diese Richtung geht. Wir machen auch Lesenächte oder Schreibwerkstätten für Schüler, wo sie auf Deutsch verschiedene Geschichten schreiben oder lernen, was ein Schriftsteller macht und wie er an das Thema herangeht. Dem Prager Literaturhaus geht es eben nicht nur darum, an die verstorbenen Autoren zu erinnern, die Prag und die Prager deutsche Literatur so bekannt gemacht haben. Es geht uns darum, dass man dieses zweisprachige Prag in einer moderneren Form wiederbelebt.“
Und das heißt, es gibt auch im nächsten Jahr wieder einen Rezitationswettbewerb?
„Wollen wir hoffen!“