Preishöhepunkt auf Immobilienmarkt erreicht?

Foto: Gerd Altmann, Pixabay / CC0

Die Immobilienpreise sind in Tschechien in den letzten Jahren regelrecht explodiert. Mittlerweile scheint sich die Lage aber zu entspannen. Sind das die ersten Anzeichen einer Trendwende?

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Vladimír Staňura  (Foto: Archiv AČSS)
Der Anstieg bei den Immobilienpreisen in Tschechien liegt im zweistelligen Prozentbereich. Kaum sonst wo in Europa ist das Wachstum schneller. Das waren Meldungen, die man in den zurückliegenden Monaten und Jahren immer wieder hören konnte. In diesem Sommer kam jedoch die Wende: Der Tschechische Banken-Verband stellte erstmals wieder einen Rückgang der Immobilienpreise in Aussicht. Unter anderem das größere Angebot an Neubauwohnungen solle dazu beitragen.

Laut dem Chefberater des Banken-Verbandes, Vladimír Staňura, ist bereits Ende dieses Jahres eine leichte Entspannung am Wohnungsmarkt möglich:

„In allen Regionen, Prag eingeschlossen, hat die Preisentwicklung ihren Zenit bereits erreicht. Nun muss logisch eine Korrektur auftreten, eine Senkung um einige wenige Prozent. Laut der Tschechischen Nationalbank sind die Immobilienpreise um 15 Prozent überbewertet. In diesem Bereich sehe ich die Obergrenze einer möglichen Preissenkung.“

Wachstum der Wohnungspreise 2010-2019  (Quelle: Hypoteční banka)
Seit der Gründung der selbständigen Tschechischen Republik hat man hierzulande drei Teuerungswellen erlebt. In den Jahren 2000 bis 2004 wurden die Wohnungen im Durchschnitt um 86 Prozent teurer. Danach seien die Preise vorerst wieder gesunken, sagt Staňura:

„Sie gingen um sieben bis zehn Prozent zurück. Und in den Jahren 2008 bis 2009 um weitere 13 Prozent. Die Korrektur dauerte immer nur kurz, etwa ein Jahr. Langfristig zeigt der Trend aber nach oben.“

Das hohe Preisniveau und eine Verschärfung der Regeln für Hypotheken trugen in diesem Jahr dazu bei, dass weniger Menschen eine Wohnung gekauft haben als zuvor. Das Angebot an freiem Wohnraum ist also größer geworden auf dem Markt. Dazu Tomáš Somogyi von der Investitionsgesellschaft Conseq:

Tomáš Somogyi  (Foto: Archiv von Tomáš Somogyi)
„Die Menschen zeigen sich nicht mehr dazu bereit, solch enorme Preise für eine Immobilie zu zahlen. Zudem erwarten wir, dass in den nächsten Jahren mehrere Tausend oder sogar mehrere Zehntausend neue Wohnungen auf den Markt kommen. Das größere Angebot könnte zu einer mäßigen Preissenkung beitragen.“

Jaroslav Novotný bestätigt diese Prognose. Er ist Vorsitzender des tschechischen Maklerverbandes.

„Viele Menschen sind nicht mehr imstande, das zu finanzieren. Außerdem wurde der Markt gewissermaßen gesättigt. Möglicherweise befinden wir aus auf dem Gipfel der Preisentwicklung. Deshalb dürfte jetzt eine Stagnation einsetzen. Mal sehen, in welche Richtung der Markt sich weiterhin bewegen wird.“

Der Experte erwartet allerdings nicht, dass nun ein Sturzflug bei den Preisen einsetzt: Immer noch sei die Nachfrage höher als das Angebot, meint Novotný. Deswegen könne auch keine Rede davon sein, dass die Wohnungen und Häuser hierzulande überbewertet seien.

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Laut dem Chefredakteur der Finanzportale investuj.cz und hypoindex.cz, Petr Zámečník, stützt sich die Zentralbank bei ihrer Feststellung, die Preise seien um 15 Prozent überbewertet, auf hypothetische Rechnungen. Damit sollte ursprünglich ein langfristig nachhaltiger Immobilienpreis festgelegt werden:

„Die Tatsache, dass die Menschen bereit sind, auch die jetzigen Preise zu zahlen, liegt an einer Panik auf dem Markt. Man sieht, dass die Preise um mehrere Zehntausend Prozent gestiegen sind, und hat Angst, dass sie noch weiter in die Höhe schnellen und Immobilien vollkommen unbezahlbar machen. Deswegen sind die Haushalte bereit, mit ihren Ausgaben an ihre finanziellen Grenzen zu stoßen.“

Doch auch das könne nicht ewig so weitergehen, sagt Zámečník. Entscheidend sei dabei die Kaufkraft:

Petr Zámečník  (Foto: Archiv Fincentrum Media)
„Wenn ein Haushalt es sich einfach nicht leisten kann, einen höheren Preis zu bezahlen, dann bezahlt er diesen auch nicht. Ab einem gewissen Punkt bekommt man einfach nicht genug Geld zusammen. Unter anderem auch in Folge der Verschärfung der Regeln auf dem Hypothekenmarkt. Die Zentralbank hat in diesem Jahr beispielsweise verboten, Hypotheken in Höhe von 100 Prozent des Kaufpreises zu gewähren.“

Die Immobilienpreise haben ihren Zenit also wohl erreicht. Für Prag gilt die Feststellung aber nur teilweise. Dort besteht nämlich weiterhin ein massiver Wohnungsmangel. Im vergangenen Jahr wurde in der Hauptstadt die niedrigste Zahl an Neubauten seit drei Jahren fertiggestellt.

Für ein Quadratmeter in einer neuen Wohnung im Zentrum Prags bezahlt man im Durchschnitt mehr als umgerechnet 7400 Euro. Auch im breiteren Stadtzentrum sind neue Wohnungen recht teuer, wie Jan Martina vom Immobilienbüro MM-Reality bestätigt:

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„In Prag wachsen die Preise stetig. Bei kleineren Wohnungen findet man kaum noch etwas unter 100.000 Kronen pro Quadratmeter.“

Das entspricht 4 000 Euro.

In der Hauptstadt werden etwa 5000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut. Die Nachfrage ist aber vielfach höher. Zudem würden viele Immobilien von Ausländern gekauft, sagt Marcela Fialková. Sie ist Sprecherin des Bauunternehmens Central Group:

„Die Kunden, vor allem die aus dem Ausland, kaufen schon jetzt Projekte, die noch im Bau sind. Besonders gefragt sind kleinere Wohnungen, vor allem Zwei-Zimmerwohnungen.“

Deshalb verlagert sich die Suche vieler Interessenten in die weitere Umgebung Prags. Im Fokus sind dann auch Orte, die Dutzende Kilometer von der Hauptstadt entfernt liegen. Der Investitionsberater Tomáš Somogyi:

„Den Menschen, die sich in Prag keine Immobilie mehr leisten können, bleibt nichts anderes übrig, als sich jenseits der Stadtgrenzen den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Dies spiegelt sich in den steigenden Immobilienpreisen etwa im Kreis Mittelböhmen.“

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Je höher steigen die Kaufpreise, desto stärker ist das Interesse an Mietwohnungen. Allerdings liegen auch die Mieten enorm hoch, oft sogar höher als die Monatsrate einer Hypothek.

Um sich eine Wohnung zu kaufen, müssen die Tschechen elf durchschnittliche Jahreseinkommen ausgeben. Trotzdem bevorzugen die Menschen hierzulande eindeutig das Wohnen in den eigenen vier Wänden. Vier Fünftel der Tschechen leben in einer Wohnung oder einem Haus, das sich in ihrem Privatbesitz befindet. In der EU gehört die Tschechische Republik zu den Ländern mit dem niedrigsten Mieter-Anteil.